Von Elfriede Hammerl, 09.06.2025
Seit 40 Jahren beobachte ich kontinuierlich, wie durchaus ausreichend begabte Kinder nicht ins Gymnasium kommen, weil ihre Eltern sich nicht trauen, sie dorthin zu schicken. Ich meine damit nicht Eltern, denen egal ist, was aus ihren Kindern wird. Sondern liebevolle, besorgte, die es sonst an nichts fehlen lassen – nur an Mut, ihre Kinder den angeblich unerhört hohen Anforderungen eines angeblich elitären Schultyps auszusetzen, obwohl diese im Volksschulzeugnis lauter Einser haben.
Diese Eltern schrecken vorm Gymnasium zurück, weil sie selber keine höhere Schule besucht haben und daher befürchten, den Kindern beim Lernen nicht helfen zu können. Sie haben nämlich zweierlei verinnerlicht. Erstens: Es wird darauf vertraut, dass Eltern daheim den Schulstoff wiederholen und dafür sorgen, dass er sitzt. Und zweitens: Der Schulstoff der höheren Schulen ist derart knifflig, dass die bildungsferneren Schichten nur ja nicht glauben sollen, sie könnten so ohne Weiteres damit fertigwerden.
Auch das ist eine (Langzeit-)Wirkung unseres selektiven Bildungssystems, das schon die Zehnjährigen auseinanderdividiert: Es schreckt ab – nämlich Eltern, die nicht darauf konditioniert sind, so nonchalant Bildungschancen für ihren Nachwuchs zu beanspruchen wie Eltern aus Akademikerfamilien. Deshalb kommen die Kinder der Letzteren ins Gymnasium, auch wenn sie in der Volksschule nicht zu den Besten gehören, und andere nicht, wiewohl sie spielend lernen und ihre Lehrerin die Eltern bekniet, sie doch bitte, bitte in die höhere Schule gehen zu lassen.
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Längst wissen wir, was nötig wäre, damit Bildung nicht auf bestimmte Sozialschichten beschränkt und solcherart vererbt wird: eine gemeinsame Schule bis 14 (differenziert, aber nicht segregierend) und qualitativ hochwertige Ganztagsschulen, damit betreutes Lernen keine Frage häuslicher Privilegien (und sei es in Form bezahlter Nachhilfe) bleibt. Doch die Klassenschrankenwärter sind dagegen – und das bis heute mit Erfolg.