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Am 21. Juli fand eine von der Geschäftsleitung einberufene Versammlung statt. NICHT der Betriebsrat hat diese Versammlung einberufen. Das heißt: das Management wollte seine Vorhaben präsentieren, also die Interessen des künftigen Steyr-Eigentümers Siegfried Wolf darlegen.

Erinnern wir uns: VW-MAN hat im Vorjahr einen für das MAN-Werk in Steyr bis 2030 gültigen Standortsicherungsvertrag -einseitig - gekündigt und die Schließung des Werkes in Steyr beschlossen. Nicht weil MAN-Steyr defizitär wäre, sondern weil VW-MAN noch mehr Profite machen und dazu in Polen ein größeres Werk bauen und dort billiger produzieren will. Dagegen haben Betriebsrat, Belegschaft und Bevölkerung protestiert und auf die Einhaltung des Standortsicherungsvertrages gepocht.

Anfang des Jahres brachte sich Siegfried Wolf als „Retter“ von Steyr in Spiel. Wolfs „Konzept“ vor der Urabstimmung im April sah im Schnitt 15% Lohnkürzungen für alle, Kündigungen für die Hälfte der damaligen Belegschaft vor – was nicht ohne Sozialplan geht. Wäre das alles geschluckt und per Einzelverträge fixiert worden, wäre aber auch die Verpflichtung von VW-MAN aus dem Standortsicherungsvertrag bis 2030, die ca. 1,5 Milliarden Euro wert ist, weggefallen.

Am 7. April 2021 haben die Beschäftigten von MAN-Steyr bei der Urabstimmung über die Zukunft des Werkes mit einer fast Zwei-Drittel-Mehrheit dieses Friss oder stirb-„Angebot“ des „Investors“ Siegfried Wolf abgelehnt.

Daraufhin sagte Wolf, der eine zwei-Drittel-Zustimmung als Voraussetzung für eine Übernahme nannte, er habe kein Interesse mehr, die Sache sei für ihn erledigt. VW-MAN drohte wieder mit der Schließung und schmiss als Rache für das NEIN der Belegschaft und als Drohung Leiharbeiter auf die Straße. Doch schon im Mai war Wolf wieder da und hat „nachgebessert“. Im Wesentlichen aber blieb das „Angebot“ gleich, also 15% Lohn- und Gehaltskürzungen, Personalabbau und neue Einzelverträge zum Loswerden der Standortsicherung.

Nachdem auch die „Nachbesserung“ nicht zum Ziel führte das Milliarden-Risiko der Standortsicherung mit Wolf loszuwerden, hat VW-MAN das Werk in Steyr dann gleich an Siegfried Wolf verkauft. Dieser Verkauf erfolgte mit allen Rechten und Pflichten für die Arbeitnehmer*innen, daher ist noch nichts passiert, außer der Eigentümerwechsel. Dafür hieß es aber von allen Parteien und Medien, von der Regierung in Oberösterreich und im Bund bis zu Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung: Jetzt sei das Werk gerettet, man habe sich geeinigt und die Belegschaft hätte das eingesehen. Doch gefragt wurden weder Belegschaft noch Betriebsrat; müssen sie auch nicht bei Eigentümerwechsel. Aber geeinigt haben sich nicht Wolf und Belegschaft, sondern nur VW-MAN und Siegfried Wolf. Das Wolf-Konzept ist ein Friss oder stirb-2-Programm.

Was bietet Siegfried Wolf in „maßgeschneiderten Einzelgesprächen“ für das unverbriefte Versprechen einer Fortführung von MAN-Steyr an?

Massive Lohn- und Gehaltskürzungen,

Kündigungen von Mitarbeitern mit einem „Sozialplan“,

Verzicht auf alle Ansprüche aus der einseitig gekündigten Standortsicherung und den daraus verpflichtenden Kündigungszahlungen.

