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Mensch statt Konzern - das Lieferkettengesetz 

... Und sie bewegt sich doch! (die berühmten Worte von Galileo Galilei)

"Eppur si muove!" - "Und sie bewegt sich doch!" soll der Astronom Galileo Galilei gemurmelt haben, als er nach seiner Ver­ur­tei­lung durch die In­qui­si­tion der katho­li­schen Kir­che den Raum verließ.

Andreas Schieder berichtet aus dem Euopäischen Parlament:

Mensch statt Konzern - das Lieferkettengesetz

Kinderarbeit, Ausbeutung und Umwelt­ver­schmut­zung? Lei­der wer­den Pro­duk­te viel zu oft un­ter die­sen Um­stän­den her­ge­stellt. Die Po­si­tion des EU-Par­la­ments vom 1. Juni 2023 sieht strenge Vor­schrif­ten für Unter­neh­men zur Be­kämp­fen die­ser Miss­stän­de ent­lang ihrer welt­wei­ten Lie­fer­ketten vor:

  • Unternehmen werden künftig dafür verantwortlich sein, dass ent­lang ihrer ge­sam­ten Wert­schöpfungs­kette, bei jedem ein­zel­nen Schritt - vom Roh­ma­te­rial bis zum fer­ti­gen Pro­ukt – Ar­beits- und Men­schen­rechte ge­nau­so wie Um­welt­schutz­vor­schrif­ten ein­ge­halten werden.
  • Das bedeutet, dass sie die Einhaltung von Umwelt- und Sozial­stan­dards bei ihren Part­ner­unter­nehmen in der Wert­schöpfungs­kette über­wachen. Da­zu ge­hören z.B Lie­fe­ran­ten, Ver­triebs­part­ner, Trans­port­unter­neh­men, La­ger­dienst­leis­ter oder auch die Ab­fall­wirt­schaft.
  • Noch strengere Vorgaben bei Kleidung: Diese muss künftig län­ger hal­ten und leich­ter re­cycelt wer­den kön­nen und außer­dem wird ver­boten, un­ver­kauf­te und zu­rück­ge­ge­be­ne Klei­dung zu ver­nichten.
  • Leichtere Klagen: Betroffene von Ver­letzungen der im Lie­fer­ketten­ge­setz nieder­ge­schrie­be­nen Rechte, kön­nen die­se in Zu­kunft ein­facher ein­for­dern, wie zum Bei­spiel durch Kla­gen vor Ge­richt oder die Mög­lich­keit zur Sam­mel­klage.

Für wen gilts?

  • Unternehmen mit Sitz in der EU mit mehr als 250 An­ge­stell­ten und mehr als 40 Mil­lio­nen Euro Jahres­um­satz welt­weit.
  • Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU müssen sich eben­falls da­ran hal­ten, wenn sie mehr als 150 Mil­lio­nen Euro um­setzen und min­des­tens 40 Mil­lionen Euro davon in der EU gene­riert werden.

Wir europäische Sozialdemokrat:innen wären in einigen Berei­chen gerne noch wei­ter ge­gan­gen, aber die Euro­pä­ische Volks­par­tei hät­te die­ses Ge­setzes­vor­haben bei­nahe zu Fall ge­bracht und so­mit fast all die­se Er­run­gen­schaf­ten auf un­be­stimmte Zeit auf Eis ge­legt. Das ist un­er­hört - Men­sch statt Kon­zern - im­mer und über­all!

Wie geht's weiter?

Nach dem erfolgreichen Beschluss im Europaparlament muss nun mit dem Rat und der Kom­mis­sion ein end­gül­ti­ges Ge­setz ver­han­delt werden.

