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Politik für alle 

Hannah Arendt lesen in unsicheren Zeiten

von Ned O'Gorman

ISBN 9783312012107
Übersetzung: Stephanie Singh
Verlag: Nagel & Kimche
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 360 Seiten
Format: Hardcover
Erscheinungsdatum: 17.05.2021
Preis: € 24,70

Kurzbeschreibung des Verlags:

Ein zeitgemäßer Zugang zu Hannah Arendts Denken
- In der heutigen Zeit denken viele, dass wir mit weniger statt mehr Politik besser dran wären. Ned O’Gorman sieht das anders. Mit Hannah Arendt argumentiert er für ein Mehr an Politik. Politik ist für Arendt nicht die letztgültige Lösung für das gedankenlos Böse, doch stellt sie ein wichtiges Gegenmittel dar – weil sie uns dazu aufruft, mit anderen, die sich von uns unterscheiden, zu reden. Politik besteht in der Auseinandersetzung mit Menschen, die anders sind als wir, in der Einbeziehung anderer Sichtweisen und Bedürfnisse und in der Vermeidung von gedankenlosen Vorurteilen und instinktiven Reaktionen.
Was machen wir aus der Tatsache unseres Zusammenlebens? Eben dies ist laut Arendt die entscheidende politische Frage. O’Gorman macht Hannah Arendts Gedankengänge allen verständlich und setzt sie dabei gewinnbringend in Bezug zur heutigen Zeit.

FALTER-Rezension

Warum Politik mehr als ein „Game of Thrones“ ist

Politik erzeugt Elend, Depression, Apathie, Empörung und Wut. Diesen Gemeinplatz möchte Ned O’Gorman mit seinem Buch widerlegen. Es heißt „Politik für alle. Hannah Arendt lesen in unsicheren Zeiten“, denn für seine Ehrenrettung der Politik ruft der Professor für Kommunikationswissenschaften der Universität Illinois die deutsch-amerikanische Philosophin als Kronzeugin auf.

Hannah Arendt (1906–75) vertrat den Standpunkt, dass Politik nicht nur wenige angehe, die Politiker, Privilegierten, Reichen, Durchtriebenen oder Experten – sondern alle. O’Gorman nennt sein Buch deswegen eine „Verteidigungsschrift für jene Menschen, die den Glauben an die Politik verloren haben“ – und deren kennt er selbst persönlich viele. Trotzdem sieht er die Situation nicht als hoffnungslos an, denn Politik sei ein Weg, ein „Merkmal des Zusammenlebens“, und kein Ziel – und müsse deswegen immer von neuem in Angriff genommen werden.

„Politik ist letztlich die Kunst, in Freiheit und Gleichheit mit anderen zusammenzuleben“, definiert O’Gorman. Damit sei die Politik nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, ein Heilmittel gegen das „gedankenlose Böse“, dem Arendt den berühmten Begriff der „Banalität des Bösen“ verliehen hat.

O’Gorman bedauert, dass Politik in den Medien, aber auch in Serien wie „Game of Thrones“ so oft als ein bloßes Spiel um Macht, Intrigen, Lügen, Manipulation und Herrschaftsstreben dargestellt wird. Vieles von dem, was wir heute Politik nennen, sei nur die Korruption von Politik, meint O’Gorman, deswegen brauche es nicht weniger, sondern eine bessere Politik.

Politik bedeute aber noch mehr: das in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung prominent erwähnte Verfolgen von Glück, das zu den unveräußerlichen Rechten gezählt wird. Aber privates Glück, so lautete die Hauptthese von O’Gorman, hängt vom öffentlichen Glück ab – und ein gelingendes öffentliches Leben von der Freiheit und Gleichheit der an ihm Teilnehmenden. Man könne Politik nicht entgehen, man könne sie nur „konstruktiver oder destruktiver machen, demokratischer (als Vorrecht der Bürger) oder oligarchischer (als Privileg der Wenigen) gestalten“.

Eine konstruktive Politik beruhe auf Denken, Sprechen und Handeln. Sie ereignet sich, „wenn Menschen frei als Gleiche zusammenkommen und gemeinsam Anliegen im Gespräch oder handelnd begegnen“ – und das auch oder gerade in Krisenzeiten, betont O’Gorman, wo statt auf politische häufig auf technologische oder wirtschaftliche Lösungen gesetzt würde.

Autoritarismus, Zwang, Effizienz und Kontrolle stellt O’Gorman mit Arendt das „Wunder“ einmaliger, unvorhersehbarer Handlungen entgegen, dem Glauben in die freien Märkte des Kapitalismus, die in Wahrheit volatil und destruktiv sein könnten, eine Wiedergewinnung des Begriffs von Politik, der auf Argumenten und der Verantwortung einer frei gebildeten Meinung beruht. Politisches Handeln müsse immer auf Überzeugung beruhen und stelle somit das Gegenteil von Gewalt und Manipulationen dar. Vielmehr sei die Politik ein Raum, in dem die Menschen die Freiheit hätten, unterschiedlicher Meinung zu sein.

Gormans gut verständliche Ausführungen lassen sich auch als Einführung in das Denken einer der profiliertesten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts lesen, weniger als ein Buch über Hannah Arendt denn als ein „arendtianisches Buch“ – in jedem Fall aber stellen sie aber eine optimistische, Mut machende Bestimmung der Politik als „Kunst der freien Kooperation und Koordination und des Kompromisses“ dar. In Krisenzeiten notwendiger denn je.

Kirstin Breitenfellner in Falter 29/2021 vom 23.07.2021 (S. 15)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, July 21, 2021 6:17:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Ich habe einen Namen 

Eine Geschichte über Macht, Sexualität und Selbstbestimmung

von Chanel Miller

ISBN 9783550200809
Ausgabe: 2. Auflage
Verlag: Ullstein Buchverlage
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 480 Seiten
Format: Hardcover
Übersetzung: Yasemin Dinçer, Hannes Meyer, Corinna Rodewald
Erscheinungsdatum: 22.10.2019
Preis: € 20,60

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

»EIN BUCH, DAS HOFFNUNG GIBT. MÖGE CHANEL MILLERS MUT ANSTECKEND SEIN.« Margarete Stokowski
Unter dem Pseudonym Emily Doe verlas sie vor Gericht einen Brief an den Mann, der sie nach einer Party an der Stanford University vergewaltigt hatte und zu nur sechs Monaten Haft verurteilt worden war. Der Text erreichte Millionen Menschen weltweit, der Kongress debattierte über den Fall, der zuständige Richter wurde abgesetzt, und man änderte die Gesetze in Kalifornien, um Opfer zu schützen. Wortmächtig beschreibt Chanel Miller, wie es sich anfühlt, den eigenen Körper wie eine Jacke abstreifen zu wollen. Wie unsere Gesellschaft über den Alkoholkonsum, die Kleidung und das Liebesleben von Frauen urteilt. Ihre Geschichte zeigt, dass Sprache die Kraft hat, zu heilen und Veränderungen herbeizuführen.

Der New-York-Times-Bestseller - jetzt auf Deutsch.