 

Doch für die Steyr-Beschäftigten hat sich an der Ausgangslage, am Status quo, nichts geändert. Siegfried Wolf hat die Belegschaft mit allen Rechten und Pflichten übernommen. Der neue Eigentümer Wolf soll auf Wunsch von VW-MAN bis 2023/24 weiter für MAN-LKW in Steyr produzieren. Derzeit sind keine Kündigungen geplant, daher sind auch keine Lohn- und Gehaltskürzungen und auch keine „Sozialplan“-Vereinbarungen jetzt nötig, weil die ganze Steyr-Belegschaft und eventuell sogar noch zusätzliche Arbeitskräfte zur Bewältigung der vielen Arbeit benötigt werden.

Zudem ist die Belegschaft jahrelang mit der Produktion von zwei Gratis-LKW pro Tag für VW-MAN für den Standortsicherungsvertrag bis 2030 in Vorleistung gegangen.

Mit dem von Wolf geplanten Umstrukturierungen, Kündigungen und dem dadurch notwendigen „Sozialplan“, der aber erst in 2 bis 3 Jahren eventuell in Kraft tritt und bei dem bis dahin die Begünstigten weiterarbeiten sollen, soll die Belegschaft gespalten werden. Mit den von Wolf geplanten Lohn- und Gehaltskürzungen will er erreichen, dass der „Sozialplan“ auf Kosten der Bleibenden finanziert wird.

Wie man hört, stimmt deshalb völlig berechtigt der Betriebsrat einer Lohn- und Gehaltskürzung über eine Betriebsvereinbarung für die gesamte Belegschaft nicht zu. Daher wäre eine Einigkeit wichtig, dass nicht über Einzelverträge diese Lohn- oder Gehaltskürzungen erzwungen werden. Solidarität ist unter den Kolleg*innen hier das stärkste Mittel!

Wir erwarten, dass ÖGB-, PROGE- AK- und SPÖ-Spitzen ihre ureigenste Aufgabe erfüllen, die Anliegen, die Rechte der Arbeiter*innen und Angestellten zu unterstützen. Wir brauchen alle die Solidarität untereinander: Die Solidarität unter den Kolleg*innen, die alle keine Lohn- und Gehaltskürzungen wollen, Transparenz darüber, was die neue Geschäftsleitung wirklich vorhat, dazu die Solidarität von Gewerkschaften, Arbeiterkammer und Partei für die Steyr-Kolleg*innen und nicht den Applaus für den „Retter“ Siegfried Wolf. Wie weit Parteien oder Gewerkschaft die Rechte und Pflichten der MAN-Belegschaft verteidigen, daran erkennt man wer auf der Seite der Belegschaft steht.

Wolf rettet nicht Steyr, sondern vor allem die Profite von VW-MAN durch den Versuch der Aushebelung des Anspruches der einseitig gekündigten Standortsicherung, was den Arbeiter*innen und Angestellten in Summe rund 1,5 Milliarden Euro raubt, und er will auch seine eigenen Profite durch Einzelverträge und durch Zustimmung zu Lohn- und Gehaltskürzungen erhöhen

Die bestehenden Rechte und Pflichten müssen durch die Übernahme nicht verschlechtert werden. Das ist die Belegschaft wert. Die Kolleg*innen sind sehr gute Facharbeiter*innen und haben Vorleistungen erbracht. Davon profitiert auch der neue Eigentümer.

 

Wir unterstützen Betriebsrat und Belegschaft bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Anliegen, indem wir die Bevölkerung über die Situation der Steyr-Beschäftigen informieren und aufklären und für Solidarität mit ihnen werben. Denn Solidarität mit Steyr ist im Interesse aller arbeitenden Menschen in Österreich. Denn gehen diese Machenschaften von Konzernen, Investoren usw. gemeinsam mit der Politik und Sozialpartner in Steyr durch, geht es wo anders auch leichter durch.


Text stammt großteils aus http://prosv.at/wp-content/uploads/2021/05/Solidaritaet_152_Einzelseiten_DRUCK.pdf

Posted by Wilfried Allé Saturday, July 24, 2021 6:44:00 PM
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