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Volksaufstand und Katzenjammer 

Zur Geschichte des Populismus

von Kolja Möller

Verlag: Wagenbach, K
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 160 Seiten
Erscheinungsdatum: 12.03.2020
Preis: € 18,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Schon Niccolò Machiavelli, Friedrich Schiller, Richard Wagner, Friedrich Engels und Karl Marx haben die Probleme von populistischen Bewegungen nachgezeichnet. Kolja Möller nutzt die historischen Erkenntnisse für eine Gegenwartsanalyse, die zeigt, wie der Populismus als Politikform funktioniert: Was ist unter »Populismus« zu verstehen? Wie schwankt der Appell ans Volk zwischen demokratischer und autoritärer Politik? In welchem Verhältnis steht der Populismus zur Verfassungsordnung, und welche Kommunikationstechniken wenden rechtspopulistische Bewegungen heute an? Das Buch skizziert die Hoffnung, dass ein guter Aufstand, der sich an den Widersprüchen unserer Zeit – wie Klimawandel und Globalisierung – orientiert, die autoritäre Welle noch einholen könnte. Kolja Möller forscht am Zentrum für europäische Rechtspolitik der Universität Bremen zur Verfassungs- und Staatslehre sowie zur politischen Theorie und Soziologie. Zuvor arbeitete er unter anderem am Exzellenzcluster ››Normative Ordnungen‹‹ der Universität Frankfurt, war Research Fellow an der Universität Brasilia und der University of New South Wales in Sydney. Bei Wagenbach außerdem lieferbar: »Globale soziale Rechte«, gemeinsam mit Andreas Fischer-Lescano.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, June 17, 2020 8:03:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Die Verteilungsfrage 

Von Reichtum, Krisen und Ablenkungsmanövern

ISBN: 978-3-99046-209-6
Verlag: ÖGB-Verlag
Format: Buch + E-Book
Genre: Gesellschaft, Sachbücher, Wirtschaft/Gesellschaft, Verteilungsfrage
Umfang: 136 Seiten
Erscheinungsdatum: 10.05.2016
Preis: € 14,90

 

Produktbeschreibung

Kopfschüttelnd werden wir Zeugen, wie das reichste Promille den Rest der Menschheit immer weiter abhängt. Der Abstand zwischen dem reichsten Promille der Menschen und der Mitte der Bevölkerung erinnert an die Gesellschaft zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Auch in Österreich, wie neue Daten zeigen. Wie kommt es zu dieser dramatischen Entwicklung? Was heißt das für die Mittelschicht und was für jene am unteren Ende der Armutsskala? Wer sind eigentlich die „Reichen“ und wie kommen sie zu ihrem Vermögen? Und vor allem: Wie werden diese Ungerechtigkeiten im täglichen Diskurs so gerechtfertigt, dass sie uns allen recht normal erscheinen? Die Autorinnen und Autoren dieses Buches liefern brandaktuelle Antworten auf die Mutter aller gesellschaftspolitischen Fragen: die Verteilungsfrage.

Das Besondere daran: Das vorliegende Werk setzt sich aus Blog-Artikeln zusammen. Alle Beiträge sind ursprünglich auf blog.arbeit-wirtschaft.at erschienen. Dort ergänzen Expertinnen und Experten das politische Tagesgeschehen täglich mit Hintergründen und empirisch belegten Kommentaren, die einen erweiterten Blick auf aktuelle Debatten erlauben.

Das Buch steht hier gratis zum Download zur Verfügung:
www.blog.arbeit-wirtschaft.at/ebook

Posted by Wilfried Allé Tuesday, June 9, 2020 10:27:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher Verteilungsfrage Wirtschaft/Gesellschaft
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Kind in Wien 

Ein Stadtführer für alle, die in Wien mit Kindern zu tun haben

Das Servicehandbuch informiert unter anderem über das Angebot an Kultur-, Freizeit- und Sportaktivitäten für Kinder in Wien – von Puppenbühnen über Museen und Sportstätten bis hin zu Sprachkursen für Kinder – sowie über Ausflugsziele in Niederösterreich und im Burgenland. 

Unentbehrlich für alle Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, Pädagoginnen und Pädagogen: Der Klassiker „Kind in Wien” liefert über 1000 Adressen, Tipps und konkrete Informationen, die das Leben von und mit Kindern in Wien schöner, abwechslungsreicher und einfacher machen.

EAN: 9783854396680
Verlag: Falter Verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Ratgeber/Lebenshilfe, Alltag/Adressbücher, Telefonbücher, Kursbücher, Einkaufsführer
Umfang: 592 Seiten, 35. Auflage
Erscheinungsdatum: 30.05.2020
Preis: € 16,50
Reihe: Kleine Schlaue

 

Ein Stadtführer für alle, die in Wien mit Kindern zu tun haben

Das Servicehandbuch liefert über 1000 Adressen und Tipps:

  • Ferienaufenthalte: mit und ohne elterliche Begleitung
  • Kinderfeste: Locations, Angebote
  • Kinderbetreuung und Spielgruppen: Kindergruppen, -krippen und -gärten, Babysitter etc.
  • Schulen: Privatschulen, Alternativschulen, Schulprojekte, Lernhilfen
  • In Krisenfällen: Unterstützung und Beratung für Kinder und Eltern
  • Krankes Kind: Notfalladressen, Diagnostik, Therapie
  • Essen mit Kindern: eine Auswahl an kinderfreundlichen Lokalen in der Stadt
  • Einkaufen mit Kindern und für Kinder: Kleidung, Secondhandshops, Spielzeug, Bücher u.v.m.

 

Pressetext

Der unentbehrlich Klassiker für Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln, Pädagoginnen und Pädagogen. „Kind in Wien“ liefert über 1000 Adressen, Tipps und konkrete Informationen, die das Leben von und mit Kindern in Wien abwechslungsreicher und einfacher machen.

Das Servicehandbuch informiert unter anderem über das umfangreiche Angebot an Kultur-, Freizeit- und Sportaktivitäten für Kinder in Wien – vom Kindertheater in der Stadt bis zum Ausflugsziel im Grünen, vom Wildbadeplatz bis zum passenden Ort für die Kindergeburtstagsparty.

