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Franz Nauschnigg[1]

Der jetzt von BM Gewessler verkündete Stopp für den Lobautunnel löst die Wiener Verkehrsprobleme nicht.

Die grüne Klimaschutzministerin Gewessler evaluierte Neubauprojekte der Asfinag, wie den Wiener Lobau Tunnel, was zu einem Aufstand der betroffenen Länder, von Vorarlberg bis Wien, führte. 

Gewessler ist zuzustimmen, dass angesichts des Klimawandels gerade langfristige Infrastrukturprojekte, auch neue Straßenprojekte, auf ihre Wirkung überdacht werden müssen.

Nicht jede Straße macht Sinn, eine sinnvolle Umfahrung Wiens mit Donauquerung, um die bestehende Lücke im Schnellstraßennetz zu schließen, aber schon. Im ländlichen Raum werden die meisten Orte umfahren, um die Bevölkerung vom Verkehr zu entlasten. Warum dies gerade für Wien nicht gelten sollte, ist mir schleierhaft.

Wien hat das Problem das die bestehende Straßenverkehrsinfrastruktur  durch LKW-Transitverkehr und PKW-Verkehr überlastet ist. Dies betrifft insbesondere die Südosttangente, die durch LKW-Transitverkehr und PKW-Verkehr, innerstädtisch bzw. Pendler immer wieder zum Stau Hot Spot wird, was den CO2 Ausstoß und die Belastung der Verkehrsteilnehmer und Anrainer noch verstärkt. 

Der Verkehr ist also bereits da, die aktuelle Infrastruktur überlastet, mit negativen Nebenwirkungen für Anrainer, Verkehrsteilnehmer und Umwelt. Es braucht also eine sinnvolle Umfahrung Wiens um die Südosttangente, die auch von Fern-Lkws zwischen Italien und Polen verstopft wird, zu entlasten.

Wie kann man diese Probleme lösen?

Nicht allein durch einen Lückenschluss im Schnellstraßennetz, sondern auch durch einen Ausbau des Öffentlichen Verkehrs in Wien und Niederösterreich, sowie durch Verlagerung des LKW-Verkehrs auf die Bahn und Binnenschifffahrt. Dazu jeweils konkrete Vorschläge.

 

Öffentlichen Verkehr ausbauen

BM Gewessler könnte das S-Bahn-Netz in Wien und Niederösterreich auf bestehenden Gleisen ausbauen. Es gibt in Wien ÖBB-Bahnstrecken, die voll intakt sind und regelmäßig von Güterzügen befahren werden, welche als dauerhafte Routen für vermehrten Personenverkehr, insbesondere auch für Pendler, genutzt werden können.

  1. Wiener S-Bahn-Ring kann auf vorhandenen Güterverkehrsnetzen verwirklicht werden. Ein Teil ist schon als Vorortelinie (S45) verwirklicht, von Hütteldorf bis Handelskai (S1, S2, S3, S4, S7, U6) wo sie derzeit endet. Vollendung des Wiener S-Bahn-Rings auf vorhandenen und vom Güterverkehr benützen Stecken - über Reichsbrücke (U1), Stadion (U2, zukünftiger Fernbus-Terminal), Prater Kai (S80, S11, S21, S71), Hafen/Kraftwerk Freudenau, Kaiserebersdorf (S7), Oberlaa (U1) bis Hütteldorf – oder alternativ Kaiserebersdorf, Hauptbahnhof, Meidling, um diese beiden wichtigen Knoten einzubinden, bis Hütteldorf. Der Wiener S-Bahn-Ring ist dadurch lückenlos geschlossen! Damit ist auch eine gute Querverbindung der Außen-/Flächenbezirke untereinander gewährleistet. Das Nadelöhr „Stammstrecke der ÖBB“ zwischen Floridsdorf und Hauptbahnhof, wo derzeit technisch keine deutliche Frequenzerhöhung möglich ist, würde entlastet.
  2. Pendlerverkehr aus Niederösterreich, Donaustadt nach Wien Hauptbahnhof. Zusätzliche S-Bahnen (S11, S21) von Wien Hauptbahnhof über Bahnhof Simmering (U3) zum Schnellbahnkreuz Süßenbrunn durch Nutzung des Güterverkehr Streckenabschnitts zwischen Stadlau (U2) und dem Schnellbahnkreuz Süßenbrunn. Mit zusätzlichen S-Bahnen aus Richtung Gänserndorf (S11) oder Wolkersdorf (S21) nach Wien Hauptbahnhof wird der Großraum Donaustadt mit eingebunden bei gleichzeitiger Entlastung der Stammstrecke (Floridsdorf – Hauptbahnhof) und zusätzlich kürzeren Fahrzeiten.

Auf diesen alten Güterverkehrsstrecken fehlen moderne Bahnsteige mit funktionstüchtigen Umsteigemöglichkeiten zu den bestehenden Linien wie U-Bahn, Bim und auch anderen ÖBB-Strecken. Weil es sich fast ausschließlich um Adaptierungen und nicht um Neuerrichtungen handeln wird, sind viele Verfahren deutlich kürzer oder können ganz entfallen, was einen Vorteil gegenüber Neueinreichungen bedeutet.

