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Die Informationsplattform für ArbeiterInnen, Angestellte, KMUs, EPUs und PensionistInnen

Schien es zu Beginn des Jahr­zehnts, als sei ein „grüner Kapi­ta­lis­mus“ in der EU nicht mehr auf­zu­hal­ten, hat sich das Blatt ge­wen­det. Vie­les deu­tet auf einen poli­ti­schen Back­lash hin, der Wett­be­werbs­fähig­keit zu­lasten von öko­lo­gi­scher und so­zia­ler Nach­hal­tig­keit för­dern soll. Wir er­le­ben die Wie­der­kehr eines auto­ri­tä­ren Libe­ra­lis­mus in neuem Ge­wand, der die natio­nale Wirt­schaft von büro­kra­ti­schen Fes­seln be­freien und den Klima­schutz in ers­ter Li­nie dem freien Spiel der Markt­kräfte und dem tech­ni­schen Fort­schritt über­las­sen will. Wie ist das „große Roll­back“ zu er­klä­ren und was be­deu­tet es für Gewerk­schaf­ten und be­trieb­liche Inter­es­sen­ver­tre­tungen?

Nehmen wir als Beispiel die Auto- und Zuliefer­indus­trie. Der Ein­bruch bei Ab­satz und Ge­win­nen hängt bei VW wie auch bei an­de­ren in Deutsch­land an­säs­si­gen End­her­stel­lern mit ei­nem Ge­schäfts­mo­dell zu­sam­men, das unter ver­än­der­ten Welt­markt­be­din­gun­gen nicht mehr trägt. Ihre ho­hen Ge­win­ne haben die deut­schen End­her­stel­ler in der Ver­gan­gen­heit haupt­säch­lich mit financial services und im Hoch­preis­seg­ment teurer, lu­xu­riö­ser Fahr­zeuge mit ho­hem Sprit- oder Ener­gie­ver­brauch ge­macht. Das war ver­hält­nis­mäßig ein­fach, weil gut be­tuchte Käu­fer­:innen lan­ge Zeit be­reit wa­ren, je­den Preis für ei­nen Neu­wagen zu zah­len. Mitt­ler­weile hat sich dies ge­än­dert, da „Made in Ger­many“ selbst im Lu­xus­seg­ment und vor al­lem bei E-Pkw nicht mehr ohne Kon­kur­renz ist. Die VW-Krise re­sul­tiert we­sent­lich aus sin­ken­dem Ab­satz der Pre­mium­mar­ken Por­sche und Audi so­wie rück­läu­fi­gen Ge­winn­en bei den Finanz­dienst­leis­tungen. Es rächt sich, dass der VW-Kon­zern noch im­mer nicht in der Lage ist, einen kon­kur­renz­fä­higen E-Pkw für weni­ger als 20.000 Euro an­zu­bie­ten. We­gen des spä­ten Ein­schwen­kens auf Elek­tro­mo­bi­li­tät und der Schwie­rig­kei­ten bei der Digi­ta­li­sie­rung des Pro­dukts ha­ben deut­sche Auto­fir­men ihre ehe­mals füh­rende Rol­le in der Techno­logie­ent­wicklung ein­ge­büßt. De­nnoch heißt es sei­tens der Kon­zern­spit­zen, die Krise der Bran­che und spe­ziell bei VW re­sul­tiere aus einem Kos­ten­pro­blem, ver­ur­sacht von ei­nem Sicher­heits­netz, das Ge­werk­schaf­ten, Be­triebs­räte und Staat über die Be­leg­schaf­ten ge­spannt hät­ten. Die­ses Sicher­heits­netz ver­hin­dere drin­gend nö­tige Markt­an­pas­sun­gen und sei der Haupt­grund für die nach­las­sen­de Wett­be­werbs­fähig­keit des VW-Kon­zerns und letzt­lich der ge­sam­ten Branche.

Solche Zuschreibungen lenken vom Manage­ment­ver­sagen ab und ka­schieren Inno­va­tions­schwä­chen. Statt sich ein­zu­ge­ste­hen, dass ver­al­te­te Ge­schäfts­mo­del­le und Ver­säum­nis­se bei der Techno­logie­ent­wick­lung eine dis­rup­tive Ent­wick­lung aus­ge­löst ha­ben, wie sie ein­schlä­gige Ex­per­ti­sen schon seit vie­len Jahre prog­nos­ti­zieren, wer­den Ge­werk­schaf­ten und Sozial­staat poli­tisch wie medial wie­der zum Sün­den­bock gemacht.

Die inszenierte Krise ->

Posted by Wilfried Allé Wednesday, November 12, 2025 6:24:00 PM
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