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Die wichtigsten Preise in der Weltwirtschaft ... 

... sind das Ergebnis finanzkapitalistischer Spekulationen

"Im Moment haben wir drei wichtige Inflationstreiber: Die Energiepreise, die Nahrungsmittelpreise und die Wohnungsmieten. Das ist besonders fatal, denn diese drei Produktgruppen sind lebenswichtig und treffen die sozial Schwächsten überdurchschnittlich hart. Daher muss dagegen etwas getan werden", so Stephan Schulmeister, einer der wichtigsten Ökonomen Österreichs.

Seit der Ausbreitung des Finanzkapitalismus in den 1970er Jahren sind die Derivatmärkte riesige Wettanstalten, wo computerbasierte Systemen und Algorithmen operieren, die die Fundamentaldaten gar nicht berücksichtigen. Daher neigen sämtliche Finanzmärkte zu permanentem Überschießen nach oben und unten.

Ein Beispiel unter vielen ist der sprunghaft angestiegene Ölpreis: Kaum kam die Nachricht, dass Russland die Ukraine angegriffen hat, schossen die Preise wie verrückt in die Höhe. Das ist ganz kurzfristige Spekulation aufgrund neuer Nachrichten aus der Welt. Die Instabilität der Rohstoffpreise, also der wichtigsten Preise in der Weltwirtschaft, ist das Ergebnis der finanzkapitalistischen Spekulation. Das Problem mit Rohstoffen – egal ob das Weizen, Reis, Kupfer oder Erdöl betrifft, ist also ein globales.

Hier müsste etwas getan werden. Nur setzt das eine globale Regierung voraus, die wir eben nicht haben. Das ist ein Beispiel für das Fundamentalproblem der Globalisierung, dass nur die Märkte und Unternehmen sich globalisiert haben, aber nicht das System Politik. Wir haben keinen Weltstaat, keine politisch globale Institution, die in der Lage wäre, eine effektive Kontrolle auszuüben.

Es ist höchst an der Zeit, dass in den Köpfen der europäischen Eliten ein anderes Denkmuster Einzug hält, um nicht fortan den Märkten und ganz wenigen Rohstoffhändlern die alleinige Macht der Preisbildung überlassen wird. Die EU ist so ein großer Markt, wenn wir da gemeinsam handeln, wäre einiges möglich.

Das ganze Gespräch mit Stephan Schulmeister und Kontrast-Redakteurin Patricia Huber findet ihr hier->

Posted by Wilfried Allé Saturday, April 16, 2022 2:53:00 PM
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Als ein erfolgreiches Währungssystem zerstört wurde 

Die Abkehr vom Brettons-Woods-System und der Übergang zum Neoliberalismus

Vor 50 Jahren, am 14. August 1971, leitetet US-Präsident Richard Nixon mit der Aufhebung fester Wechselkurse und der Goldbindung des Dollar (1 Unze Gold = 35 Dollar) den Anfang vom Ende des Bretton-Woods-Systems ein. Es war der sogenannte Nixon-Schock. Es folgte eine beispiellose Dollarabwertung, durch die die westeuropäischen Länder und Japan hohe Verluste mit ihren riesigen Dollarwährungsreserven und Wettbewerbsverluste erlitten. US-Finanzminister John Connally entgegnete seinen westeuropäischen Antskollegen, als sie sich darüber beklagten: "The Dollar is our currency but your problem." Connally sah, wie später US-Präsident Donald Trump, nur die US-Interessen, die er brutal, auch gegenüber Verbündeten, durchsetzte.

https://www.wienerzeitung.at/leserservice/newsletter/newsroom-rss-opinion/2116455-Als-ein-erfolgreiches-Waehrungssystem-zerstoert-wurde.html

Posted by Wilfried Allé Saturday, September 4, 2021 2:17:00 PM
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Herausforderungen für die Notenbanken 

Franz Nauschnigg[1]

Die Notenbanken haben bisher die Corona Krise gut bewältigt. Durch rasche Reaktion auf die wirtschaftlichen Einbrüche, die anfangs stärker waren als in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, oder der großen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008. Durch eine sehr expansive Geldpolitik konnte die Liquiditätsversorgung gesichert und die Zinsen gesenkt und die Finanzmärkte stabilisiert werden. Konventionell mit niedrigen kurzfristigen Zinsen,  unkonventionell durch Ankauf von Assets, insbesondere Staatsanleihen konnten auch die Zinsen am langen Ende gesenkt werden. Den Staaten wurde dadurch die extrem expansive Fiskalpolitik mit Rekorddefiziten ermöglicht. Trotz höherer Staatschulden sinkt die Zinsbelastung der Staatshaushalte durch die niedrigen bzw. im Euroraum sogar negativen Zinsen, wodurch die Staaten weniger zurückzahlen müssen, als sie aufgenommen haben.