Es sollte rasch gehandelt werden, solange ASFINAG und ÖBB-Infrastruktur noch eine billige Notenbankfinanzierung für ihre Investitionen besitzen. Durch das kommende Parkpickerl in Wien ist auch eine Verlagerung vom PKW zum öffentlichen Verkehr zu erwarten. Während in Wien der öffentliche Verkehr schon gut ausgebaut ist, ist in diesem Bereich in Niederösterreich, wo bis zuletzt Bahnstrecken stillgelegt wurden, noch viel zu tun. Die Bahnhöfe, insbesondere auch U-Bahn, S-Bahn, andere wichtige Stationen sollten Multimodale Knoten werden, mit Anbindung an die Fläche durch Fahrräder, E-Bikes, E-Roller, Parkplätze, Mietautos.

LKW-Transit verringern

Dies geht nicht von selbst, oder indem man den Lobau Tunnel blockiert, sondern indem man Alternativen schafft und dem LKW-Verkehr seine Volkswirtschaftlichen Kosten auferlegt.

Der LKW-Transit fährt derzeit durch die Stadt Wien, insbesondere aber nicht nur, über die Südosttangente. Es sind damit zehntausende Anrainer in Wien negativ betroffen.

Maßnahmen dagegen –

  1. Schaffung von Multimodalen Terminals zur Verlagerung von LKW auf Bahn und Binnenschiff, nicht nur in Österreich, sondern in Kooperation mit den betroffenen Ländern auch in Osteuropa, im gesamten Donauraum, sowie CESEE. Als Model könnte Deutschland dienen, wo der Staat den Ausbau Multimodaler Terminals förderte und damit ein wirtschaftlich sinnvolles Netz schuf. Österreich hat bereits einige gute Multimodale Terminals – Wien, Enns, Salzburg, Graz. Österreich sollte mit gutem Beispiel vorangehen und die ASFINAG ihre billige Finanzierung nutzen und sich an Ausbauvorhaben, in Österreich, aber auch im CESEE Raum beteiligen. Auch die Mittel aus dem EU- Wiederaufbauprogramm - Next Generation EU, sowie der Europäischen Investitionsbank und der EBRD sollten genutzt werden. Der Handel zwischen Asien und Europa könnte damit auch verstärkt über die Adria- statt die Nordseehäfen erfolgen. Insgesamt käme es durch diese Verlagerung von LKW auf Bahn und Binnenschiff zu bedeutenden CO2 Emissionseinsparungen.
  2. LKW-Verkehr weniger subventionieren und verteuern

Österreich zieht LKW-Verkehr durch billigen Diesel an. Der billige Diesel in Österreich wirkt wie ein Trichter, der LKW-Tanktourismus und damit LKW-Verkehr nach Österreich zieht. Die Rolle Österreichs als Diesel Steueroase in Europa ist zu beenden. Ende des Dieselprivileg - niedrigere Steuer, 8,5 Cent, als auf Benzin. Eine CO2 Steuer auch auf Treibstoffe, wird wie in Deutschland, allerdings verspätet eingeführt. Flächendeckende LKW-Maut in Österreich, um die LKW an den Straßenkosten zu beteiligen. Die Einnahmen könnten zur Abschaffung des Ökostromzuschlages verwendet werden.

 

  1. Sondermaut für LKW-Transit durch Wien 500 Euro – nur Transit belasten. Einnahmen zweckgebunden für betroffene Wiener Firmen, Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Wien/NÖ.
  2. Mautzuschlag für Schwer-LKW von 10 Cent/Kilometer einführen. Die Einnahmen zweckgebunden für den Ausbau Multimodaler Terminals, in Österreich, Italien, CESEE verwenden.
  3. Abschaffung der von der ÖVP initiierten, aber auch von den Grünen mitbeschlossenen Mautbefreiung, auf gewissen Autobahnstrecken in Vorarlberg, Tirol, Salzburg. Die Einnahmen sind zweckgebunden für den Ausbau von Zugverbindungen in diesen Regionen, insbesondere auch für Urlauber, damit sie mit der Bahn, statt mit dem PKW kommen, zu verwenden.
     

[1]War bis zu seiner Pensionierung 2019 Abteilungsleiter in der Oesterreichischen Nationalbank, Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen und wirtschaftspolitischer Berater der Finanzminister Staribacher, Klima, Edlinger von 1995 bis 1999 und in die Schaffung ASFINAG involviert; präsentierte ASFINAG Model in Deutscher Regierungskommission zum Infrastrukturausbau „Fratscher Kommission“, wurde als Autobahn GmbH umgesetzt. Mitglied der European Task Force on Carbon Pricing. Dank an Wilfried Allé für Anregungen und Kommentare.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, December 1, 2021 2:12:00 PM

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