Weiters finden sich in „Kind in Wien“ Anregungen, Adressen, Telefonnummern und Öffnungszeiten zu den Themen:
▪ Kinderbetreuung: Babysitter, Tagesmütter, Kindergruppen, -krippen und -gärten
▪ Schulen: Privatschulen, Alternativschulen, Schulprojekte, Lernhilfe
▪ In Krisenfällen: Unterstützung und Beratung für Kinder und Eltern
▪ Krankes Kind: Notfalladressen, Diagnostik, Therapie
▪ Einkaufen für Kinder: Spielzeug, Kleidung, Kinderwägen, Secondhandshops
▪ Essen mit Kindern: Kinderfreundliche Restaurants und Lokale

Pressekontakt:
Susanne Schwameis
T: 01/536 60-938
E: schwameis@falter.at

Posted by Wilfried Allé Saturday, June 6, 2020 8:44:00 PM Categories: Alltag/Adressbücher Einkaufsführer Kursbücher Ratgeber/Lebenshilfe Telefonbücher
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Inside Fridays for Future 

Die faszinierende Geschichte der Klimabewegung in Österreich

von Benedikt Narodoslawsky

EAN: 9783854396666
Verlag: Falter Verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Fachbücher
Umfang: 240 Seiten
Erscheinungsdatum: 09.03.2020
Preis: € 24,90

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

„Die Klimakrise zählt zu den größten Herausforderungen der Menschheit, dieser Konsens erstreckt sich vom UN-Generalsekretär über den Papst bis hin zum Weltwirtschaftsforum. Jede Woche gehen Tausende von Schüler*innen auf die Straße. Ihr Leitspruch lautet: „Fridays for Future“.

Die Fridays-for-Future-Bewegung hat global wie auch hierzulande binnen eines Jahres eine historische Dimension bekommen und das Klima-Thema zu einer politischen Top-Priorität gemacht. Das Buch ist gleichzeitig „Erklärstück“ und Standardwerk über die Bewegung in Österreich. Es bringt den Leser*innen die Thematik näher und gibt Hilfestellung, die politische Dynamik der Bewegung und die Klimakrise im Allgemeinen besser zu verstehen.

 

Rezension aus FALTER 11/2020

Die Revolution

Vor einem Jahr wurden Fridays for Future zum politischen Faktor in Österreich. Die unglaubliche Geschichte einer Jugendbewegung

Dezember 2018. Österreichs heißestes Jahr der Messgeschichte geht zu Ende. Die klimaschädlichen Gase sind auf ein Rekordhoch gestiegen. Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) leugnet in einem Interview den menschengemachten Klimawandel. Österreichs Umweltpartei – die Grünen – ist politisch am Boden.

Seit drei Jahrzehnten liegt das Land im klimapolitischen Koma, trotz immer besserer Technologie werden hierzulande so viele Tonnen an Treibhausgasen wie 1990 in die Luft geblasen. Dabei werden die wissenschaftlichen Vorhersagen immer dramatischer: Die Klimakrise gilt als eine der größten Bedrohungen der Erde, sie wird zur Überflutung bevölkerungsreicher Küsten führen, Dürre- und Hungerwellen auslösen, Pflanzen- und Tierarten auslöschen, hunderttausende Hitzetote fordern und Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen. Doch Staatenlenker aus aller Welt setzen im polnischen Katowice gerade die nächste UN-Klimakonferenz in den Sand.

Es scheint in diesem Dezember 2018 alles so zu sein wie immer. Bis auf eine Kleinigkeit. Während der Klimakonferenz in Katowice tritt ein Mädchen ans Rednerpult, das schon einiges hinter sich hat: von Klassenkameraden ausgegrenzt, gemobbt und geschlagen, Depression, Essstörungen. Greta Thunberg, 15 Jahre alt, Asperger-Syndrom, hat den aktuellen Stand der Wissenschaft zur Klimakrise studiert und unerträgliche Angst vor dem Weltuntergang bekommen. Die Schwedin ist unscheinbar, aber hinter dem Mikrofon in Katowice entfaltet sie eine Urgewalt, die bald Europa erschüttern wird.

„Wir sind nicht hergekommen, um die Regierungschefs der Welt zu bitten, dass sie sich kümmern. Sie haben uns in der Vergangenheit ignoriert und werden uns wieder ignorieren“, sagt sie. „Ihnen gehen die Entschuldigungen aus, und uns geht die Zeit aus. Wir sind hergekommen, um Sie wissen zu lassen, dass der Wandel kommt, ob ihnen das gefällt oder nicht.“ Ein Mädchen liest den Mächtigen die Leviten. Das Video ihrer Rede verbreitet sich viral.

Ein Jahr später. Dezember 2019. In wenigen Tagen endet Österreichs innenpolitisch heißestes Jahr der jüngsten Geschichte. Die FPÖ liegt politisch am Boden, die Partei hat sich mit dem Ibiza-Skandal aus der Regierung gesprengt und Neuwahlen ausgelöst. Die Grünen sind aus dieser Wahl so stark wie nie zuvor hervorgegangen, sie verhandeln gerade mit der ÖVP das Klimakapitel für ein neues Koalitionsprogramm.

Eine Woche nach dem Jahreswechsel gelobt Bundespräsident Alexander Van der Bellen die türkis-grüne Bundesregierung an – zum ersten Mal in der Geschichte des Landes sitzen die Ökos an den Schalthebeln der Macht. Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Gelingt das, wird Österreich in Sachen Klimaschutz vom Sorgenkind zum Musterschüler in Europa.

Es scheint, als hätte eine unsichtbare Macht die Republik an den Beinen gepackt, durchgerüttelt und auf den Kopf gestellt. Was ist da passiert?

Blicken wir noch einmal zurück, in den Dezember 2018. Nicht nur Thunberg ist ins Tagungszentrum von Katowice zur UN-Klimakonferenz gekommen, auch drei österreichische Studierende sind angereist, um dort etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen. Sie treffen dort Thunberg, die mit ihrem Schild „Skolstrejk för klimatet“ auf dem Gang sitzt. Nur wenige Tage nachdem die Schwedin ihre Rede bei der Klimakonferenz gehalten hat, gehen die drei Studierenden mit selbstgebastelten Schildern in Wien auf die Straße. Sie haben sich Thunbergs Schulstreik fürs Klima angeschlossen, obwohl sie selbst längst nicht mehr zur Schule gehen.

Die neu gegründete Bewegung Fridays for Future Vienna ist in einem Wiener Café eher spontan entstanden und besteht zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen aus einer Facebook- und einer Instagram-Seite. Die erste Fridays-Demo in Österreich am 21. Dezember 2018 auf dem Wiener Heldenplatz dauert sechs Stunden, aber zu keinem Zeitpunkt werden gleichzeitig mehr als 50 Demonstranten zu sehen sein. Das sieht nicht so aus, als ob hier gerade Geschichte geschrieben würde, sondern eher wie zwei Maturaklassen, die sich dazu entschlossen haben, heute ein bisschen Lärm zu schlagen.

Genau daraus entwickelt sich binnen weniger Wochen eine Massenbewegung, die Österreichs politische und mediale Landschaft verändern wird. Von Wien schwappt die Protestwelle in die Landeshauptstädte, zunächst nach Innsbruck, dann Linz, dann Salzburg und Graz. Bis auf eine große Veranstaltung in der Steiermark bleiben die Demonstrationen bis Anfang März 2019 allesamt nahezu unter der Wahrnehmungsschwelle. Obwohl Greta Thunberg und Fridays for Future immer berühmter werden, kommen zu den Demos in Österreich nur einige Menschen. Wenn es sehr gut läuft, über 100.