Pressestimmen

»Eine wunderbar geschriebene, kraftvolle und wichtige Geschichte … Dieses Buch verdient es, überall gelesen zu werden—und vor allem sollte die nächste Generation junger Männer es lesen…« New York Times  
»Chanel Miller hat ein Talent für eindringliche Sätze« Süddeutsche Zeitung  
»In einer Welt, in der immer noch zu viele Überlebende sexueller Gewalt ihre Erfahrungen für sich behalten und ihr eigenes Leid herunterspielen müssen … nimmt Ich habe einen Namen eine wichtige Position ein; die Autorin beweist darin ihre schillernde Präsenz und lässt sich nicht länger schmälern. Trotz allem stimmt die Lektüre hoffnungsvoll.« Guardian
»[Millers] Stil ist zugänglich und effektvoll, ihr komödiantisches Talent … scheint selbst in dieser düsteren Erzählung durch, ihre Metaphern … sind kristallklar« Vogue

FALTER-Rezension

Bei einer Party an der Universität Stanford wurde Chanel Miller 2015 von einem Studenten vergewaltigt. Ihr Statement, das sie vor Gericht vorlas, erschien anonym auf Buzzfeed und verbreitete sich viral. In ihrer Autobiografie erzählt die heute 29-jährige Miller im Plauderton und zugleich berührend ehrlich, wie der Übergriff selbst und der langwierige Gerichtsprozess ihr Leben veränderten.

Anna Goldenberg in Falter 28/2021 vom 16.07.2021 (S. 21)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, July 14, 2021 10:52:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Machtmaschinen 

Warum Datenmonopole unsere Zukunft gefährden und wie wir sie brechen

von Thomas Ramge , Viktor Mayer-Schönberger

ISBN 9783867746519
Verlag: Murmann Publishers
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 208 Seiten, 2. Auflage
Format: Hardcover
Erscheinungsdatum: 13.10.2020
Preis: € 20,60

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Digitalen Superstarfirmen ist es in den vergangenen zwanzig Jahren gelungen, die meisten und relevantesten Daten auf ihren Servern zu zentralisieren. Diese Datenmonopole mögen zwar gut für die Aktionäre von Facebook, Amazon und Google sein, aber sie sind schlecht für den Fortschritt. Denn damit wir Alzheimer besiegen, die Bahn pünktlich machen und Armut erfolgreich bekämpfen können, müssen alle Zugriff auf Daten haben – vom Wissenschaftler über den innovativen Mittelständler bis zum Sozialarbeiter. Es wird also Zeit, die datenreichen Superstarfirmen zu verpflichten, ihre Datenschätze mit anderen zu teilen – und Datenschutz neu zu denken. Thomas Ramge und Viktor Mayer-Schönberger fordern eine Abkehr vom Datenschutz deutscher Prägung und machen sich stark für eine Datennutz-Grundverordnung, die für unseren Wohlstand so notwendig wie die Datenschutz-Grundverordnung für unsere bürgerlichen Rechte ist.
„Machtmaschinen“ ist ein ökonomisch kluges, technisch kompetentes und politisch streitbares Buch für eine neue Kultur des Daten-Teilens.

Viktor Mayer-Schönberger im Interview ->

Posted by Wilfried Allé Tuesday, July 6, 2021 5:31:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Der Semmering 

Eine exzentrische Landschaft

von Wolfgang Kos

ISBN 9783701735075
Verlag: Residenz
Genre: Sachbücher/Geschichte/Regionalgeschichte, Ländergeschichte
Umfang: 384 Seiten
Format: Hardcover
Erscheinungsdatum: 01.06.2021
Preis: € 34,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Als erste Gebirgsbahn stellt die 1854 eröffnete Strecke über den Semmering ein technisches und ästhetisches Monument von Weltrang dar. Ein entlegenes Gebiet wurde zur Bühne effektvoller Landschaftsinszenierungen, der Semmering zur Elitemarke des mitteleuropäischen Tourismus. Auf dem „Balkon von Wien“ traf sich eine moderne großstädtische Oberschicht zwischen Villen und Grandhotels. Der Glanzzeit um 1900 folgten zahlreiche Krisen und Comebacks. Heute stellt sich die Frage nach Zukunftschancen jenseits der Nostalgie. Der Kulturhistoriker Wolfgang Kos erzählt die konfliktreiche Geschichte einer exzentrischen Landschaft, die Reichenau an der Rax ebenso umfasst wie Mürzzuschlag. Eine spannende Reise durch die Jahrhunderte.

FALTER-Rezension

Die Eroberte Landschaft

Die Adria auf 1000 Metern Seehöhe, das war die Idee des 1932 eröffneten „Alpenstrandbads“ auf dem Semmering. Da das kühle Klima ein echtes Freibad nicht erlaubte, bauten die Architekten eine 40 Meter lange Glaswand, die sich bei Schönwetter öffnen ließ. Meeressand und Quellwasser, wilde Berge und geschützte Behaglichkeit: Auf dem Semmering, und in diesem Fall in der Attraktion des Hotels Panhans, hoben sich Gegensätze auf. Auch heute noch staunt man über diesen Geniestreich touristischer Planung.

Der Autor, Historiker und ehemalige Direktor des Wien Museums Wolfgang Kos widmet dem Semmering eine umfassende Studie. Wie in einem Leporello, einem Faltbuch, fügt Kos in „Semmering. Eine exzentrische Landschaft“ Bild an Bild und Erzählung an Erzählung und entwickelt so ein historisches Panorama. Munter von Disziplin zu Disziplin springend, vermittelt er den Ort als Laboratorium der Moderne. Brutale Landnahme geht einher mit romantischer Naturverklärung, rustikale Sentimentalität mit technischem Fortschritt.

In zahlreichen Tiefenbohrungen analysiert Kos die symbolische Ordnung der Landschaft. Er spürt die feinen Unterschiede zwischen aristokratischen und bürgerlichen Gästen auf und hält fest, wenn Heimattümelei in Fremdenhass übergeht. Das Buch ist mehr als eine Chronik. Es ist der Versuch, ein Jahrhundert unter das Mikroskop zu legen.

Kos begann sich um 1980 mit dem Ort zu beschäftigen. Er war damals ein auf Popmusik spezialisierter Radiojournalist, der den Semmering bis dahin vor allem aus den Erzählungen des eisenbahnbegeisterten Vaters kannte. Die seit Jahrzehnten andauernde Abwärtsspirale hatte damals ihren Tiefpunkt erreicht. Ausflüge führten in das zum Gespenst gewordene Südbahnhotel, das ebenso wie die anderen drei Grand Hotels leer stand. Ein Schild warnte vor herabstürzenden Dachziegeln, in den Räumen türmten sich Gebirge von Matratzen und demontierten Lustern. Die Holzkonstruktion des legendären Alpenstrandbads beim Hotel Panhans war eine Ruine.

In der Zeit düsterer New-Wave-Visionen übte der Lost Place eine morbide Faszination aus. Eine Fotografin schlug vor, im Südbahnhotel ein Erholungsheim für Punks einzurichten. Kos gab sich mit der Leichenbeschau nicht zufrieden und begann zu recherchieren.

Im Jahr 1992 breitete der studierte Historiker das Material in der Landesausstellung „Die Eroberung der Landschaft“ aus, die in Gloggnitz stattfand, einer der Nachbargemeinden des Semmerings. Hier griff der Kurator das vom Ausstellungsmacher Harald Szeemann (1933–2005) entwickelte Konzept auf, mehrere Stränge – Gesellschaft, Kultur, Politik – zu verknüpfen. Die Schau erzählte vom Elend der Arbeiter, die Tunnel in den Felsen trieben und Abgründe mit Steinbrücken überspannten. „Die Eroberung der Landschaft“ rief auch die Begeisterung in Erinnerung, die bereits der Bau der Eisenbahnstrecke auf den Semmering in den Jahren von 1848 bis 1854 auslöste.