Hier geht's zum abgestimmten Gesetzestext:

Posted by Wilfried Allé Friday, June 16, 2023 11:23:00 AM
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Das EU-Lieferkettengesetz vor der Abstimmung im EU-Parlament 

23. Mai 2023

Am 1. Juni stimmt das EU-Parlament über das EU-Liefer­ketten­ge­setz ab. Die Euro­päi­sche Kom­mis­sion hat An­fang letz­ten Jah­res ihren Vor­schlag prä­sen­tiert, der Rat im De­zem­ber seine Po­si­tion be­schlos­sen – lei­der mit eini­gen Lücken. Das EU-Par­la­ment muss nach­bes­sern und eine star­ke Re­ge­lung zur Ach­tung von Men­schen­rech­ten und Um­welt­schutz in glo­ba­len Lie­fer­ket­ten durch­setzen.
Mit dem EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) werden künf­tig Unter­neh­men zur Sorg­falt in Be­zug auf Men­schen­rechte und Um­welt ent­lang ihrer glo­ba­len Lie­fer­ket­ten ver­pflich­tet.
Der Rechtsausschusses (JURI) zeigt, wohin die Reise gehen könnte: Der JURI for­dert, dass das EU-Lie­fer­ket­ten­ge­setz für Unter­nehmen ab 250 Be­schäf­tigen und 40 Mil­lio­nen Euro Jahres­um­satz gilt. Unter­neh­men sol­len nicht nur Zu­lie­fe­rer:innen, son­dern auch Ver­kauf, Ver­trieb und Trans­port (nach­ge­la­ger­te Wert­schöp­fungs­ket­te) kon­trol­lie­ren.

Angesichts der bevorstehenden Abstimmung im EU-Par­lament am 1. Juni be­fin­det sich der Legis­la­tiv­pro­zess nun in einer ent­schei­den­den Phase. Über 90 Prozent der öster­rei­chi­schen Be­völ­ke­rung be­grüßen das Lie­fer­ket­ten­ge­setz. ÖGB und AK unter­stüt­zen ge­mein­sam mit über 100 NGOs die eu­ro­pa­weite Kampagne „Gerech­tig­keit geht alle an“ (Jus­tice Is Every­body’s Busi­ness) für ein wirk­sames EU-Lie­fer­ket­ten­ge­setz. Auf der Web­site gibt es die Mög­lich­keit, eine Pe­ti­tion zu unter­stüt­zen, bei einer Mail-Aktion mit­zu­machen, um die Ab­ge­ord­ne­ten des EU-Par­la­ments auf­zu­rufen, am 1. Juni für ein star­kes EU-Lie­fer­ket­ten­ge­setz ab­zu­stim­men, und noch viele wei­tere Ak­tio­nen. Jetzt ist ein guter Zeit­punkt, ge­mein­sam den Druck zu er­höhen!
Hier geht’s zur Website der Kampagne.
Schlagwörter CSDDD, globale Lieferketten, Lieferkettengesetz, Menschenrechte, menschenrechtliche Sorgfaltspflicht, Umweltschutz, Wertschöpfungsketten

Posted by Wilfried Allé Tuesday, May 23, 2023 8:49:00 AM
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Enttäuschung: Österreich schweigt im Rat zum EU-Lieferkettengesetz 

Österreich, vertreten durch Wirtschaftsminister Martin Kocher, hat sich bei der Abstimmung über die allgemeine Ausrichtung zum EU-Lieferkettengesetz am 1. Dezember 2022 enthalten. Trotz der oben erwähnten Schwächen in der Position des Rates ist die allgemeine Ausrichtung ein Meilenstein im EU-Gesetzgebungsprozess und eine wichtige Hürde, die überwunden wurde. Die Befürworter:innen des EU-Lieferkettengesetzes haben es begrüßt, dass der Rat relativ rasch einen Kompromiss gefunden und abgestimmt hat. Im Vorfeld des Ratstreffens hatten die zuständigen Ressorts in Österreich – Justizministerium und Wirtschaftsministerium – eine breite Einbindung gewährleistet und eine offene und konstruktive Debatte mit Organisationen der Zivilgesellschaft sowie der AK und dem ÖGB geführt. Die Enttäuschung über das Abstimmungsverhalten von Minister Kocher war daher groß. Bezüglich des Finanzsektors verwies Kocher auf die Position des Finanzministeriums, das auf eine Ausnahme pocht.

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Posted by Wilfried Allé Sunday, March 26, 2023 12:12:00 PM
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EU nimmt mit Lieferkettengesetz große Firmen in die Pflicht 

Kinder-oder Zwangsarbeit und Umweltverschmutzung: Die EU will mit dem EU-Lieferkettengesetz große Firmen in die Pflicht nehmen, wenn es entlang ihrer internationalen Lieferanten zu Verstößen kommt. Die Richtlinie könnte tausende Firmen betreffen.