Und dann macht es bumm. 15. März 2019, der erste globale Klimastreik. Rund 1,6 Millionen Menschen demonstrieren an diesem Tag auf der Welt für mehr Klimaschutz. Allein in Wien sind es – je nach Zählung – zwischen 10.500 und 30.000. Es ist die größte Klimakundgebung, die die Repu­blik bis dahin gesehen hat.

Der 15. März 2019 ist der D-Day der jungen Bewegung, er macht sie über Nacht zum innenpolitischen Faktor. Die Klimaschützer bekommen Audienzen beim Bundespräsidenten, beim Bildungsminister und bei der Umweltministerin. Mit dem Gewicht kommen die ersten Unstimmigkeiten innerhalb der einzelnen Fridays-Ortsgruppen in Österreich. Sie beginnen, sich zu vernetzen und gemeinsam das Land zu verändern. Und sie tun das gleich mehrfach.

Da ist zum Beispiel die Wissenschaftscommunity. Jahrzehntelang sprachen die Forscher zurückhaltend und leise über die zunehmend alarmierenderen Erkenntnisse zur Klimakrise. Im Jahr der Fridays verlassen sie ihren Elfenbeinturm. Als Politiker der jungen Klimabewegung die Kompetenz in Klimafragen absprechen, reicht es den Wissenschaftlern. Sie beschließen anlässlich des ersten globalen Streiks Mitte März, gemeinsam ein starkes Zeichen zu setzen und der jungen Klimabewegung den Rücken zu stärken. Sie gründen – angelehnt an den Namen der Klimabewegung – die Scientists for Future und erklären öffentlich, dass die Jugendlichen mit ihrer Kritik an der Politik recht haben. Mehr als 26.800 Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum schließen sich Scientists for Future an.

Die Dynamik entwickelt eine derartige Wucht, dass manche von ihnen in Österreich sogar Wahlwerbung für die Grünen machen. Der Klimaforscher Gottfried Kirchengast, der als einziger Wissenschaftler im Nationalen Klimaschutzkomitee sitzt, macht hingegen genau das Gegenteil von Wahlwerbung. Er kanzelt ÖVP-Chef Sebastian Kurz öffentlich ab. Kurz sei „nicht staatsmännisch“, das Klimaschutzprogramm der ÖVP eine „ziemlich dreiste Irreführung der Bevölkerung“. Das sind völlig neue Töne aus den Universitäten. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Wissenschaftler habe „durch Fridays for Future eine enorme Blüte erlebt“, sagt Kirchengast rückblickend, „das war eine Formung in der Community“.

Mit Großdemonstrationen machen die Fridays die Klimakrise im Wahljahr zum bestimmenden Thema in den Medien. Die Aufmerksamkeitsexplosion veranschaulichen folgende Zahlen, die zeigen, wie oft die Nachrichtenagentur APA und die zehn größten österreichischen Tageszeitungen insgesamt über das Thema Klimawandel berichtet haben:

Im Jahr 2017: 5202 Artikel.

Im Jahr 2018: 5721 Artikel.

Im Jahr 2019: 14.323 Artikel.

„Es sind irre Zugriffszahlen, die sich da entwickelt haben“, sagt Standard-Redakteurin Nora Laufer, die regelmäßig über Klimathemen berichtet, „das können wir genau nachverfolgen. Ich schreibe die gleichen Klimageschichten wie vor zwei Jahren, aber auf einmal lesen das um ein Vielfaches mehr Leute.“

International schließen sich 250 Medien zur Klimajournalismus-Initiative „Covering Climate Now“ zusammen. Auch hierzulande setzt es Schwerpunkt um Schwerpunkt. Der ORF erschafft etwa den „Klima-Tag“ und sendet zehn Stunden Programm zum Klimawandel, die Kronen Zeitung startet die Kampagne „Klimakrise“ und ändert ihre Sprache. „Die Formulierung ,Klimawandel‘ wird man in der Krone in der Regel jetzt nicht mehr finden“, sagt Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann, „wir sehen das als Klimakrise oder Klimaschock.“ Österreichs bekannteste Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb bekommt eine eigene Krone-Kolumne – und das ist ihre Idee. „Es war uns irgendwie klar, dass wir an die Menschen herankommen müssen, an die wir sonst nie herankommen“, sagt die Klimaforscherin, „denn die kommen nicht zu unseren Vorträgen.“

Zwei Tage vor der Nationalratswahl 2019 geht die bislang größte Machtdemonstration der Klimabewegung über die Bühne. Je nach Zählung bringen die Fridays mit ihren Allianzpartnern beim Earth Strike zwischen 70.000 und 150.000 Menschen in Österreich auf die Straße. Am 28. September 2019 – also einen Tag vor der Wahl – füllen die Bilder der Massenkundgebung die Titelseiten quer durch die Zeitungslandschaft.

Die Nationalratswahl einen Tag später wird zur Klimawahl. Die Wahlbefragung zeigt: Über kein Thema haben die Menschen mehr gesprochen als über Umwelt- und Klimaschutz. „Es wäre ja nicht so gewesen, dass dieser Wahlkampf nicht ein Thema gehabt hätte: Ibiza, die Parteifinanzen, die Spesendebatte um Strache – das war durchaus ein starkes Konkurrenzthema“, sagt der Politikexperte Christoph Hofinger vom Sora-Institut, „aber Umwelt- und Klimaschutz sind im Verlauf des Sommers über die anderen Themen hinausgewachsen.“

Noch am Wahlabend des 29. September stellt ein ORF-Journalist dem grünen Spitzenkandidaten Werner Kogler folgende Frage: „War das eigentlich Ihr Sieg, oder ist das auch ein bisschen der von Greta Thunberg?“ Kogler, der drei Monate später als erster grüner Vizekanzler der Republik angelobt wird, antwortet: „Es war jedenfalls ein ,Sunday for Future‘.“

Benedikt Narodoslawsky in FALTER 11/2020 vom 13.03.2020 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Saturday, June 6, 2020 2:34:00 PM Categories: Fachbücher
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Das Glücksdiktat 

Und wie es unser Leben beherrscht

von Edgar Cabanas, Eva Illouz

Übersetzung: Michael Adrian
Verlag: Suhrkamp
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 242 Seiten
Erscheinungsdatum: 27.10.2019
Preis: € 15,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Glück lässt sich lernen. Das will uns die boomende Glücksindustrie weismachen. Und so explodiert seit den neunziger Jahren die Zahl der Glücksseminare, Glücksratgeber und Happiness-Indizes. Heute liegt es an uns selbst, negative Gefühle zu blockieren, uns selbst zu optimieren und Achtsamkeit zu praktizieren. Dann – so das Heilsversprechen – kommt auch das Glück. Doch was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn der Staat sich zunehmend nicht mehr für soziale Gerechtigkeit oder ein funktionierendes Gesundheitssystem zuständig fühlt und den Bürgerinnen und Bürgern einer ultra-individualistischen Gesellschaft die gesamte Verantwortung für das eigene Schicksal übertragen wird?Die israelische Soziologin Eva Illouz und der spanische Psychologe Edgar Cabanas beschreiben in ihrem scharfsinnigen Essay erstmals das gefährliche Potential, das sich hinter der millionenschweren Glücksindustrie verbirgt – und zeigen auf, wer die Nutznießer und wer die Verlierer dieses vermeintlich positiven Trends sind. Edgar Cabanas ist Professor für Psychologie an der Camilo-José-Cela-Universität in Madrid und assoziierter Wissenschaftler am Zentrum für Geschichte der Gefühle des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. Eva Illouz, geboren 1961, ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique, CSE-EHESS in Paris.