Dadurch wurde eine Finanzkrise und eine daraus sicher folgende Depression vermieden. Jetzt befinden wir uns in einem durch diese expansive Geld- und Fiskalpolitik ermöglichten starken Aufschwung. Die Wirtschaft wächst wieder mit Rekordwerten und die Arbeitslosigkeit wird abgebaut.

Das hohe Wachstum führt, wie bei jedem starken Aufschwung nach einer tiefen Rezession, zu einer Verknappung bei Gütern und Arbeitskräften, verstärkt noch durch Probleme mit den globalen Lieferketten, was wiederum zu steigenden Preisen führt.

Besonders deutlich zeigt sich dies in den USA, die ja auch eine weit expansivere Geld- und Fiskalpolitik als der Euroraum verfolgten. Nachdem die Inflation über Jahre hinweg in beiden Regionen unter den Inflationszielen der Notenbanken lag, liegt sie jetzt insbesondere in den USA weit darüber. Dieser Inflationsanstieg sollte allerdings nur temporär sein – Basiseffekte, weil viele Preise, insbesondere Rohstoffe in der Coronakrise eingebrochen sind und jetzt wieder, oft auch über das Niveau vor der Krise gestiegen sind, was zuerst die Inflation gesenkt und dann erhöht hat. Die Rohstoffpreise normalisieren sich, viele sinken bereits, z.B. der Holzpreis in den USA. Weiters die Effekte der Digitalisierung, die deflationär wirken, da Arbeitskräfte eingespart und billiger produziert werden kann.

Die Inflation sollte daher relativ bald wieder auf das Inflationsziel der Notenbanken, meist 2 %, sinken und hoffentlich nicht wesentlich darunter, wie vor der Coronakrise. Insbesondere das Eurosystem sollte nicht auf die jetzt wieder häufiger in der Öffentlichkeit, insbesondere im deutschsprachigen Raum, auftretenden Inflationsparanoiker hören und nicht den gleichen Fehler machen wie nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008. Damals wurde durch eine expansive Geld- und Fiskalpolitik die Rezession überwunden, als aber die Inflation im Aufschwung wieder über 2 % stieg, reagierte man mit einer Zinserhöhung und einer Austeritätspolitik. Durch diese restriktive Geld- und Fiskalpolitik fiel der Euroraum wieder in die Rezession zurück mit Millionen zusätzlichen Arbeitslosen und einer Eurokrise. Die Zinserhöhung wurde rasch wieder korrigiert und die Zinsen gesenkt, weil jedoch die Fiskalpolitik restriktiv blieb war die Geldpolitik nicht sehr effektiv. Die EU fiel dadurch im Wachstum weit hinter die USA zurück.

Was die Notenbanken in Zukunft verstärkt fordern wird ist die Blasenbildung auf verschiedenen Märkten mit extremen Preisanstiegen, welche zu Boom/Bust Zyklen führen können – Immobilien- und Bodenpreisanstieg, Aktienkursextreme z.B. Tesla, sowie Cyberassets wie Bitcoin. Hier sind zielgerichtete Makro-Prudentielle Maßnahmen und eine stärkere Regulierung des Finanzsystems, insbesondere auch des Schattenbanksektors, erforderlich.

Solang die Wirtschaft stärker wächst als die Staatschulden ist eine Austeritätspolitik nicht erforderlich, sondern der Staat wächst aus seinen Schulden heraus. Das war nach 1945 im Bretton Woods System, als man die Zinsen niedrig hielt, die Finanzmärkte stark regulierte und die Reichen höher besteuerte, der Fall. Es war damit das erfolgreichste Wirtschaftssystem der Geschichte.

Die niedrigen Zinsen sollten auch stärker für die notwendigen hohen Investitionen für den Klimaschutz, der einen Umbau des gesamten Energiesystems (Erzeugung und Verbrauch) notwendig macht, genutzt werden.


[1] Franz Nauschnigg war bis zu seiner Pensionierung 2019 Abteilungsleiter in der Oesterreichischen Nationalbank, Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, September 1, 2021 2:00:00 PM
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Ein Mantra zum Scheitern verurteilt? 

Scheitert gerade die wie ein Mantra festsitzende Behauptung "Mehr privat, weniger Staat"? Bislang wurde ja vehement und nahezu unwidersprochen behauptet, dass nur 'Die Privaten' ordentlich wirtschaften können, nicht aber die der Gemeinschaft dienenden Kommunen - sprich der Staat. Mehr und mehr apert es heraus, diese Weisheit ist gar keine Weisheit. Sie ist bestenfalls eine Behauptung, die sich nicht auf Wahrheiten und Tatsachen stützen kann. Eines allerdings ist schon wahr: Geht es um das Wirtschaften in die eigene Tasche (legal bis illegal), dann sind 'Die Privaten' die besseren Geschäftemacher. Aber das war's dann auch schon!
Freuen wir uns, dass sich die scheinbar unüberwindliche Schieflage in der Beurteilung von Können, Leistung und Wirksamkeit hin in eine Waagrechte bewegt. mehr ->

Posted by Wilfried Allé Tuesday, August 16, 2016 2:19:00 PM
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