Hunderttausende Fahrgäste erlebten die bis dahin als unwirtlich geltende Landschaft als theatralisches Spektakel. Die Anbindung an die Metropole war die Voraussetzung für die erst um 1880 einsetzende touristische Erschließung des Semmerings, der bis dahin nicht mehr als die topografische Bezeichnung für eine Passhöhe war. Die von Kos kuratierte Schau löste jene bis heute anhaltende Diskussion aus, wie sich ein von Geschichte überfrachteter und dennoch merkwürdig geschichtsloser Ort revitalisieren lässt.

„Man konnte zwischen Reichenau und Semmering ältere Damen treffen, die in überdimensionierten Villen residierten und im Winter nur ein Zimmer bewohnten, weil sie die Heizkosten nicht aufbringen konnten“, erinnert sich Kos. Wenn er angesichts vernachlässigter Landhäuser lästige Fragen stellte, hieß es, die Besitzer seien wahrscheinlich in Mexiko: „Arisierung und Vertreibung der Juden waren verdrängt.“

In „Der Semmering. Eine exzentrische Landschaft“ geht Kos vertraute Pfade ab. Er beginnt mit dem Bau der Eisenbahn, einer der großen Ingenieursleistungen des industriellen Zeitalters. Bereits 1842 erreichte der Zug Gloggnitz am Fuße des Semmerings, das sich zum „Tor zu den Alpen“ entwickelte. Die Streckenbetreiber verzeichneten 1846 bereits 1,2 Millionen Passagiere, in erster Linie „Vergnügungszügler“. Man war, so ein Reiseführer von 1842, „noch mit dem Staub der Residenzstadt bedeckt“, aber „zugleich schon mitten in der Alpennatur“ und bereit zum „großen Körper- und Seelenbade“.

Gloggnitz und Reichenau entwickelten sich zu Zentren der Sommerfrische. Der Eindruck eines entspannten Rückzugs trügt, denn die Städter brachten ihre sozialen Konventionen mit. Wie später auf dem Semmering fand hier die sogenannte zweite Gesellschaft, das aufstrebende jüdische Bürgertum, eine neue, historisch relativ unbelastete Bühne. Unternehmer und Bankiers bauten Villen und spazierten mit Komponisten und Schriftstellern. Auf Wanderungen und bei Kaffeekränzchen wurden Kontakte geknüpft und Ehen eingefädelt. Die Ringstraße, Symbol der gründerzeitlichen Expansion Wiens, fand eine alpine Spielwiese. Am Beispiel zweier imposanter Gebäude, der kaiserlichen Villa Wartholz und des von Baron Nathaniel Rothschild in Auftrag gegebenen Schlosses Hinterleiten, beschreibt Kos den Wettbewerb um Rang und Aussicht. Rax und Schneeberg bildeten die malerische Kulisse für diese Urszene der Freizeitgesellschaft.

Der Semmering beschleunigte das süße Nichtstun, machte aus geduldigen Sommerfrischlern gestresste Kurzurlauber. Die Gäste brachten Arbeit und Gewohnheiten mit ins Gebirge, Industrielle, Bankiers und Künstler kamen selten ohne Aktenmappe ins glamouröse Homeoffice. „Der Reiz bestand darin, der Natur im Abendkleid und mit dem Sektglas in der Hand gegenüberzutreten“, schreibt Kos. Clevere Gründer wie der Hotelier Vinzenz Panhans stellten eine moderne Infrastruktur zur Verfügung: Telefon und Telegrafenamt beschleunigten die Kommunikation, Ski- und Rodelpisten und Österreichs erster Golfplatz lockerten den täglichen Rhythmus von Spaziergang, Besuch und Souper auf.

Das Buch entziffert die oft rätselhaften Fassaden, die sich keinem bestimmten Stil zuordnen lassen. Es beschreibt die Erfindung der Semmeringvilla als wilde Kombination aus Tiroler und Schweizer Elementen, zwischen denen durchaus auch ein gotischer Tupfer Platz fand. Soziologie mit Ideologiegeschichte verknüpfend, blendet Kos den kritischen Sound ein, der den Einbruch von Urbanität in die ehemals bäuerliche Umgebung begleitete.

Er berichtet vom Kopfschütteln des Schriftstellers Peter Rosegger (1843–1918), der in der nahen „Waldheimat“ die Auflösung der Scholle erlebte, die Fabrikschloten wich: „Heute stellt sich das Semmeringgebiet so dar, dass man nicht weiß, ist es ein Land mit Stadthäusern oder eine Stadt von Landhäusern.“ In den 1920er-Jahren erfasst der Gegensatz zwischen Konservativismus und Fortschritt auch diese künstliche Enklave. Die arbeitende Bevölkerung begehrte gegen das Regime der Luxusbetriebe auf, die ersten Nazis protestierten gegen das jüdische „Schlemmering“.

Für seine Expeditionen wählte Kos ein gemächliches Tempo. Er ist weniger Gipfelstürmer als Bankerlhocker, lässt sich von Ortskundigen die Wasserrohre zeigen, die der Fürst Liechtenstein für einen längst verschwundenen künstlichen Wasserfall bauen ließ, oder die versenkte Deckenbeleuchtung im neusachlichen Foyer des Südbahnhotels. Er stöbert in alten Reiseführern und Prospekten, um die Schlagwörter auszugraben, die diesen Nicht-Ort definierten, vom „Dorado für Sportler“ bis zum „Zauberberg“. 1930 textet eine Werbung für den Golfplatz kühl: „9 holes, 1000 m Seehöhe, 90 km von Wien.“

Die literarischen Darstellungen durch berühmte Gäste wie den Wiener Dramatiker Arthur Schnitzler (1862–1932) trugen zum Mythos bei. In der Textsammlung „Semmering 1912“ des Dichters und Bohemiens Peter Altenberg (1859–1919) findet Kos eine stimmige Beschreibung ohne Klischees. Altenberg feiert das Schmelzwasser, das von den Dachrinnen tropft, und den Schneesturm, „der in das Gesicht nadelt und staubt“. Was Kos über Altenbergs Stil schreibt, lässt sich auf seinen eigenen Ansatz übertragen: „Kleinigkeiten und kaum Bemerktes interessieren ihn grundsätzlich mehr als das Große und Ganze.“ Ohne die Feder zu tief ins Metaphernfass zu tauchen, gelingen ihm Kleinode der Beschreibung, etwa über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: „In der biederen Emsigkeit der Wiederaufbaujahre zehrten Häuser wie das Panhans noch einmal von ihrem Unwirklichkeitsbonus.“

Wer heute die Höhenstraße, die die Villen und Hotels des Semmering verbindet, entlanggeht, wähnt sich auf einem Friedhof. Die großen Hotels sind geschlossen, auch das in den 1980er-Jahren erneuerte Hotel Panhans stellte seinen Betrieb ein. In den vergangenen Jahrzehnten kamen viele Investoren, die viel versprachen und wenig hielten. Architektonische Scheußlichkeiten zerstören die Aura, die die trotz aller Wunden doch beeindruckenden Bauwerke der Pionierzeit besitzen.