 

Rezension von Stephanie Metzger

Jeder ist seines Glückes Schmied: Dieses Sprichwort hat derzeit Hochkonjunktur. Glück ist eine Art Lifestyle geworden, wer keins hat, ist selbst Schuld. In "Das Glücksdiktat" zeigen Eva Illouz und Edgar Cabanas, wie verhängnisvoll dieses Ideen sind.

Es gibt sie, die Formel für das Glück: Glück = V + L + W. Aufgestellt hat sie Martin Seligman, Chefalchimist der sogenannten "Positiven Psychologie". Die Ingredienzien: vererbtes Glückspotential, Lebensumstände und der Willen zum Glück. Gemischt im prozentualen Verhältnis von 50 zu 10 zu 40 wird Glück in dieser Formel zu einer ziemlich individuellen Sache, die wir herstellen können – und die nur wenig von sozialen Umständen abhängt.

Die Message: Glück ist steuerbar

Eine echte Glücks-Verheißung, diese Glücksformel, könnte man meinen. Und in Zeiten analoger, viel lieber aber noch digitaler Selbstdarstellung und Selbstoptimierung der Baustein für ein gelungenes Leben. Denn, so die Diagnose von Eva Illouz und Edgar Cabanas in ihrem Buch "Das Glücksdiktat": Wir alle wollen oder besser sollen heute vor allem eines: glücklich sein! Oder mit anderen Worten: narzisstische Konsumenten. "Glück ist zu einer Art Lifestyle geworden," erklärt Edgar Cabanas, "individualistisch, konsumorientiert und uns immer auf unser Innenleben zurückwerfend. Permanent sollen wir auf unsere Gefühle, Gedanken, Empfindungen usw. hören. Das ist auch eine sehr konservative Idee, die sagt, man kann sein Leben einfach dadurch ändern, dass man sich selbst ändert und nicht die Verhältnisse".

"Glücksdiktat" nennen der spanische Psychologe Cabanas und die israelische Soziologin Illouz den Motor hinter einem Lifestyle, der die Kategorie "Glück" zu seinem obersten Prinzip erklärt. Sie zeichnen nach, wie sich die Positive Psychologie seit den 1990er-Jahren mit ihren Lehren von Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und der Transformation negativer Gefühle im akademischen Feld etablieren konnte. Und wie sie zugleich im Verbund mit Glücksforschung und Glücksökonomie Glück zu einer steuerbaren, berechenbaren und vor allem verkäuflichen Variablen formte. Ein Prozess, methodisch gestützt von Stimmungsanalysen und digitaler Selbstvermessung, bildgebenden Verfahren in der Hirnforschung und Big Data. Erst so konnte Glück überhaupt zum messbaren Gegenstand einer ganzen Industrie werden.

Das Geschäft mit dem Glück

Glück bestimmt den Markt und wird ein Mitspieler der Macht, so Edgar Cabanas: "Glück ist tief verstrickt in die Strukturen der Macht. Es wird zum Argument in Entscheidungsprozessen, etwa im Unternehmensmanagement. Dann soll Glück dafür stehen, was gut für uns ist, was gesund ist, was uns zum Erfolg bringt. Mit Glück wird aber auch Ungerechtigkeit gerechtfertigt. Und es wird zum Schlüsselbegriff bei der Lösung komplexer politischer Probleme, die aber eben nicht nur dadurch gelöst werden können, dass man sich auf das Wohlergehen oder die Gefühlslage der Bevölkerung beruft."

Wenn Glück höchst individualistisch aufgefasst, als solches aber zugleich zum Index des gesellschaftlichen Gemeinwohls erklärt wird, ist Sozialabbau leicht zu rechtfertigen. Wenn Entlassungen zur Chance in der persönlichen Entwicklung und diese wiederum zur Voraussetzung von Glück mutiert, können sich Arbeitgeber aus sozialer Verantwortung zurückziehen. Noch dazu, wenn der neue "Psychobürger", den die Autoren mit dem Glücksdiktat aufsteigen sehen, gerade deshalb glücklich ist, weil er seine Gefühle im Griff hat, sich im "personal branding" seinem authentischen Selbst anzunähern glaubt oder nach persönlicher Optimierung strebt. Alles Eigenschaften, die sich sehr geschmeidig ins neoliberale Narrativ von Flexibilität, Mobilität und Wettbewerb einpassen. Wer glücklich ist, ist selbst dafür verantwortlich. Aber, wer leidet eben auch. Eine gefährliche Idee: "Wenn man Glück als eine Wahl versteht," so Canabas, "dann wird auch das Leiden zu einer Wahl. Dann leidet man entweder, weil man leiden möchte, oder, weil man es verdient hat, weil man eben nicht alles dafür tut, das Leid zu überwinden."

Die Jagd nach Glück entpolitisiert und entsolidarisiert

Mit viel Engagement für eine solidarische Gesellschaft machen Eva Illouz und Edgar Cabanas die Jagd nach dem Glück als Prozess der Entpolitisierung transparent. Soziale Verantwortung, Empathie oder gesellschaftskritisches Denken gehen in diesem Prozess verloren, der selbst nur immer mehr Unglück erzeugt. Weil es eben immer noch besser, harmonischer und authentischer geht. Es sind keine unbekannten Diskurs-, Macht- und Marktmechanismen, die die Autoren aufschlüsseln. Aber wie präzise und mit welcher politischen Schärfe sie aufzeigen, was eine reduktionistische Auffassung von Glück an sprachlicher Manipulation in Unternehmenskulturen, an Entsolidarisierung oder Vermarktung ermöglicht, ist so erhellend wie alarmierend.

Denn eigentlich wissen wir ja nicht erst, seitdem wütende junge Menschen eine entschiedene Klimapolitik einfordern, dass "unglückliche" Gefühle wie Frust, Angst oder Wut sozialen Wandel, oder sollte man sagen "Glück" befördern können. Glück, so anstrengend das sein mag, ist eben doch keine Formel, sondern das Ergebnis politischer Aushandlung: "Wir sehen ja, dass die Menschen Veränderung wollen und gegen diese Ideen zu kämpfen beginnen. Sie wehren sich gegen all die Konzepte und falschen Versprechungen. Nur so kann das Glücksdiktat torpediert werden. Und um das zu befördern, muss man diese falschen Versprechungen erst einmal durchdringen, die Lügen und die Konzepte von Glück dahinter. Wir Wissenschaftler können keine Definition von Glück liefern, denn Glück ist eine politische Idee, sie muss demokratisch ausgehandelt werden. Die Bürger, nicht Soziologen müssen entscheiden, was Glück ist."

