Der Deal zwischen MAN und Herrn Wolf geht zu Lasten der Arbeitnehmer. Aus dem Standortsicherungsvertrag mit dem VW Konzern, für den die Arbeitnehmer ja mit tariflichen Zugeständnissen bezahlt haben, haben die Arbeitnehmer hohe Forderungen über Beschäftigungsgarantien bis 2030 von 1- 2 Mrd. an den VW Konzern (Diskussion bei MAN über Rückstellung für Rechnungsabschluss 2020 von 1,2 bis zu 1,5 Mrd. Euro).
Diese Forderung haben sie jetzt an Herrn Wolf. Das ist, wie wenn man Deutsche gegen russische oder griechische Staatsanleihen tauscht. Doch statt eines Zuschlages für das höhere Risiko einer Forderung an Herrn Wolf, statt an den VW Konzern, bekommen die Arbeitnehmer zusätzlich einen Arbeitskräfteabbau und Lohnkürzungen von 15 %.
Der Vertrag zwischen MAN und Wolf ist ein klassischer Fall eines Vertrages zu Lasten Dritter, der Arbeitnehmer. Herr Wolf müsste, um die Arbeitnehmer für ihre Verluste zu entschädigen zumindest eine Bankgarantie für ihre Forderungen abgeben, damit diese auch sicher sind.
Es wäre nur fair, wenn die Mitarbeiter zumindest auch eine Beteiligung von 25,1 % am Unternehmen, als zumindest teilweise Abgeltung ihrer Verluste erhielten. Mitarbeiterstiftungen welche die Mitarbeiter am Unternehmen beteiligen und sie so am Erfolg des Unternehmen teilhaben lassen, sind in vielen erfolgreiche Unternehmen üblich, wie z.B. der VOEST.
Gewinner ist der VW Konzern der eine Milliardenverbindlichkeit los ist und Herrn Wolf nur einen Bruchteil als Mitgift für die Übernahme der Verbindlichkeiten (informell hört man von bis zu 400 Mio. Euro) und zusätzlich das Werk gibt.
Zweiter Gewinner ist Herr Wolf der ein Werk gratis und zusätzlich noch einen dreistelligen Millionenbetrag von VW (bis zu 400 Mio. Euro) erhält. Er kann auch noch, wie schon seinerzeit unter Stronach Steyr-Daimler-Puch, nunmehr das MAN Werk Steyr filetieren.
Wolf ist eng mit dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska, der seit Jahren auf US-Sanktionslisten steht, verbunden, was für den gesamten Oberösterreichischen Wirtschaftsstandort die Gefahr von US-Sanktionen mit sich bringen könnte. Europäische Unternehmen haben im Zuge von US-Sanktionen schon Milliarden Strafen an die USA bezahlt.
Wie Kanzler und Landeshauptmann einen derartigen Deal zu Lasten der Arbeitnehmer und des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich unterstützen können, statt die Arbeitnehmer bei der Durchsetzung ihrer Rechte aus dem Standortsicherungsvertrag gegen VW zu unterstützen, ist mir schleierhaft. Dieser Deal führt in den nächsten Jahren zu erheblich geringeren Löhnen und damit auch zu Kaufkraftverlusten in der Region. Dies statt die Arbeitnehmer mit ihrer Vertragsforderung zu unterstützen und dem VW Konzern klar zu machen, dass Verträge auch gegenüber normalen Arbeitnehmern und nicht nur Managern einzuhalten sind. Manager bekommen ja auch oft Millionen als Vertragsablöse, Arbeitnehmer sollen hier mit Unterstützung von Landes- und Bundesregierung schlechter gestellt werden.
Zumindest sollte die Politik von Herrn Wolf eine Bankgarantie für die Forderungen der Arbeitnehmer aus dem Standortsicherungsvertrag von zumindest 1 Mrd. Euro fordern. Zusätzlich die Arbeitnehmer die gekündigt werden sollen, bei einer Klage gegen den VW Konzern aus dem Standortsicherungsvertrag, der ja Beschäftigungsgarantien bis 2030 enthält, unterstützen.
Rettung des MAN Steyr Werks durch Industriestiftung nach GBI Model
Im Zuge der vom VW Konzern geplanten Schließung des profitablen MAN LKW-Werks in Steyr wird von der SPÖ und anderen auch eine Beteiligung des Staates gefordert, um das Werk zu retten.
Die Gegner einer Staatsbeteiligung verwenden als Argument gegen Staatsbeteiligungen immer die Krise der Verstaatlichten in 1980er Jahren. Was sie im Allgemeinen nicht dazusagen ist, dass es damals kein spezielles Problem verstaatlichter Unternehmen war, sondern eine weltweite Stahlkrise. Die Subventionen für private Stahlwerke pro Tonne Stahl (Luxemburg, Deutschland, Belgien, Frankreich) waren oft höher als jene für die Verstaatlichte Industrie in Österreich.
Die Volkswirtschaftlichen Kosten waren und sind, jedoch am höchsten in jenen Ländern die keine Staatshilfen zur Umstrukturierung der Stahl- und Kohleindustrie gaben, wie Großbritannien, USA. Es kam zu einem Kahlschlag mit verödeten Industrieregionen, dem sogenannten Rust Belt. Allein bis 1983, innerhalb der ersten fünf Jahre der Regierung Thatcher, verschwand ein Drittel aller britischen Industriearbeitsplätze.