Der Historiker hält sich nicht mit Nostalgie auf. Ohne die traurige Gegenwart zu beschönigen, sucht Kos nach Chancen. So sei das Alleinstellungsmerkmal Großstadtnähe und erstklassige Verkehrsanbindung noch immer aktuell. In wenigen Jahren werden die internationalen Züge zwar in einem Tunnel verschwinden, aber die ÖBB möchten den Zugverkehr über die spektakuläre Trasse des genialen Ingenieurs Carl von Ghega (1802–1869) weiterführen. Der Titel Welterbe gibt dem Verkehrsbauwerk und seiner Umgebung zusätzliche Bedeutung. Mit dem Kultursommer Semmering gibt es ein reizvolles Festival, das die Fans von Theater und Musik auf den Berg holt. Auch die Wintersaison hat nicht ausgedient; der Zug hält nahe der Skipiste.

Kos empfiehlt Interventionen zeitgenössischer Architekten und Designer, um die Mottenkiste zu lüften. Er nennt Orte mit vergleichbaren Problemen und deren Lösungen, etwa Aussichtsrampen in den Tiroler Bergen oder Schweizer Modelleisenbahnen, die jährlich hunderttausende Besucher anziehen.

Noch ist der Semmering nicht verloren. Der Klimawandel steigert die Nachfrage nach kühlen Plätzen, das schlechte Image billiger Flugtickets macht das Bahnfahren attraktiv. Das lässt die Destination für Investoren reizvoll erscheinen. Einen ersten Schritt setzte der Grazer Hotelier Florian Weitzer, der das Kurhaus Semmering kaufte. Der stilbewusste Unternehmer erstand eine dieser dem Verfall preisgegebenen Megastrukturen, die, dezent renoviert, den Zeitgeist von Verlangsamung und Vintage treffen könnten.

In Anspielung auf „The Grand Budapest Hotel“, eine filmische Hommage des Regisseurs Wes Anderson an den Luxus der Belle Époque, nennt Weitzer das Kurhaus in Grand Semmering um. Auch für das zentrale Südbahnhotel zeichnet sich eine Lösung ab. Eine Gesellschaft, die bereits an der kroatischen Küste Hotels der Kaiserzeit renoviert, scheint an einem Kauf interessiert. Der ehemalige aristokratische Kurort Bad Gastein ging mit gutem Beispiel voran und versucht, die Historie mit attraktiver Gegenwart aufzuladen.

Wenn einiges gut aufgeht, könnte auch der Semmering wieder leben. „Die These, dass es am Semmering so viel Aufbruchstimmung gibt wie schon lange nicht, wird von vielen geteilt“, kommentiert der Semmeringkundler den Status quo, ohne seine Vorsicht zu verhehlen. In 40 Jahren Forschung hat Wolfgang Kos bereits zu viele Züge erlebt, die zu spät kamen oder erst gar nicht stehen blieben.

Matthias Dusini in Falter 27/2021 vom 09.07.2021 (S. 26)

Posted by Wilfried Allé Monday, July 5, 2021 9:18:00 AM Categories: Ländergeschichte Sachbücher/Geschichte/Regionalgeschichte
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Kind in Wien 

Ein Stadtführer für alle, die in Wien mit Kindern zu tun haben

EAN 9783854396888
Verlag: Falter Verlag
Reihe: Kleine Schlaue, Ratgeber/Lebenshilfe, Alltag/Adressbücher, Telefonbücher, Kursbücher, Einkaufsführer
Umfang: 592 Seiten, 35. Auflage
Erscheinungsdatum: 15.06.2021
Preis: € 16,50

Das Servicehandbuch informiert unter anderem über das Angebot an Kultur-, Freizeit- und Sportaktivitäten für Kinder in Wien – von Puppenbühnen über Museen und Sportstätten bis hin zu Sprachkursen für Kinder – sowie über Ausflugsziele in Niederösterreich und im Burgenland. 

Unentbehrlich für alle Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, Pädagoginnen und Pädagogen: Der Klassiker „Kind in Wien” liefert über 1000 Adressen, Tipps und konkrete Informationen, die das Leben von und mit Kindern in Wien schöner, abwechslungsreicher und einfacher machen.

Pressetext

Der unentbehrlich Klassiker für Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln, Pädagoginnen und Pädagogen. „Kind in Wien“ liefert über 1000 Adressen, Tipps und konkrete Informationen, die das Leben von und mit Kindern in Wien abwechslungsreicher und einfacher machen.

Das Servicehandbuch informiert unter anderem über das umfangreiche Angebot an Kultur-, Freizeit- und Sportaktivitäten für Kinder in Wien – vom Kindertheater in der Stadt bis zum Ausflugsziel im Grünen, vom Wildbadeplatz bis zum passenden Ort für die Kindergeburtstagsparty.
Weiters finden sich in „Kind in Wien“ Anregungen, Adressen, Telefonnummern und Öffnungszeiten zu den Themen:
▪ Kinderbetreuung: Babysitter, Tagesmütter, Kindergruppen, -krippen und -gärten
▪ Schulen: Privatschulen, Alternativschulen, Schulprojekte, Lernhilfe
▪ In Krisenfällen: Unterstützung und Beratung für Kinder und Eltern
▪ Krankes Kind: Notfalladressen, Diagnostik, Therapie
▪ Einkaufen für Kinder: Spielzeug, Kleidung, Kinderwägen, Secondhandshops
▪ Essen mit Kindern: Kinderfreundliche Restaurants und Lokale

Pressekontakt:
Sothany Kim
kim@falter.at
T: +43 1 53660 977

Posted by Wilfried Allé Monday, June 21, 2021 2:00:00 PM Categories: Alltag/Adressbücher Einkaufsführer Kleine Schlaue Kursbücher Ratgeber/Lebenshilfe Telefonbücher
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Wandern im Wienerwald 

Die 30 schönsten Wanderungen in und um Wien

EAN 9783854396062
Verlag: Falter Verlag
Reihe: Kultur für Genießer
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 17.05.2021
Preis: € 22,90

Selten haben Großstädter die Möglichkeit, sich nach Arbeitsschluss oder am Wochenende in die Straßenbahn zu setzten und in einer halben Stunde Fahrzeit im Grünen zu landen. Doch in Wien bringt meist nur ein kurzer Fußmarsch gestresste Wienerinnen und Wiener von den Endstationen der öffentlichen Verkehrsmittel in ein Erholungsgebiet fern vom Trubel der österreichischen Hauptstadt – in den Wienerwald.

Der Wienerwald ist die „grüne Lunge“ Wiens. Mit einer Gesamtfläche von 1.250 km² schmiegt er sich im Westen und Südwesten an die Bundeshauptstadt an. Trotzdem er „Wien“ in seinem Namen trägt, liegen gut 90 Prozent dieser Wald- und Wanderlandschaft nicht auf Stadtgebiet, sondern gehören zum Nachbarbundesland Niederösterreich. In dieser landschaftlich äußerst abwechslungsreichen Region finden Besucher alles, wonach ihr Herz begehrt: Wälder, Wiesen, Felder, Weinberge, Kletterwände, Heilquellen, Klöster, Schlösser, Burgen und natürlich Ausflugslokale. Es ist also keineswegs verwunderlich, dass sowohl Einheimische als auch Gäste aus dem Ausland es genießen, Touren durch den Wienerwald zu unternehmen und das Umland der Metropole zu erforschen.
Das Buch liefert nicht nur ausführliche Routenbeschreibungen, sondern weist auch auf Attraktionen am Wegesrand hin, auf Naturschönheiten, Sehenswürdigkeiten und historische Besonderheiten. Zudem finden sich in den 30 Wanderungen, die das gesamte Wienerwaldgebiet umfassen, Tipps zu An- und Abfahrt, Schwierigkeitsgrad der Touren sowie Einkehrmöglichkeiten und Ausflugslokale, denen hungrige Wanderer unbedingt einen Besuch abstatten sollten.