Posted by Wilfried Allé Wednesday, June 3, 2020 9:11:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Mythos Bildung 

Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft

von Aladin El-Mafaalani

Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 13.02.2020
Preis: € 20,60

 

Rezension aus FALTER 23/2020

Vom Start weg nicht mit gleichen Chancen unterwegs

Seit es internationale Bildungsvergleichsstudien gibt, vor allem seit der ersten PISA-Testung im Jahr 2000, wissen wir, dass hierzulande die Bildungsungerechtigkeit größer ist als in den meisten vergleichbaren Ländern. Daran hat sich seither wenig geändert. In den letzten Wochen hat uns die Coronakrise mit aller Vehemenz darauf hingewiesen. Einige Wochen vorher ist dazu ein Buch erschienen, das aktueller nicht sein könnte. Der Erziehungswissenschaftler und Soziologe Aladin El-Mafaalani, der an der Universität Osnabrück den Lehrstuhl für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft innehat, behandelt zwar die Situation in Deutschland, doch lässt sich fast alles eins zu eins auf Österreich übertragen, mit Ausnahme der weitaus höheren Kompetenzen der deutschen Länder. El-Mafaalani weist anhand von zahlreichen Studien (beeindruckende 20 Seiten Literaturverzeichnis) nach, dass der Zusammenhang zwischen Herkunft und Zukunftschancen in kaum einem anderen vergleichbaren (OECD-)Land so hoch ist wie in Deutschland. Von Chancengleichheit könne aber nach wie vor keine Rede sein. Diese Ungleichheit ist strukturell zugrunde gelegt. Ein in den Grundzügen meritokratisches System wie das deutsche fokussiert auf die tatsächlich entwickelten Kompetenzen und Leistungen und sieht Chancengleichheit dann gegeben, wenn jeder Mensch nach seinen Fähigkeiten in der Gesellschaft positioniert ist. Inwieweit aber wirklich gleiche Startchancen vorlagen, wird nicht gefragt. Hier beginnen aber genau die Probleme, denn Kinder mit schlechten Startchancen kommen bereits mit erheblichen Entwicklungsrückständen in die Grundschule, an deren Ende sind es zwei Jahre. Aber nicht nur das: Studien (auch für Österreich) weisen nach, dass diese Kinder selbst bei gleichen Leistungen strenger beurteilt werden. Besonderes Gewicht hat auch die Rolle der Eltern, deren aktive ­Mitarbeit an der ­Leistungsentwicklung der Schüler und Schülerinnen im System vorausgesetzt wird, wodurch sich die Tendenz zur „Vererbung“ von Bildungsaffinität und sozialer Ungleichheit weiter verstärkt. ­Gleichzeitig wird das traditionelle Familienbild konserviert, klassische Rolle der Frau inbegriffen. Scharf kritisiert El-Mafaalani auch das Festhalten an der Halbtagsschule, die die Institution Schule bis heute prägt und die Gleichstellung von Mann und Frau nachhaltig beeinträchtigt. Die frühe Trennung im Alter von zehn Jahren hat klar belegbare Effekte hinsichtlich sozialer Ungleichheit, wenngleich keine Wirkung auf die Leistungsfähigkeit eines Schulsystems insgesamt nachgewiesen werden konnte. Wie kann man es besser machen? Dazu bringt der Autor im letzten Kapitel eine Reihe von sehr brauchbaren Ansatzpunkten, wie die Fokussierung auf den Bereich der Frühkindförderung und die Grundschule sowie darauf, was er die „Mikrosysteme“ von Schulen nennt. Interdisziplinäre und multiprofessionelle Teams arbeiten an den jeweiligen Standorten in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Elterngespräche müssen verstärkt stattfinden, allerdings anlasslos und niederschwellig. Das Ziel, die Chancen von Kindern aus benachteiligten Elternhäusern und Milieus zu verbessern, darf nicht gegen die Eltern verfolgt werden, sondern muss mit ihnen umgesetzt werden. Dafür braucht es einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Nicht nur in Deutschland, sei mit Nachdruck angemerkt. Fazit: „Mythos Bildung“ ist ein ausgesprochen wichtiges Buch und nicht nur allen Interessierten zur Lektüre empfohlen, sondern vor allem den politisch Verantwortlichen. Höchste Zeit nämlich, dass das Thema Gerechtigkeit und Chancengleichheit in der Bildung endlich zum vorrangigen Bildungsziel wird.

Heidi Schrodt in FALTER 23/2020 vom 05.06.2020 (S. 15)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, June 3, 2020 7:36:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Resilienz im Krisenkapitalismus 

Wider das Lob der Anpassungsfähigkeit

von Stefanie Graefe

Verlag: transcript
Format: Taschenbuch
Genre: Soziologie/Sonstiges
Umfang: 234 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.09.2009
Preis: € 19,99

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Ob Stress, Erschöpfung, Armut, Klimawandel oder Neoautoritarismus: Die Krisenförmigkeit des Gegenwartskapitalismus ist unübersehbar. Mit »Resilienz« wird vor diesem Hintergrund nicht zufällig eine Norm der Selbst- und Menschenführung populär, die die flexible Anpassungsfähigkeit von Subjekten und Systemen an eine prinzipiell krisenförmige Umwelt propagiert. Wer resilient ist, so die Botschaft, bleibt auch in unsicheren Zeiten erfolgreich, glücklich und gesund. Gesellschaftliche Strukturbedingungen werden dabei tendenziell unsichtbar.
Stefanie Graefe unterzieht die aktuelle Konjunktur der Resilienz einer kritischen Überprüfung und fragt nach dem Preis, den wir für das Lob der Krisenfestigkeit zahlen müssen. Stefanie Graefe ist Privatdozentin und Soziologin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie forscht und lehrt mit den Schwerpunkten Arbeit und Gesundheit, Politische Soziologie, Subjekttheorie, Biopolitiken und Qualitative Sozialforschung.

