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26. bis 29. Oktober 2015 Plenarsitzung in Straßburg

Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten aller österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die untersuchten namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • EU-Haushalt 2016: mehr Geld für Migration und junge Arbeitslose
  • Förderung von Innovationen bei neuartigen Lebensmitteln
  • Informationsaustausch über Steuerabsprachen: Kritik an Einigung des Rates
  • Keine nationale Entscheidungsfreiheit beim Import von GVOs
  • Position des Parlaments zum VW-Abgasskandal

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EU-Haushalt 2016: mehr Geld für Migration und junge Arbeitslose
Das Parlament verabschiedete seine Position zum EU-Haushalt für 2016. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte dafür, die vom Rat vorgeschlagenen Kürzungen im ursprünglichen Vorschlag der Kommission wieder rückgängig zu machen. Zusätzliche Ausgaben brauche es vor allem für Maßnahmen zur Migrationssteuerung und zur Unterstützung junger Arbeitsloser bei der Jobsuche. Aber auch Landwirte, die unter dem russischen Embargo für Lebensmittel aus der EU sowie den niedrigen Milchpreisen leiden, sollen höhere Beihilfen bekommen. Im anstehenden Vermittlungsverfahren zwischen Parlament und Rat muss nun ein Kompromiss gefunden werden.

Förderung von Innovationen bei neuartigen Lebensmitteln
Unter „neuartigen Lebensmitteln“ versteht man Produkte, die mithilfe neuer Technologien und Produktionsverfahren hergestellt werden. Dazu zählen beispielsweise Lebensmittel mit veränderter Molekularstruktur bzw. Lebensmittel, die aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen gewonnen werden. Auch Insekten fallen in diese Kategorie. Im Zuge der Überarbeitung der „Novel Foods“-Verordnung aus dem Jahr 1997 billigte eine knappe Mehrheit der Abgeordneten die Einführung eines vereinfachten Zulassungsverfahrens für neuartige Lebensmittel. Auch ein EU-weit einheitliches Verfahren für die Sicherheitsbewertung soll auf den Weg gebracht werden. Die neuen Vorschriften sollen die Entwicklung weiterer neuer Lebensmittel und Lebensmittelzutaten fördern.   

Informationsaustausch über Steuerabsprachen: Kritik an Einigung des Rates  
Die LuxLeaks-Enthüllungen haben gezeigt, dass multinationale Konzerne in manchen EU-Ländern steuerliche Sonderbehandlungen genießen. Ihre Gewinne werden häufig nicht dort besteuert, wo sie erwirtschaftet wurden. Ein Gesetzesvorschlag der Kommission sollte die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Informationen über steuerliche Regelungen zugunsten von multinationalen Konzernen automatisch auszutauschen. Die Mehrheit der Abgeordneten äußerte nun in einer Stellungnahme Kritik daran, dass der Rat den ursprünglichen Kommissionsvorschlag abgeschwächt habe. Sowohl der Anwendungsbereich der Richtlinie als auch die Befugnisse der Kommission seien eingeschränkt worden. Nach Meinung der Abgeordneten werde dadurch eine wichtige Gelegenheit verpasst, unfairen Steuerwettbewerb in der EU zu bekämpfen.  

Keine nationale Entscheidungsfreiheit beim Import von GVOs
Das Plenum lehnte einen Gesetzesvorschlag ab, der den Mitgliedstaaten erlaubt hätte, den Verkauf und die Verwendung von in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) auf ihrem Gebiet eigenmächtig zu beschränken oder zu verbieten. Während der Anbau von GVOs national geregelt werden könne, lasse sich ein Importverbot nur schwer ohne die Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU umsetzen, so die Befürchtung der Abgeordneten.

Position des Parlaments zum VW-Abgasskandal 
Das Parlament verurteilte die im Zuge des VW-Abgasskandals aufgeflogenen Manipulationen von Fahrzeugemissionstests aufs Schärfste. Es sprach sich für umfassende Ermittlungen und die Verhängung von angemessenen Sanktionen aus. Dabei müsse darauf geachtet werden, dass nicht die ArbeitnehmerInnen von VW bzw. in den Zulieferbetrieben für die Fehler des Managements zur Verantwortung gezogen würden. Um derartige Betrugsfälle künftig zu vermeiden, brauche es eine rasche Einführung von Abgastests unter realen Fahrbedingungen. Die Kommission wurde dazu aufgefordert, die nationalen Kontrollen zur Einhaltung der EU-weit geltenden Grenzwerte für Abgase stärker zu überwachen und die Einrichtung einer eigenen EU-Aufsichtsbehörde zu überprüfen.

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche

Das Plenum nahm mehrheitlich das neue Telekom-Paket an. Darin wird die Abschaffung der Roaming-Gebühren für die Nutzung von Handys innerhalb der EU mit Juni 2017 fixiert. Die neue Verordnung verpflichtet die Anbieter von Internetdiensten darüber hinaus zur Netzneutralität, sprich zur wertneutralen und diskriminierungsfreien Datenübertragung unabhängig vom Inhalt und der genutzten Plattform. Die Bestimmungen zur Netzneutralität sind allerdings umstritten und werden von einigen als zu schwammig formuliert angeprangert.

In einer Debatte mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk wurde die fortdauernde Flüchtlingskrise erörtert. Im Zentrum stand der Aufruf an die Mitgliedstaaten, ihre gemachten Versprechungen einzuhalten und finanzielle Hilfe sowie mehr Einsatzkräfte an den EU-Außengrenzen zu mobilisieren. Die Flüchtlingskrise habe das Potential, die EU zu spalten. Dies müsse vehement verhindert werden, indem man weiterhin auf eine gemeinsame europäische Lösung setze.

Der saudi-arabische Blogger und Menschenrechtsaktivist Raif Badawi bekommt dieses Jahr den Sacharow-Preis für geistige Freiheit verliehen. Er wurde 2012 wegen „Beleidung des Islam“ zu zehn Jahren Haft, tausend Peitschenhieben und einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Die nächste Plenarsitzung findet von 23. bis 26. November 2015 in Straßburg statt.
 

Mit freundlichen Grüßen
Mag. Paul Schmidt und das Team der ÖGfE