Leserstimmen

Wanderwege toll beschrieben, praktische Wanderkarten (Karin P., Wien)
Ein anregendes Handbuch, das Lust macht, sich auf den weg zu machen! Ganz wunderbar auch die jeweiligen Angaben zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. (Christina K., Wien)
Die Routen sind sehr verlässlich beschrieben. (Bernd R., Wien)
Für "Autolose" super: alles mit Öffis erreichbar (Helga P., Wien)
... gut für jedes Alter, egal ob mit Kind oder Hund :-) (Ozzy, Atzelsdorf)

Pressetext

Der Wienerwald, das Naherholungsgebiet vor den Toren Wiens, ist zu jeder Jahreszeit ein lohnendes Wander- und Ausflugsziel. Die Region, die „Wien“ in ihrem Namen trägt, liegt zum größten Teil auf niederösterreichischem Gebiet. Sie reicht von den westlichen Außenbezirken Wiens bis zur Thermenregion bei Baden und Bad Vöslau im Süden, von den schroffen Felstürmen bei Mödling bis zum Traisental im Mostviertel bei St. Pölten. In dieser landschaftlich äußerst reizvollen Region wechseln sich Wälder, Wiesen, Felder und Weinberge, kleine Ortschaften und geschäftige Kleinstädte ab; sportlich mehr oder weniger herausfordernde Kletterwände sind ebenso zu finden wie wohltuende Heilquellen und kulturell bedeutsame Klöster, Schlösser und Burgen. 

Die Autoren Peter Hiess und Helmuth A.W. Singer stellen in „Wandern im Wienerwald“ 30 Routen unterschiedlicher Länge und Schwierigkeit vor, die sowohl versierten Wanderern als auch Wochenendausflüglern ein abwechslungsreiches Naturerlebnis bieten. Das Buch liefert ausführliche Routenbeschreibungen und weist auf Attraktionen am Wegesrand hin.

Jeder Tour ist eine Karte mit eingezeichnetem Streckenverlauf vorangestellt, die dem Leser die Orientierung erleichtern soll. Tipps zu An- und Rückfahrt sowie Einkehrmöglichkeiten entlang der Strecke und besuchenswerten Ausflugslokalen runden die Beschreibungen ab.

Die Autoren Peter Hiess (Autor, Übersetzer, Verleger) und Helmuth A.W. Singer (Autor, Korrektor) sind passionierte Wanderer. Ihre Liebe zur Natur findet in vorliegendem Werk ihren Ausdruck.

Pressekontakt:
Sothany Kim
kim@falter.at
T: +43 1 53660 977

Posted by Wilfried Allé Monday, June 21, 2021 1:48:00 PM Categories: Kultur für Genießer Wanderlust rund um Wien
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Wandern im Waldviertel 

Die 33 schönsten Wanderungen und 7 Stadtspaziergänge

EAN 9783854396741
Verlag: Falter Verlag
Reihe: Kultur für Genießer
Umfang: 304 Seiten
Erscheinungsdatum: 30.04.2021
Preis: € 29,90

Pressetext

Das Waldviertel: ein bis zwei Stunden mit Auto oder Bahn von Wien ent­fernt, dank der Höhen­lage immer ein paar Grad kühler als der üb­ri­ge Osten Öster­reichs – und so­mit spe­zi­ell im Som­mer ein idea­les Ziel für In­lands­ur­lauber.
Im nordwestlichen Teil Nieder­öster­reichs fin­den Wan­de­rer sanfte Gipfel und be­schau­liche Fluss­täler, Natur­parks und Fami­lien­attrak­tio­nen, Eso­te­ri­sches und Archä­olo­gi­sches, ein­same Wege, dichte Wäl­der und son­nen­be­schie­nene Hoch­ebenen.
Das Buch stellt 33 ausführlich beschriebene Wander­routen vor – aus­ge­hend von sie­ben Ur­laubs­orten, die in Stadt­spa­zier­gän­gen eben­falls prä­sen­tiert werden.
Zusätzlich weisen die Autorin und die Autoren auf Sehens­würdig­keiten, his­to­rische Schau­plätze, Natur­schön­heiten und na­tür­lich die Lokale am Weg hin.

Neu: mit Leseprobe ->

Autorin und Autoren
Katharina Bliem, 1978 in Wien geboren, studierte Publi­zis­tik und ar­bei­tet als Biblio­the­karin. Das Wald­viertel er­oberte schon vor Jahren ihr Herz, als sie es mit ihrem Sohn in einem al­ten Wohn­mobil er­kun­dete. Nun wollte sie es auch er­wandern.
Peter Hiess, Jahrgang 1959, wohn- und lebhaft in Wien, ist Autor, Über­setzer und pas­sio­nier­ter Wan­derer. Er ver­brachte in seiner Schul­zeit so man­chen Ferien­monat im Wald­vier­tel – ist aber erst viele Jahre spä­ter so rich­tig auf den Ge­schmack ge­kommen.
Helmuth A. W. Singer, Jahrgang 1957, war viele Jahre tou­ris­tisch-jour­na­lis­tisch ak­tiv, in der EDV-Branche um­trie­big, als Kor­rek­tor in der Medien­branche tä­tig und trat da­rüber hinaus als Rät­sel­autor in Er­schei­nung. Das Wald­vier­tel ist für ihn ein Sehn­suchts­gebiet

Pressekontakt:
Sothany Kim
kim@falter.at
T: +43 1 53660 977

Posted by Wilfried Allé Monday, June 21, 2021 1:31:00 PM Categories: Kultur für Genießer
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Wildbadeplätze 

Wien | Niederösterreich | Burgenland | Steiermark

Die Autorinnnen Nathalie Großschädl, Marion Großschädl stellen im Gespräch mit Kirstin Breitenfellner die schönsten Badeplätze der Stadt und umadum vor.

EAN 9783854396871
Verlag: Falter Verlag
Reihe: Kultur für Genießer
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 30.04.2021
Preis: € 29,90

Der Guide zeigt, dass man auch in der Großstadt inmitten von Natur schwimmen kann. Wo an der Alten und Neuen Donau oder in der Lobau die schönsten Badeplätze liegen. Er führt aufs Land zu Flussbädern mit ihren pittoresken Bootshäusern und zu sagenumwobenen Seen, in denen sich majestätisch die Berge spiegeln.
Eine Entdeckungsreise zu idyllischen Teichen vor Schlössern und Kirchen, den Wachauer Sandstrände mit Blick auf die berühmten Weinrieden, entlang türkisblauer Flüsse durch romantische Schluchten und sonnigen Steinen in Naturschutzgebieten, zu prasselnden Wasserfällen und smaragdgrüne Gumpen.
61 Wildbadeplätze in Ostösterreich mit über 100 wunderschönen Badestellen, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Rad erreichbar sind. Dazu werden Ausflugs- und Einkehrtipps in der Nähe aufgelistet.
Fast alle Badestellen sind kostenlos zugänglich, werden regelmäßig auf ihre Wasserqualität untersucht und erhalten immer hervorragende Bewertungen, viele haben sogar Trinkwasserqualität. Übersichtspläne erleichtern die Orientierung und GPS-Daten sorgen für eine stressfreie Ankunft.