Posted by Wilfried Allé Sunday, May 31, 2020 6:16:00 PM Categories: Soziologie/Sonstiges
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Das große Welttheater 

Von der Macht der Vorstellungskraft in Zeiten des Umbruchs

von Philipp Blom

Verlag: Zsolnay, Paul
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 128 Seiten
Erscheinungsdatum: 25.05.2020
Preis: € 18,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:


„Das große Welttheater ist ein Ort, an dem die Welt sich neu erfinden kann.“ Philipp Bloms Analyse der gegenwärtigen Umbrüche

Wir leben in der besten aller Welten: Nie zuvor gab es so lange Frieden bei uns, nie waren wir so reich, so sicher. Diese Geschichten erzählen wir uns selbst. Was aber, wenn sie nicht der Wirklichkeit entsprechen? Wenn die Demokratien bröckeln, der Hass zwischen den sozialen Gruppen wächst, das Wirtschaftswachstum stagniert, die Gefahr einer Klimakatastrophe steigt? In seinem großen Essay zeigt Philipp Blom, wie es möglich ist, dass der Westen nicht trotz, sondern wegen Frieden und Wohlstand in einer Krise steckt. Nichts in unserer Vergangenheit hat uns darauf vorbereitet. Die Zeichen stehen auf Sturm, und der Kampf um die Zukunft wird auch ein Kampf der Geschichten sein, vor aller Augen, auf der Bühne des Welttheaters.

Posted by Wilfried Allé Saturday, May 30, 2020 11:55:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Warten 

Eine verlernte Kunst

von Timo Reuter

Verlag: Westend
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 240 Seiten
Erscheinungsdatum: 04.11.2019
Preis: € 18,50

 

Rezension aus FALTER 20/2020


Warten müssen wir alle lernen: sei es auf den Zug, den mächtigen Ansprechpartner oder auf bessere Zeiten. Timo Reuter, der zuletzt ein Plädoyer für das bedingungslose Grundeinkommen vorgelegt hat, beschäftigte sich bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise, die viele als kollektiven Wartesaal erleben, mit der Unruhe, die durch äußere Ruhigstellung entsteht. Dabei verarbeitet er psychologische Studien und ergänzt sie durch viele präzise Alltagsbeobachtungen, historische Beispiele sowie griffige Zitate.

„Geduld ist die Tür zur Freude“ lautet ein altes Sprichwort. Und so gibt es abschließend noch zehn „Lektionen gegen die Zeitnot“: Bei Empfehlungen von Achtsamkeit bis Langsamkeit neigt sich das Ende des Buchs steil Richtung Ratgeber. Doch man kann es dem ambitionierten Autor nicht übelnehmen. Reuters Auseinandersetzung mit allen Schattierungen des Wartens verleiht der zähen Zeit Farbe.

Andreas Kremla in FALTER 20/2020 vom 15.05.2020 (S. 34)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, May 13, 2020 12:08:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Populismus für Anfänger 

Anleitung zur Volksverführung

von Walter Ötsch, Nina Horaczek

Verlag: Westend
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.08.2017
Preis: € 18,50

 

Rezension aus FALTER 32/2017

Steh zu deinen Werten!

Walter Ötsch und Nina Horaczek sezieren die Tricks der Demagogen – und erklären, wie man mit ihnen umgehen soll

Sie mögen sich vielleicht fragen, ob es ein solches Buch in Österreich unbedingt gebraucht hat: „Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung“. Wir hier in Österreich sind ja ohnehin unfreiwillige Experten auf diesem Feld: Seit 30 Jahren, seit dem Amtsantritt Jörg Haiders, sind wir den rhetorischen und den narrativen Tricks der Demagogen ausgesetzt und entsprechend mit ihnen vertraut.
Wozu das also? Und außerdem, mögen Sie schließlich zu bedenken geben, wollen Sie ja gar kein Populist und Volksverführer werden. Wozu also eine Anleitung dazu?

Aber die Antwort ist einfach: Weil man die Tricks durchschauen muss, um auf sie angemessen reagieren zu können. Der Populist will spalten – und wer rein emotional reagiert, läuft ihm schon ins Messer.
Hier haben sich zwei Autoren gefunden: Nina Horaczek, Falter-Journalistin, eine Expertin auf dem Gebiet der rechten Politik und exzellente Schreiberin. Walter Ötsch wiederum ist Universitätsprofessor, Kommunikationstrainer, wahrscheinlich der ausgewiesene linke NLP-Trainer. Er hat schon Politiker gegen Jörg Haider erfolgreich gecoacht und vor einem Jahr in Falter-Videos die Hofer-Auftritte minutiös seziert.
Das Buch ist nun tatsächlich im Stil der Ratgeberliteratur geschrieben. „Wenn sie Populist werden wollen, dann tun sie dies und das ...“
Man kann das einen erzählerischen Kunstgriff nennen: denn natürlich richtet sich das Buch nicht an Möchtegern-Populisten. Aber gerade der Kunstgriff erlaubt eine Nüchternheit. Nie wird die Schrecklichkeit der Populisten gegeißelt, sondern deren Geschick herausgestrichen.

Die populistische Rhetorik spaltet die Welt in ein „Wir“ und ein „Sie“. Wir – „das Volk“ – gegen sie – „die Anderen“ (Ausländer, Flüchtlinge, Eliten, der politische Gegner, die Gutmenschen ...). Reines Schwarz-und-Weiß.
Das Volk, das eigentlich nicht existiert (in der Realität gibt es nur eine buntscheckige Bevölkerung), wird gleichsam erfunden, und oft wird die große Mehrzahl der Bevölkerung aus dem Volk ausgemeindet. Eine absurde Operation – aber sie funktioniert.
Konzentriere dich auf Einzelfälle. Verwandle Sachprobleme in Personenprobleme.
Wenn in einer komplexen Welt manche Dinge nicht gut funktionieren, erzähle, dass irgendein korrupter Typ dafür verantwortlich ist, den man auf der menschlichen Ebene unbedingt abwerten muss. Dinge sind nicht einfach schlecht, jemand muss auf persönlicher Ebene unbedingt Schuld daran tragen. Geriere dich als Opfer. Dann ist selbst die aggressivste Rhetorik nichts als Notwehr einer verfolgten Unschuld. ­Spiele auf der Klaviatur der Gefühle, auf Body-Talk. Dominanzgesten, Erfolgsgesten, Aggressivität und Schwung zeigt man am besten nonverbal. Verstehe, dass man „sprechen“ kann, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Erst im letzten Kapitel springen Autor und Autorin in die andere Perspektive – wie man kontern soll.
Zeige nicht deinen Ärger, bleibe ruhig. Nichts hilft dem Populisten mehr, als wenn er dich auf sein Terrain lockt und dort zur Weißglut treibt.
Unterlaufe seinen Stil, wechsle die Ebene, etwa, indem man direkt anspricht, dass er mit permanenten persönlichen Unterstellungen kommt.
Hinterfrage sein Schwarz-Weiß-Bild.
Und vor allem: Stehe zu deinen Werten. Passe dich dem Diskurs, den der Populismus etabliert, nicht an. Schon aus dem einen Grund: „Wer schon bei leichtem Gegenwind ins Wanken gerät, darf sich nicht wundern, wenn ihm niemand vertraut.“
Denn das Publikum, mag es auch anderer Meinung sein als du, wird nichts mehr verabscheuen als Wendehalsigkeit. Wenn du zeigst, dass du nicht zu deinen Werten stehst, kann der Populist eine Champagnerflasche aufmachen – dann hast du nämlich seine Behauptung bestätigt, dass du für nichts stehst und für den Machterhalt alles tun würdest.