Die EU sagt ausbeuterischen und umweltschädlichen Praktiken weltweit den Kampf an. Große, in der EU ansässige Unternehmen, sollen künftig für Kinder- oder Zwangsarbeit und Umweltverschmutzung ihrer internationalen Lieferanten verantwortlich gemacht werden.

Verbraucher sollten darauf vertrauen können, dass keine mit Kinder- oder Zwangsarbeit produzierten Produkte angeboten werden oder Profit auf Kosten der Umwelt gemacht wird. Zugleich ist es möglich, dass weniger Produkte zu sehr billigen Dumpingpreise im Angebot sind, wenn Niedrigstlöhnen die Basis entzogen wird.

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Posted by Wilfried Allé Monday, February 28, 2022 10:37:00 AM
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Verbindliche Regeln für weltweite Lieferketten dringend notwendig 

Unternehmen müssen auf Menschenrechte und Klimaschutz achten!

Lieferketten sind global und so gestaltet, dass Güter dort produziert werden wo Löhne und Rohstoffe billig und Umweltauflagen niedrig sind – Leidtragende dabei sind aber viel zu oft die Menschen vor Ort und die Umwelt:  „Entlang dieser Lieferketten kommt es immer wieder zu Verletzungen von Menschenrechten, Ausbeutung, Gesundheitsgefährdung und zu enormen Schäden für Umwelt und Klima, die oft nicht mehr repariert werden können“, betont Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.

Deshalb fordert Wien schon seit längerem die bundesweite Einführung eines Österreichischen Lieferkettengesetzes. „Unternehmen einer bestimmten Größe sollen dabei verpflichtet werden, ihre Lieferketten laufend auf eine mögliche Verletzung von Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten zu überprüfen“, so Czernohorszky. Im Fokus stehen dabei Unternehmen aus den Bereichen Bekleidung, der Palmölproduktion, Futtersoja, aber auch der Elektroindustrie.

„Konzernen geht es in erster Linie um den Profit. Die Rechte von ArbeiterInnen und Kindern, der Schutz der Umwelt und des Klimas kommen dabei unter die Räder. Ein Lieferkettengesetz schiebt dieser Praxis den Riegel vor“, so Julia Herr, SP-Umweltsprecherin, die im Nationalrat gemeinsam mit Abg. Petra Bayr bereits einen entsprechenden Antrag eingebracht hat. „Mit einem Lieferkettengesetz können Konzerne, die gegen Menschen- und Umweltrechte verstoßen, sanktioniert und von Betroffenen verklagt werden“, erklärt Herr weiter. Die NR-Abgeordnete berichtet auch über ihre Eindrücken von der UN-Klimakonferenz: „Wir hören immer die tollsten Versprechen und schönsten Ziele. Aber Worte allein reichen beim Klimaschutz nicht, wenn danach keine Taten folgen. Die Erfahrung zeigt: Wir müssen Konzerne endlich in die Pflicht nehmen, damit sich wirklich was ändert! Genau das schafft ein Lieferkettengesetz!“

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Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur ein gesetzlicher Rahmen

 


Unser nördlicher Nachbar Deutschland ist schon einen Schritt weiter.
Der Bundestag hat am Freitag, 11. Juni 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (19/28649) in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (19/30505) angenommen. Ziel ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser schützen.