Pressetext

Der Guide zeigt, dass man auch in der Großstadt inmitten von Natur schwimmen kann. Wo an der Alten und Neuen Donau oder in der Lobau die schönsten Badeplätze liegen. Er führt aufs Land zu Flussbädern mit ihren pittoresken Bootshäusern und zu sagenumwobenen Seen, in denen sich majestätisch die Berge spiegeln. Eine Entdeckungsreise zu idyllischen Teichen vor Schlössern und Kirchen, den Wachauer Sandstrände mit Blick auf die berühmten Weinrieden, entlang türkisblauer Flüsse durch romantische Schluchten und sonnigen Steinen in Naturschutzgebieten, zu prasselnden Wasserfällen und smaragdgrüne Gumpen. 61 Wildbadeplätze in Ostösterreich mit über 100 wunderschönen Badestellen, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Rad erreichbar sind. Dazu werden Ausflugs- und Einkehrtipps in der Nähe aufgelistet. Fast alle Badestellen sind kostenlos zugänglich, werden regelmäßig auf ihre Wasserqualität untersucht und erhalten immer hervorragende Bewertungen, viele haben sogar Trinkwasserqualität. Übersichtspläne erleichtern die Orientierung und GPS-Daten sorgen für eine stressfreie Ankunft.

Pressekontakt:
Sothany Kim
kim@falter.at
T: +43 1 53660 977

Posted by Wilfried Allé Wednesday, June 9, 2021 2:59:00 PM Categories: Kultur für Genießer
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Das Wunder von Mals 

Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet

von Alexander Schiebel

ISBN 9783960060147
Verlag: oekom verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 04.09.2017
Preis: € 19,60

Kurzbeschreibung des Verlags:

Pestizide! Überall auf der Welt sind sie auf dem Vormarsch. Überall? Nein! Ein von unbeugsamen Vinschgern bewohntes Dorf in Südtirol hört nicht auf, diesem Eindringling Widerstand zu leisten. Umgeben von industriellem Apfelanbau will Mals zur ersten pestizidfreien Kommune Europas werden. In einer Volksabstimmung entscheiden sich 76 Prozent der Bewohner gegen Glyphosat & Co. und für biologische Landwirtschaft und Naturschutz.
Eine 5000-Seelen-Gemeinde, angeführt von einem Dutzend charismatischer Querdenker, fordert damit eine übermächtige Allianz aus Bauernbund, Landesregierung und Agrarindustrie zum Kampf heraus. Alexander Schiebel erzählt die Geschichte dieses Aufstandes und enthüllt dadurch das streng geheime Rezept jenes Zaubertrankes, der die mutigen Malser unbesiegbar macht. Eine Inspirationsquelle für Aufständische in aller Welt – und ein lebendiges Porträt jenes kleinen Dorfes, das sein Schicksal selbst in die Hand nehmen möchte.

FALTER-Rezension

Giftige Klagen

Franz Sölkner ist schon sein Leben lang politisch aktiv. 20 Jahre lang stritt der heute 71-Jährige für die Grünen im Gemeinderat von Thal bei Graz. An der Uni war er Fachschaftsvertreter für Theologie, er engagierte sich gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf und ist heute in der Steirischen Friedensplattform aktiv. Bei Gerichtsverhandlungen ist er als interessierter Beobachter anzutreffen. Dass er selbst einmal als Angeklagter vorn im Gerichtssaal stehen würde, damit hat er nicht gerechnet.

Sölkner arbeitet auch in der „IST – Initiative SteirerInnen gegen Tierfabriken“ mit, wo vor allem Bewohner der Süd- und Oststeiermark gegen den Gestank aus und das Tierleid in großen Schweine- und Hühnerställen mobilmachen. Im April 2019 stellt die IST in Gleisdorf und Leibnitz je ein Großplakat auf. Auf dem Foto sieht man einen Traktor Flüssigkeit auf ein Feld aussprühen. Darüber der Schriftzug: „Gott schütze uns vor giftspritzenden Bauern! Keine Keime und Antibiotika auf den Tellern unserer Familien!“ Darunter: „Schluss mit der Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt durch die giftunterstützte Landwirtschaft!“ Sölkner erklärt sich bereit, mit seinem Namen dafür geradezustehen.

Das Motiv für die Aktion erklärt er so: „Ich halte die Industrialisierung der Landwirtschaft für eine verhängnisvolle Sackgasse. Und bei Sackgassen kommt man irgendwann an ein Ende und muss dann elendsweit zurückhatschen.“ Bald nach Aufstellen der Plakate stellt die Landwirtschaftskammer Steiermark eine Klage in den Raum, setzt die Ankündigung aber nie um. Aus der Kleinen Zeitung erfährt Sölkner jedoch, dass der Bauernbund, eine Teilorganisation der ÖVP, ihn klagt. Sie sieht alle steirischen Landwirte in ihrer Ehre beleidigt und in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen geschädigt. Das Bezirksgericht Graz-Ost folgte der Argumentation des Bauernbundes in allen Punkten und hat Sölkner zu Unterlassung und Widerruf verurteilt.

Die Klage ist kein Einzelfall: Immer wieder landen Auseinandersetzungen um Umweltthemen, besonders über Spritzmittel, vor Gericht. Es geht um den Vorwurf von Ehrenbeleidigung und übler Nachrede auf der einen Seite, um den von Einschüchterung auf der anderen. Für die Aktivisten sind die Klagen oft existenzbedrohend. Schon hat sich ein eigener Begriff eingebürgert: Slapp-Klagen, Strategic Lawsuit Against Public Participation. Gemeint ist die juristische Form von David gegen Goliath: Klagen wie Ohrfeigen mit dem Ziel, unliebsame Kritik zu unterdrücken.

Erst vergangenen Freitag kam es im Südtiroler Bozen zu einer Wendung in einem Aufsehen erregenden Fall: Dort hatte sogar ein Landesrat, Arnold Schuler von der Südtiroler Volkspartei, gemeinsam mit Obsterzeugerorganisationen und 1376 Bauern Klagen gegen den Salzburger Autor und Dokumentarfilmer Alexander Schiebel und den Agrarwissenschaftler Karl Bär vom Umweltinstitut München erhoben. Mehr als 100 NGOs wie Greenpeace hatten daraufhin in den führenden italienischen Tageszeitungen eine Solidaritätserklärung abgegeben. Schiebel hatte in seinem Buch und Film „Das Wunder von Mals“ den hohen Pestizideinsatz auf Südtirols Apfelplantagen kritisiert. Am Freitag wurde er freigesprochen.

Weiter geht der Strafprozess jedoch für Karl Bär. Der Grund ist eine Kampagne im Sommer 2017: Auf dem Stachus, einem der prominentesten Plätze im Stadtzentrum Münchens, hatte sein Institut auf einem Plakat die Südtiroler Tourismuswerbung verfremdet, es warb für „Pestizidtirol“. Bär drohen eine Gefängnisstrafe und Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe.

Die Beispiele für Knebelklagen häufen sich: So stehen mehrere Organisationen in Europa vor Gericht, weil sie Palmölkonzerne kritisierten. Der deutsche Energiekonzern RWE will auch von einem Pressefotografen eine Entschädigung in Millionenhöhe, der dokumentiert hat, wie Umweltaktivisten die Förderbänder des Braunkohlekraftwerks Weisweiler besetzten, wodurch das Kraftwerk stillstand. Im März wurde die Französin Valérie Murat in erster Instanz zu einer Strafe von 125.000 Euro vergattert: Sie hatte Zahlen zu Pestizidrückständen in Bordeaux-Weinen veröffentlicht.