Robert Misik in FALTER 32/2017 vom 11.08.2017 (S. 15)

 

Rezension aus FALTER 8/2020

Einmal Diskurs zertrümmern, bitte

Message-Control, das konzertierte Durchhalten einer Botschaft auf allen Kanälen durch alle Protagonisten, ist das eine. Aber wie versuchen sich Politiker einer Partei mit ihrer Sicht der Dinge in der veröffentlichten Meinung durchzusetzen? Welche rhetorischen Techniken wenden sie an, wie weichen sie Kritik aus, welche übergeordneten Kommunikationsziele verfolgen sie dabei? Anhand der – durch einen Bericht des Falter ausgelösten – Debatte über die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz lässt sich das exemplarisch darstellen.

Zur Erinnerung: In einem Hintergrundgespräch hat Kanzler Sebastian Kurz seinen Unmut über die seiner Meinung nach schleppende und parteiisch agierende Justiz, allen voran die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), geäußert. Der Falter-Bericht führte zu einer breiten Debatte, in der Folge gab Kurz mehrere Fernsehinterviews im ORF und bei den Privatsendern Puls 4 und Servus TV, Kanzleramtsministerin Karoline Edt­stadler verteidigte die ÖVP-Linie in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“.

Gemeinsam mit dem Kommunikationsexperten Walter Ötsch (Autor des Buches „Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung“, zusammen mit Falter-Autorin Nina Horaczek) haben wir Edtstadlers Auftritt am Sonntag, dem 9. Februar, und Kurz’ Auftritt bei Armin Wolf in der „ZiB 2“ tags darauf am Montag, dem 10. Februar, analysiert, zehn typische Kommunikationsmuster herausgegriffen und sie als Anleitung zur Diskurszertrümmerung aufgeschrieben.

1. Basteln Sie sich eine Verschwörungstheorie!

„Jetzt gibt es ein Dokument, das das belegt, und der Justizsprecher der SPÖ hat das sogar zugegeben.“ (Kurz zu Wolf)

„Jarolim (…) hat auch gesagt, es gab eine Strategie. Das ist die Gefahr, dass von einer Parteizentrale aus hier Richterinnen, Staatsanwältinnen geleitet und gelenkt werden sollen.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

„Also schauen Sie, Herr Wolf, wenn jemand mit 25 gepusht worden ist von der Sozialdemokratie vor 20 Jahren in die Justiz, dann rechnen wir gemeinsam einmal nach, wie alt der 20 Jahre später ist, dann ist der heute 45, also im besten Alter …“

(Kurz zu Wolf, wortgleich auch im Interview mit Corinna Milborn auf Puls 4)

Erinnern Sie sich an Ihre Gesprächsstrategie (Punkt 2): Für Ihre gezielte Aktion bzw. Attacke ist es am besten, wenn Sie einen vermeintlichen Beleg in der Hand haben. Medien lieben Aktenstücke, Verschriftlichtes, noch besser sind Bewegtbilder. In Ihrem Fall ist es zwar ein schon etwas angejahrter Aktenvermerk aus der Anwaltskanzlei Gabriel­ Lansky aus dem Jahr 1997, aber das ist fürs Erste egal. Spielen Sie es am besten Journalisten Ihres Vertrauens zu und verkaufen Sie es ihnen als „Skandal“. Dann bringen Sie Ihren politischen Gegner dazu, die Authentizität des Schriftstücks nicht widerlegen zu können, und wiederholen Sie Ihre Verschwörungstheorie in weiterer Folge, so oft es geht (Kanzleramtsministerin Edtstadler schaffte es im Zentrum drei Mal, das ist die goldene Regel!). Immer mit dem Hinweis, die SPÖ habe es ja gar nie bestritten. Bei Zweifel argumentieren Sie mit vermeintlicher Evidenz. Kopfrechnungen, die jeder nachvollziehen kann. Oder eine gefällige Studie oder Statistik, die Sie selektiv wiedergeben.

2. Stay on the message!

„Herr Wolf, Ihre erste Frage war, ob ich belegen kann, was ich kritisiert habe, und ich kann nur sagen, ja, ich kann es belegen, und ich finde es gut, dass es die Debatte gegeben hat …“

(Kurz zu Wolf)

„Ich glaube, keiner in dieser Runde würde behaupten, dass das BVT-Verfahren so abgelaufen ist, wie es lege artis ablaufen sollte.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

„Es hat mir keiner widersprochen, dass das BVT-Verfahren ordnungsgemäß gelaufen ist.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

Das ist Ihre Gesprächstaktik: Bleiben Sie bei Ihrer allgemeinen Botschaft, und wiederholen Sie sie mindestens drei Mal, gleich am Anfang, am Ende und idealerweise zwischendurch einmal mit dem unterstützenden Hinweis, dass Sie doch alles schon beantwortet und aufgeklärt haben und Ihnen niemand widersprochen hat.

Und das ist Ihre Kommunikationsstrategie: 1) Sie haben eine Hidden Agenda, also eine Grundintention, die aber nicht offengelegt wird. Im aktuellen Fall: Sie wollen das Vertrauen in die Justiz schwächen. 2) Sie überlegen sich dazu eine gezielte Aktion, konkret:
Sie greifen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an. 3) Sie kreieren eine allgemeine Botschaft, die das Gegenteil Ihrer Hidden Agenda ist: Ich bin gegen politische Einmischung in die Justiz, sie muss unabhängig sein.

Dazu analysiert Walter Ötsch: „Nach diesem Muster laufen viele politische Kampagnen ab. Die eigentliche politische Absicht wird verschleiert.“

3. Kontrollieren Sie das Gespräch!

Also zunächst möchte ich auf das eingehen …“

(Kurz zu Wolf)

„Ich fand den heutigen Termin sehr positiv – darf ich Ihnen nur ein paar Punkte nennen?“

(Kurz zu Wolf)

Nicht der Moderator, sondern Sie kon­trollieren das Gespräch. Lassen Sie sich nicht moderieren, sondern moderieren Sie selbst. Geben Sie sich selbst recht, schaffen Sie Konsens, agieren Sie auf der sogenannten „Prozessebene“ des Gesprächs. Bleiben Sie dabei aber stets freundlich und höflich. Legen Sie diese Gesprächsrangordnung gleich am Anfang fest, indem Sie auf die erste Frage nicht direkt antworten, sondern Ihre zentrale Botschaft absondern (siehe Punkt 2).

