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13. bis 16. Februar 2017 Plenarsitzung in Straßburg
 

Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA)
  • Strengere Werte für Treibhausgasemissionen
  • Verbesserung der Arbeitsweise der EU
  • Reform des Vertrags von Lissabon
  • Stärkung der Eurozone

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Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA)
Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte dem Abkommen zu. CETA soll den Handel mit Waren und Dienstleistungen ankurbeln und Investitionen erleichtern. KritikerInnen hingegen befürchten, dass es zur Absenkung der europäischen Standards beim Sozial- und ArbeitnehmerInnenschutz sowie im Umwelt- und Gesundheitsbereich kommen könnte. Auf Druck des Parlaments wird das umstrittene Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) durch einen multilateralen Investitionsgerichtshof ersetzt, der staatliche Kontrolle gewährleistet. Teile des Abkommens könnten bereits ab April dieses Jahres vorläufig in Kraft treten. Für eine vollständige Anwendung ist noch die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten erforderlich.

Strengere Grenzwerte für Treibhausgasemissionen
Das Parlament billigte den Vorschlag der Kommission für eine Überarbeitung der Regeln des EU-Emissionshandelssystems. Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen weiter zu verringern und die europäische Klimapolitik in Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens zu bringen. So soll die Zahl der CO2-Emissionszertifikate ab 2021 jährlich um 2,2% reduziert und die Marktstabilitätsreserve ab 2019 verdoppelt werden, um die Überzahl von Emissionsberechtigungen aufzufangen. Darüber hinaus sollen Innovationen im Bereich erneuerbarer Energieträger sowie die Modernisierung der Energiesysteme in den einkommensschwächeren EU-Ländern stärker gefördert werden.   

Verbesserung der Arbeitsweise der EU
Im Vorfeld des 60. Jahrestages der Römischen Verträge legte das Parlament seine Position zur zukünftigen Entwicklung der Europäischen Union fest. In der ersten Entschließung geht es darum, wie die Arbeitsweise der Union verbessert werden könnte. Es wird u.a. vorgeschlagen, den Rat der EU in eine wirkliche zweite Gesetzgebungskammer umzuwandeln. Um den Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen, solle die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit ausgeweitet werden. Außerdem sind die Abgeordneten der Meinung, dass es einen ständigen Rat der VerteidigungsministerInnen brauche. Jedes Mitgliedsland solle mindestens drei KandidatInnen beiderlei Geschlechts für das Amt eines/einer KommissarIn aufstellen.

Reform des Vertrags von Lissabon
In der zweiten Entschließung formuliert das Plenum Vorschläge für eine Reform des Vertrags von Lissabon. Dazu zählen die Schaffung eines/einer EU-FinanzministerIn sowie einer eigenen Haushaltskapazität für das Euro-Währungsgebiet, damit die Kommission eine gemeinsame EU- Wirtschaftspolitik umsetzen könne. Des Weiteren wird eine Verkleinerung der Kommission gefordert, die künftig nur noch zwei VizepräsidentInnen haben solle. Die SpitzenkandidatInnen der europäischen Parteien für das Amt des/der KommissionspräsidentIn sollen von den BürgerInnen direkt gewählt werden. Die Abgeordneten sprachen sich dafür aus, dass das Parlament nur einen Sitz haben solle.  

 Stärkung der Eurozone
Die dritte Entschließung befasst sich damit, wie die Wirtschaft der Eurozone widerstandsfähiger gegen Krisen gemacht werden kann. Eine Konvergenzstrategie soll die Ökonomien der Mitgliedstaaten schrittweise aneinander angleichen. Zusätzlich brauche es eine Fiskalkapazität und einen Europäischen Währungsfonds mit angemessenen Kapazitäten für Kreditaufnahme und –vergabe.

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche

Der neu gewählte österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach im Rahmen seiner ersten offiziellen Auslandsreise vor dem Plenum in Straßburg. Er warnte vor den Folgen des erstarkenden Nationalismus und Populismus und sprach sich für die Stärkung eines neuen europäischen Bewusstseins aus. Europa dürfe sich nicht auseinanderdividieren lassen und die pro-europäischen Kräfte in der EU müssten die Oberhand zurückgewinnen. 

    Das Plenum stimmte einem neuen EU-Antiterrorgesetz zu. Es inkludiert neue Bedrohungen, wie etwa „ausländische KämpferInnen“, die sich in Konfliktgebieten ausbilden lassen, oder „einsame Wölfe“, die Anschläge alleine planen und ausüben. Auch der Opferschutz wird durch die neue Richtlinie verbessert. Gleichzeitig nahm das Parlament auch eine neue Verordnung über strengere Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen an. Künftig sollen die Dokumente aller Personen, die aus der EU aus- oder in diese einreisen, mit Datenbanken für gestohlene oder verlorene Reisedokumente abgeglichen werden. 

Die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc verteidigte vor dem Plenum die Aussetzung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland wegen der PKW-Maut. Nach Verhandlungen mit der Kommission stellte Deutschland Ende 2016 einen neuen Gesetzesentwurf vor. Vor allem Länder wie Österreich und die Niederlande kritisieren die Maut als diskriminierend, da sie ausländische AutofahrerInnen einseitig belaste und damit gegen EU-Recht verstoße.

Die nächste Plenarsitzung findet von 13. bis 16. März 2017 in Straßburg statt.

Mit freundlichen Grüßen
Mag. Paul Schmidt und das Team der ÖGfE