Aber fallen die inkriminierten Aussagen unter Tatbestände wie Verleumdung und Ehrenbeleidigung – oder sind sie vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt? Wer gewinnt am Ende?

„Das Plakat impliziert, dass alle Bäuerinnen und Bauern Giftspritzer sind. Unsere 40.000 Mitglieder wollen das nicht hinnehmen“, begründete der Steirische Bauernbund seine Klage. Viele erboste Bauern hätten deswegen angerufen. „Dieser Herr hat mit seiner Kollektivbeleidigung auch viele Bauernbundmitglieder tief im Inneren berührt und verletzt“, hieß es in der steirischen Bauernbund-Zeitung Neues Land.

„Absolute Empörung“ rufe die Aussage hervor, bäuerliche Produkte seien „keimverseucht“. Sölkner meine damit „zweifellos, dass Bauern eine Gesundheitsschädigung der Bevölkerung für möglich halten und sich damit abfinden“.

Juristen sind jedoch schon in der Frage uneinig, ob der Bauernbund überhaupt berechtigt ist, Klage im Namen „der Bauern“ zu führen. Schließlich vertritt er nur jene Bauern, die freiwillig bei ihm Mitglied werden.

In der Klagsschrift argumentiert er damit, dass die Beleidigung „jeden einzelnen Bauern schädigt“ und „der überwiegende Anteil der Bauern“ bei ihm Mitglied sei. Mehr noch: „Kein anderer Verein oder andere Organisation weist eine derart enge Identifizierung bzw. Beziehung zum Bauernstand auf wie die klagende Partei.“ Die meisten Menschen würden sogar mit dem Bauernstand den Bauernbund „assoziieren“. Auch die Richterin schrieb im Urteil, es sei „nicht erforderlich, dass die klagende Partei direkt der Adressat der Äußerung ist“.

Sölkners Anwalt wandte ein, dass per Gesetz nur die Landwirtschaftskammer für die Vertretung aller Landwirte zuständig sei. Auch Michael Rami, Richter am Verfassungsgerichtshof, führender Medienrechtler und Autor des Wiener Kommentars zum Mediengesetz, sagt: „Das Plakat wendet sich lediglich ganz allgemein gegen ,giftspritzende Bauern‘ und nicht gegen konkrete Landwirte. Meines Erachtens ist der Bauernbund nicht berechtigt, derartige allgemeine Äußerungen im Namen des ,Bauernstandes‘ zu verfolgen.“

Was aber darf man über Spritzmittel, Antibiotika in der Tierhaltung und andere Entwicklungen in der Landwirtschaft sagen – über die sich auch viele Wissenschaftler besorgt zeigen und gegen die sich explizit der Green Deal der EU-Kommission richtet?

Sölkner argumentierte mit Büchern und Medienbeiträgen, die den Begriff „Gift“ für Pestizide verwenden. Etwa das Buch des Wiener Ökologen Johann G. Zaller „Unser täglich Gift“. Er zitierte Berichte von Fleischtestkäufen durch NGOs, die auf einem erheblichen Teil der Proben antibiotikaresistente Keime fanden. Er führte die Dokumentation des Fernsehsenders Arte „Killerkeime – Gefahr aus dem Tierstall“ an. Die Plakate, so sieht es Sölkner, würden nur breit diskutierte Forderungen wiedergeben. Für das Totalherbizid Glyphosat habe ja gar der Nationalrat ein Totalverbot beschlossen.

Sölkner vermochte die Richterin aber nicht zu überzeugen. Sie folgte den Argumenten des Bauernbundes. „Es ist der beklagten Partei nicht gelungen, einen Nachweis für die Gesundheitsschädlichkeit von Pflanzenschutzmitteln (…) zu erbringen“, schreibt sie in der Beweiswürdigung. Auch den „Nachweis für eine Gefahr für Flora und Fauna“ habe Sölkner nicht erbracht.

Lange Passagen des Urteils befassen sich mit dem umstrittenen Glyphosat. „Namhafte Europarechtsexperten kamen zum Schluss, dass ein Totalverbot von Glyphosat nicht möglich ist. Sohin ist die Bezeichnung ,Gift‘ für Glyphosat jedenfalls unzulässig.“ Überdies sei Sölkner „jeglichen Beweis schuldig geblieben, dass sich die Bauernschaft nicht an die gesetzlichen Vorgaben“ halten würde.

In Summe sei Sölkner „kein Wahrheitsbeweis“ für die Äußerungen auf den Plakaten gelungen: „Auch nur die Richtigkeit eines Tatsachenkerns wurde nicht bewiesen.“ Die kritischen Berichte von Wissenschaftlern, die etwa Antibiotika als Gefahr für die menschliche Gesundheit sehen oder Pestizide als Bedrohung für die Artenvielfalt, anerkannte die Richterin also nicht.

Jedenfalls würden die Behauptungen „die von der Judikatur zugebilligte Polemik bei weitem übersteigen“. Summa summarum: „Die klagende Partei hat vollständig obsiegt.“

Das Bezirksgericht Graz-Ost verurteilte Sölkner somit zur Unterlassung und zum Widerruf der Aussagen auf ebenfalls zwei Großplakaten, zum Veröffentlichen einer Gegendarstellung in der Kleinen Zeitung und zur Übernahme der gegnerischen Anwaltskosten von rund 3300 Euro. Das war im März. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sölkner hat berufen. Österreichs Bauernbund-Präsident Georg Strasser, der als Zeuge geladen war, hofft nun, dass man sich bei „weiteren ähnlich gelagerten Agitationen gegen die Bauernschaft“ an dem Urteil orientiere.

Im italienischen Bozen hat der Richter am Freitag die Beweisaufnahme gegen den Salzburger Alexander Schiebel gar nicht erst eröffnet: Der Tatbestand der üblen Nachrede liege schlicht nicht vor.

m zweiten Prozess gegen Karl Bär haben Landesrat Schuler und die Vertreter der Obstgenossenschaften ihre Nebenklägerschaft zurückgezogen. Schuler kündigte zudem an, alle Anzeigen zurückziehen und dafür die Vollmachten aller klagenden Bauern einsammeln zu wollen – zwei Bauern weigern sich jedoch bis heute. Damit geht der Prozess weiter wie gehabt.

„Wir haben uns den Gerichtssaal als Bühne nicht ausgesucht“, sagt Bär: „Aber da wir dorthin gezwungen werden, werden wir sie auch nutzen.“ Mit 88 Experten als Zeugen will er „beweisen, dass der hohe Pestizideinsatz auf Südtiroler Apfelplantagen negative Auswirkungen auf die Natur und die Gesundheit von Menschen hat“.

Mehrere der kritisierten Spritzmittel sind inzwischen verboten, und die Gerichtsverfahren haben dem Thema enorme Aufmerksamkeit gebracht. 250.000 Menschen haben für die Einstellung der Prozesse unterschrieben, das Buch über „Das Wunder von Mals“ hat zusätzliche Leser gefunden.

Immer wieder verlieren die Kläger solche Prozesse nach Jahren in letzter Instanz. Die Angeklagten werden dennoch durch die jahrelang im Raum stehende Drohung geschwächt und zermürbt. Nach einem Appell von NGOs und 32 Europaabgeordneten an die EU-Kommission arbeitet diese nun an einer EU-Richtlinie, die Justizmissbrauch durch Slapps verhindern soll.