„Sebastian Kurz versteht es sehr gut, mit sogenannten ,Prozesskommentaren‘ die Gesprächskontrolle zu behalten“, sagt Walter Ötsch, „Moderator Armin Wolf hält klug dagegen, indem er selbst Kurz’ Verhalten auf der Prozessebene thematisiert. Als Reaktion wechselt Kurz dann gerne zurück auf die inhaltliche Ebene, um – wenn es für ihn gewinnbringender ist – zurück auf die Prozessebene zu gehen. So entsteht am Ende natürlich nie ein tatsächliches Gespräch, sondern eine Art Pingpong auf zwei Ebenen.“

4. Lenken Sie bei Angriffen ab!

„Ja, was soll ich zu einem Berlusconi-Vergleich sagen? Ich glaube, Berlusconi ist über zehn Mal in einem Strafverfahren verurteilt worden, mich jetzt mit Berlusconi zu vergleichen …“ (Kurz zu Wolf)

„Ich finde ja eine Diskussion über diese Prozedere sehr, sehr sinnvoll.“ (Kurz zu Wolf)

Ideal ist es, wenn Ihre Gegner zu Metaphern greifen wie etwa der erste Chef der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der gemeint hat, der Druck, der jetzt durch Sie auf die Justiz aufgebaut werde, erinnere ihn an Silvio Berlusconi. Greifen Sie die Metapher auf und interpretieren Sie sie falsch oder andersrum und stilisieren Sie sich dabei auch gleich zum Opfer. Wenn Sie von Ihrem Gegenüber in die Enge getrieben wurden, berufen Sie sich umgehend darauf, wie wichtig und sinnvoll es doch ist, über all das zu sprechen.

5. Greifen Sie auch einmal den Moderator an!

„Sie können mir viel unterstellen, Herr Wolf, nur das macht es nicht richtiger.“ (Kurz zu Wolf)

„Ja, dann geben Sie mir eine Chance, das zu beantworten.“ (Kurz zu Wolf)

Wenn es Ihnen zu bunt wird, schüchtern Sie den Moderator ein, indem Sie ihn direkt angreifen, mit Namen, auf Augenhöhe. Die Zeiten, in denen sich Politiker von den Medien, vor allem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, alles gefallen lassen mussten, sind vorbei. Sie sind selbst das Medium, Sie können Ihre Botschaften auf Ihren eigenen Kanälen trommeln, in Sendungen gehen, die Ihnen mehr Spielraum geben, etwa ins Privatfernsehen. Zeigen Sie also Ihren Anhängern, wie unfair die abgehobene, linke Medienelite mit Ihnen umgeht.

6. Lassen Sie sich überhöhen!

„Ich habe Ihnen gesagt, dass der Bundeskanzler das auch so nicht gesagt hat.“ (Edtstadler zu Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in „Im Zentrum“)

Sie müssen der unumstrittene Star sein, Ihre Minister umringen Sie wie „Jünger“. Eine Kanzleramtsministerin wie Karoline Edtstadler erfüllte diese Rolle in „Im Zentrum“ geradezu musterhaft. Immer wenn Sie angegriffen wurden, etwa durch die sehr gut vorbereitete Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, schritt sie als Chefverteidigerin ein.

„Das ist ein klassisches rechtspopulistisches Momentum“, analysiert der Kommunikationsexperte Ötsch, „Ziel ist die Überhöhung der führenden Person in der Partei bis hin zum Kult.“

7. Sie sind nie Teil des Systems, nie!

„Herr Wolf, bei allem Respekt, aber das System habe nicht ich erfunden, das ist eben gelebte Praxis in der Zweiten Republik.“ (Kurz zu Wolf)

„Ihre Frage war, warum habe ich die Kritik jetzt geäußert? (…) Ja, Herr Wolf, da haben Sie recht, mich hat das durchaus emotionalisiert (…) man kann schon das Gefühl haben, dass viele Verfahren nicht nur zu lange dauern, sondern dass es da durchaus zu einer medialen Vorverurteilung kommt.“ (Kurz zu Wolf)

Das haben Sie von den Rechtspopulisten erster Generation wie Jörg Haider gelernt: Sie dürfen sich nie als Teil des politischen Systems darstellen, als Mitglied der Politikkaste, selbst wenn Sie seit über einem Jahrzehnt im Geschäft sind. Sie stehen außerhalb, Sie müssen der neue, junge, unbefleckte Kandidat bleiben, als der Sie 2017 bei Ihrer ersten Kanzlerwahl angetreten sind.

„Rechtspopulisten betreiben Gefühlspolitik“, sagt Ötsch, „sie inszenieren sich als Alternative zum herkömmlichen System, dazu gehört auch, stark emotionalisiert zu argumentieren. Gewissermaßen aus dem Bauch des Volkes heraus.“

8. Das wird man doch noch sagen dürfen!

„Meiner Meinung nach ist keine In­stitution sakrosankt.“ (Kurz zu Wolf)

„Und diese Kritik muss auch eine Institution wie eine Staatsanwaltschaft aushalten.“ (Edtstadler)

Denk- und Redeverbote sind Teile des linken Mainstreams, diese ganze Political-Correctness-Bewegung gehört wie vieles aus der Zweiten Republik, wenn nicht entsorgt, so doch radikal reformiert. Dafür stehen Sie mit Ihrem neuen Stil, und das sprechen Sie auch immer wieder klar aus. Das beginnt bei gesetzt geglaubten Institutionen wie der Sozialpartnerschaft, den Sozialversicherungen, dem Arbeitsmarktservice, dem gebührenfinanzierten öffentlichen Rundfunk, der großen Koalition und ihrer politischen Konsenssuche sowieso. Es macht auch nicht halt vor der Justiz, den Höchstgerichten und internationalen Standards wie der Genfer Flüchtlingskonvention.

9. Verbünden Sie sich mit dem Publikum!

„Ich glaube, für einen Rechtsstaat wie Österreich ist es wichtig, (…) dass jeder ein faires Verfahren bekommt, Sie, ich, der Kameramann da hinten und jeder andere auch.“ (Kurz zu Wolf – und wortgleich bei Milborn auf Puls 4)

Wenden Sie sich an Ihr Publikum und binden Sie es ein. Aber legen Sie sich dafür Formulierungen zurecht, die nicht so abgedroschen sind wie „die Menschen da draußen“ oder „die Österreicherinnen und Österreicher“. Es ist egal, wenn Sie in Interviews die gleichen Satzbausteine verwenden, das fällt nur ein paar Journalisten auf.

10. Und jetzt: Genießen Sie Ihre Präsenz durch „Earned Media“!

Als Politmarketing-Experte wissen Sie ja bereits: Jede erfolgreiche Kampagne funktioniert über drei Ebenen – Paid, Owned und Earned Media. Also über klassische Bezahlwerbung in fremden Medien, Werbung und Inserate. Dann über Verbreitung auf Ihren eigenen Kanälen, da sind Sie ja auf Face­book und Instagram gut aufgestellt. Und schließlich, im aktuellen Fall besonders wichtig, über fremdgenerierte Beiträge.

Hier gilt: je kontroversieller, strittiger, empörender, umso mehr Aufmerksamkeit. Sie müssen nur darauf achten, dass am Ende Ihre Version der Geschichte übrig bleibt.

Barbaba Tóth in FALTER 8/2020 vom 21.02.2020 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, April 22, 2020 10:19:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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