Das deutsche Lieferkettengesetz im Überblick:
  • Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland zur Achtung von Menschenrechten durch die Umsetzung definierter Sorgfaltspflichten.
  • Zu den Kernelementen der Sorgfaltspflichten gehört die Einrichtung eines Risikomanagements, um die Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt zu identifizieren, zu vermeiden oder zu minimieren. Das Gesetz legt dar, welche Präventions- und Abhilfemaßahmen notwendig sind, verpflichtet zu Beschwerdeverfahren und regelmäßiger Berichterstattung.
  • Die Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich, auf das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer. Damit endet die Verantwortung der Unternehmen nicht länger am eigenen Werkstor, sondern besteht entlang der gesamten Lieferkette.
  • Das Gesetz gilt ab 2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmer*innen im Inland.
  • Das Lieferkettengesetz enthält einen abschließenden Katalog von elf international anerkannten Menschenrechtsübereinkommen. Aus den dort geschützten Rechtsgütern werden Verhaltensvorgaben bzw. Verbote für unternehmerisches Handeln abgeleitet, um eine Verletzung geschützter Rechtspositionen zu verhindern. Dazuzählen insbesondere die Verbote von Kinderarbeit, Sklaverei und Zwangsarbeit, die Missachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, die Vorenthaltung eines angemessenen Lohns, die Missachtung des Rechts, Gewerkschaften bzw. Mitarbeitervertretungen zu bilden, die Verwehrung des Zugangs zu Nahrung und Wasser sowie der widerrechtliche Entzug von Land und Lebensgrundlagen.
  • Kommen Unternehmen ihren gesetzlichen Pflichten nicht nach, können Bußgelder verhängt werden. Diese können bis zu 8 Millionen Euro oder bis zu 2% des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Außerdem ist es bei einem verhängten Bußgeld ab einer bestimmten Mindesthöhe möglich, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen zu werden.
  • Für die Überwachung des Lieferkettenmanagements der Unternehmen wird eine Behörde mit effektiven Durchsetzungsinstrumenten ausgestattet. Die zuständige Behörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, hat weitgehende Kontrollbefugnisse. Sie kann etwa Geschäftsräume betreten, Auskünfte verlangen und Unterlagen einsehen sowie Unternehmen auffordern, konkrete Handlungen zur Erfüllung ihrer Pflichten vorzunehmen und dies durch die Verhängung von Zwangsgeldern durchsetzen.
https://streaming.bmas.de/bmas/video/csr/heil-bundestag-lieferkettengesetz.mp4
Posted by Wilfried Allé Friday, November 19, 2021 10:15:00 PM
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EU-Lieferkettengesetz: Meilenstein oder Etikettenschwindel? 

Der für Herbst angekündigte Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz bietet die nächste Chance für eine effektive – weil verbindliche – Regelung unternehmerischer Sorgfaltspflichten.

Spätestens seit dem Zusammenbruch vieler Lieferketten infolge der COVID-19-Krise, z. B. im Bereich dringend benötigter Medizinprodukte, ist die Verflechtung der Weltwirtschaft im Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit angekommen.

Durch die weitreichenden Liberalisierungen des globalen Handels- und Investitionsregimes sowie durch Innovationen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie wurde dieser Wandel für transnationale Unternehmen immer attraktiver, arbeitsintensive und oft umweltschädliche Tätigkeiten in Länder des globalen Südens mit niedrigen Sozial- und Umweltstandards zu verlagern.

Im allgemeinen Mindset wurde über Jahre und Jahrzehnte hinweg das Mantra verbreitert, globale Wertschöpfungsketten helfen Ländern des globalen Südens Arbeitsplätze und Einkommen zu schaffen. Erfahrungen zeigen jedoch, dass diese Integration nicht automatisch zu ökonomischem oder sozialem Upgrading führt. Berichte über menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der Elektronikproduktion, eingestürzte Textilfabriken, sklavenähnliche Zustände in Landwirtschaftsplantagen oder verheerende Umweltzerstörungen durch Dammbrüche von Minenschlamm-Rückhaltebecken zeugen davon, dass die nötigen Regulierungen den Veränderungen der globalen Produktion weit hinterherhinken.

Die OECD erarbeitet schon vor mehr als 10 Jahren Leitlinien für multinationale Unternehmen, wie etwa die OECD-Leitlinien, um menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einzufordern. Doch wie sich in der Prtaxis herausstellt, reichen freiwillige Handlungsempfehlungen nicht aus, um die Menschenrechts- und Umweltsituation in globalen Lieferketten substanziell zu verbessern.

Auch in Österreich gewinnt die Bewegung für ein Lieferkettengesetz an Dynamik. Eine Petition von diversen Organisationen der Zivilgesellschaft fordert Regeln auf verschiedenen Ebenen, sowohl in Österreich als auch international. Auch andere Kampagnen und Initiativen setzen sich für gerechtere Lieferketten ein, z. B. eine Kampagne für die Abschaffung von Kinderarbeit. Im März 2021 legten Abgeordnete der SPÖ im Nationalrat einen Antrag für ein Lieferkettengesetz vor.

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Posted by Wilfried Allé Thursday, July 15, 2021 10:45:00 AM
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