Wenn man die kurzfristig anfallenden Kosten durch Staatshilfen den langfristigen Erträgen in Form von Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekten gegenüberstellt, ist Österreich jedenfalls besser gefahren als die Länder die dies nicht taten. Unsere Industrieregionen, in denen durch Staatshilfen die Stahlindustrie gerettet und die Wirtschaft in den Regionen umstrukturiert wurde, haben sich erholt, während sie in den USA und Großbritannien noch immer verödet sind, mit hoher Arbeitslosigkeit. In ihrer Hoffnungslosigkeit wählen die Arbeiter sehr oft Rechte oder Linke Populisten, welche ihnen Hoffnung machen, sie dann aber enttäuschen.
Österreich könnte weltweit als Beispiel gelten wie man Kohle- und Stahlregionen erfolgreich umstrukturiert. Unter SPÖ Kanzlern kümmerte man sich um Arbeitsplätze und betrieb bis 2000 noch eine aktive Industriepolitik. Beispielsweise in den 1980er Jahre Automobilcluster wo ich im Wirtschaftsministerium mitarbeitete, statt Kohlebergwerk in Fohnsdorf Elektromotorenwerk in Spielfeld ATB, Microchip-Produktion AMS.
Österreich hat seine Kohle-, und Stahlregionen im internationalen Vergleich relativ erfolgreich umstrukturiert. In der Verstaatlichten Industrie waren bis Ende der 1990er Jahre alle Unternehmen wieder profitabel. Sie wurden dann leider oft sehr billig an gut vernetzte Industrielle verkauft. Dieses Verschieben von Vermögenswerten von öffentliche in private Taschen war wahrscheinlich für die Staatskasse teurer als die Rettung der Verstaatlichten. Für eine Privatisierung wurde der damalige Finanzminister Grasser wegen Korruption ja auch verurteilt (noch nicht rechtskräftig).
Rettung von Pleiteunternehmen durch die GBI
Bei einer Pleite bzw. Industriestandortproblemen gab es in Österreich, bis es von Schwarz/Blau nach 2000 abgeschafft wurde, ein exzellentes Instrument für die Rettung von strategisch wichtigen Unternehmen. Die Gesellschaft des Bundes für Industriebeteiligungen (GBI, auch Pleiteholdung genannt) welche Pleitefirmen übernahm und sanierte.
Die GBI war in den 1980er und 1990er Jahren sehr erfolgreich. Sie übernahm Pleitefirmen und sanierte sie. Übernahmekriterien waren, Betriebe mit struktureller Bedeutung, regionaler und arbeitsmarktpolitischer Relevanz bei gegebener betriebswirtschaftlicher Sanierbarkeit, innerhalb von 3 Jahren. Die Sanierungsprojekte, in der Regel Hochrisikoprojekte, erforderten hochqualifiziertes, einsatzfreudiges, international erfahrenes Personal. Die Managemententlohnung war ein geringes Fixum und ein hoher variabler, erfolgsabhängiger Anteil. Arbeitnehmer Privatstiftungen sicherten den regionalen Einfluss und die Einsatzfreude der Arbeitnehmer. Die GBI rettete so tausende Arbeitsplätze, ohne Kosten für das Budget.
Es sollte nunmehr eine Stiftung nach dem GBI Model zur Rettung von wichtigen Unternehmen gegründet werden. Sollte die Bundesregierung das nicht wollen, könnte Oberösterreich für MAN Steyr ein derartiges Model machen, die SPÖ hat ja schon eine staatliche Beteiligung gefordert.
Gemeinsam mit der Mitarbeiterstiftung sollte eine Mehrheit an MAN Steyr angestrebt werden, wenn Herr Wolf die Bankgarantie für die Forderung der Arbeitnehmer nicht erfüllen kann. Auch Wolf bzw. andere industrielle Interessenten sollten sich beteiligen können. Die Deripaska Gefahr von US-Sanktionen für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich könnte so beseitigt werden.
Zusätzlich sollten die österreichischen Corporate Governance Regeln an das österreichische Aktiengesetz mit seinem Stakeholder Ansatz, bzw. die OECD Corporate Governance Regeln (ich verhandelte mit, als es uns Ende der 1990er Jahre über österreichische Initiative gelang, den Shareholder Value um die Berücksichtigung anderer Stakeholder im OECD Corporate Governance Code zu ergänzen) angepasst werden. Die Manager Bezüge sollten nicht nur wie bisher üblich, auf dem Aktienkurs, sondern auch auf der Entwicklung der Lohnsumme des Unternehmens basieren. Sehr oft werden Löhne gekürzt und Arbeitnehmer entlassen, um den Gewinn und den Aktienkurs zu erhöhen. Die VW Großaktionäre, die Porsche und Piech Familien, sind Letztverantwortlich dafür, was der VW Konzern in Steyr macht.
Das Steyr LKW-Werk könnte in die Nische von mit Biogas betriebenen LKW vorstoßen. Die Internationale Energieagentur hat in einer Studie festgestellt, dass die EU 40 % ihres Gasbedarfs mit Biogas, ohne dafür zusätzliche Agrarflächen nutzen zu müssen, abdecken könnte. Deutschland fördert den Einsatz von Gas LKW stark.
Österreich hat mit der Biogasanlage St. Margarethen am Moos in NÖ ein zukunftsweisendes Model. Der Staat könnte bei der Umstellung auf Biogas LKW vorangehen und damit die Biogas Nachfrage ankurbeln.
International geht der Weg auch wieder verstärkt in Richtung Industriepolitik durch den Staat – seit langem in China, jetzt auch in den USA, aber auch in der EU.
Franz Nauschnigg: War Abteilungsleiter in der Oesterreichischen Nationalbank, Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen und wirtschaftspolitischer Berater der Finanzminister Staribacher, Klima, Edlinger von 1995 bis 1999 und in den 1980er Jahren im Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium tätig. In den 1990er Jahren im Aufsichtsrat der GBI und der Wiener Börse.
https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2114357-Zu-Lasten-der-Belegschaft.html