Wie es für Franz Sölkner ausgeht, darüber muss nun der Oberste Gerichtshof (OGH) entscheiden. Der Verfassungsrichter Michael Rami sagt: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Urteil dort inhaltlich Bestand haben wird. Nach gesicherter, jahrzehntelanger Rechtsprechung ist nämlich – im Lichte der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Äußerung – gerade in Fragen des Umweltschutzes eine besonders scharfe Ausdrucksweise zulässig.“

So sei laut OGH mit der Behauptung, wonach PVC ein „Umweltgift“ sei, lediglich ausgedrückt, dass PVC umweltschädlich sei, nicht aber, dass es giftig im Sinne der Chemikalienvorschriften sei.

In einem anderen Fall interpretierte das Höchstgericht den Vorwurf, jemand sei dafür verantwortlich, dass eine Wasserquelle „vergiftet“ worden sei, so: Er bringe damit bloß zum Ausdruck, dass wesentlich bessere Umweltstandards wünschenswert seien. „Die Rechtsprechung gibt also in derartigen Fällen dem Grundrecht auf freie Äußerung in aller Regel den Vorrang vor den Interessen des Betroffenen“, sagt der Verfassungsrichter.

Franz Sölkner verfolgt die Entwicklungen von Bozen bis Frankreich ganz genau. Was macht er, wenn er nicht recht bekommt? „Dann starte ich zur Abdeckung der Kosten eine Spendensammelaktion.“

Gerlinde Pölsler in Falter 22/2021 vom 04.06.2021 (S. 60)


Ein Dorf gegen Glyphosat

Das Südtiroler Dorf Mals will zur ersten Gemeinde Europas werden, die den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft verbietet. Bei einem Bürgerbeschluss stimmten die Malser, mitten in ihrer Apfelmonokultur, für eine Zukunft ohne Glyphosat & Co. Die Leser erfahren, wie ein paar charismatische Querdenker gegen eine Allianz aus Bauernbund, Landesregierung und Agrarindustrie ankämpfen. Autor Alexander Schiebel, der auch einen Film darüber drehte, erzählt die Geschichte klar subjektiv: „Ich will einen medialen Schutzschirm über dieses Tal und seine Menschen spannen.“ Der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler zeigte Schiebel an – wegen „übler Nachrede“ und „Verbreitung von Falschinformationen zum Nachteil der Südtiroler Landwirtschaft“. Was das Interesse an dem Buch nicht schmälert.

Gerlinde Pölsler in Falter 49/2017 vom 08.12.2017 (S. 19)

Posted by Wilfried Allé Friday, June 4, 2021 11:35:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Sozialstaat Österreich (1945–2020) 

Entwicklung – Maßnahmen – internationale Verortung

von Emmerich Tálos , Herbert Obingerr

ISBN 9783706560528
Ausgabe mit zahlr. Grafiken u. Tabellen
Verlag: Studien Verlag
Format: Hardcover
Genre: Politikwissenschaft
Umfang: 192 Seiten
Erscheinungsdatum: 06.10.2020
Preis: € 24,90
Kurzbeschreibung des Verlags:

Der sozialstaatliche Entwicklungsprozess war im Österreich der Nach­kriegs­jahr­zehnte durch eine be­acht­liche Ex­pan­sion ge­kenn­zeichnet. Vom „goldenem Zeit­alter“ war die Rede. Wirt­schaft­liche, so­zi­ale und po­li­tische Ver­än­derungen brachten seit Mitte der 1980er Jahre be­trächt­liche Heraus­for­de­rungen mit sich. Neben punk­tu­ellen Er­wei­te­rungen zeichnen sich deut­lich res­trik­tive Trends auf allen Ebenen des So­zial­staates ab.
Eine Heraus­forderung einmaliger Art stellt die 2020 aus­ge­bro­chene Corona-Pan­demie mit ihren ein­schnei­den­den wirt­schaft­lichen und so­zi­alen Aus­wir­kungen dar. Un­übe­sehbar in diesem Zu­sam­men­hang ist, wie un­ver­zicht­bar der breit aus­ge­baute So­zial­staat für die öster­reichi­sche Ge­sell­schaft ist.
Im ersten Abschnitt des Buches stehen der So­zial­staat der Nach­kriegs­jahr­zehnte, seine Ge­stal­tungs­prin­zi­pien, Di­men­si­onen und Ex­pan­sion auf den ver­schie­denen Ebenen im Blick­punkt. Gegen­stand des zwei­ten Ab­schnit­tes ist der so­zial­staat­liche Ver­än­de­rungs­pro­zess seit Mit­te der 1980er Jahre: das ver­än­derte Um­feld so­wie die ge­trof­fenen Maß­nahmen in den ver­schie­denen so­zial­staat­lichen Be­rei­chen. Der dritte Ab­schnitt geht den Be­stim­mungs­fak­toren die­ser dif­fe­renten Ent­wick­lungen nach, der vierte Ab­schnitt be­fasst sich mit der inter­natio­nalen Ver­ortung und dem inter­natio­nalen Ver­gleich des öster­reichi­schen Sozial­staates. Ab­schließend wird ein Blick auf mög­liche zu­künf­tige Ent­wick­lungen vor dem Hinter­grund der ak­tuel­len Corona-Pan­demie ge­worfen.

FALTER-Rezension

Dass Österreichs Spitäler in der Corona-Pandemie nicht kolla­bierten, ver­danken wir einem gut aus­ge­stat­teten Ge­sund­heits­sys­tem als wich­tigem Be­stand­teil des öster­reichi­schen So­zial­staats. Wie es um diesen Sozial­staat be­stellt ist, wie er sich seit seinen Ur­sprün­gen in der Armen­für­sorge des Jahres 1860 ver­än­derte und welche Heraus­for­de­rungen auf unser Sozial­system heute zu­kom­men, haben die Poli­ti­kwis­sen­schaft­ler Emmerich Talos und Herbert Obinger de­tail­liert ana­ly­siert.

Sie beschreiben den Siegeszug des Sozial­staats nach 1945, aber auch, wie sich ab den 1990er-Jahren An­sätze neo­li­be­raler Poli­tik in der So­zial­staats­debatte ein­schlichen, die ab dem Jahr 2000 starke Spuren hinter­ließen und ab 2017 mit der neuer­lichen FPÖ-Regierungs­be­tei­li­gung um einen Wohl­fahrts­chau­vi­nis­mus er­gänzt wurden. Minu­tiös zeich­nen die Autoren auch nach, wie die ÖVP-FPÖ-Re­gie­rungen ab dem Jahr 2000 den Ein­fluss der Arbeit­nehmer auf die so­zial­staat­lichen Insti­tu­tionen schmä­ler­ten, etwa als 2018 die seit dem Jahr 1888 ver­an­kerte Mehr­heit der Dienst­nehmer in der Gesund­heits­ver­siche­rung zu­guns­ten der Dienst­geber ab­ge­schafft wurde. Ein Pflicht­buch für alle, die sich um die Zu­kunft des Sozial­staats sor­gen und die wissen wollen, was es zu ver­teidigen gilt.

Nina Horaczek in Falter 17/2021 vom 30.04.2021 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Tuesday, June 1, 2021 5:37:00 PM Categories: Politikwissenschaft/Politik
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