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Näher als erlaubt 

Wie sich die Politik mit Steuergeld Medien kauft

Österreich 2021: Das Magazin „News“ ver­öffent­licht mehrere kri­tische Bei­träge zu „Türkis“. Als Re­ak­tion des „tür­kisen“ Fi­nanz­mi­nis­teriums wird ein ab­so­lu­ter An­zeigen­boy­kott nicht nur für „News“, son­dern auch alle seine Schwes­ter­me­dien an­ge­kün­digt. Zur Stra­fe. Ist die ver­fas­sungs­mäßig ga­ran­tier­te Frei­heit der Pres­se noch ge­währ­leis­tet? Oder hän­gen nicht längst viele Me­dien am Tropf der Po­li­tik, die Steuer­geld zweck­ent­frem­det, um die Me­dien zu be­herr­schen? Ein Buch, das erst­mals um­fas­send die Geld­flüs­se und Ab­hän­gig­kei­ten of­fen­legt.

von Andreas Wetz

ISBN 9783200078772
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 184 Seiten
Format: Taschenbuch
Erscheinungsdatum: 14.10.2021
Verlag: Verlagsgruppe NEWS Medienservice GmbH
Covergestaltung von: Age de Carvalho
Preis: € 19,90
Kurzbeschreibung des Verlags:

Unter Sebastian Kurz verdreifachten sich die Werbe­aus­gaben der Bun­des­re­gie­rung in Zei­tun­gen auf 3 Mil­li­onen Euro pro Mo­nat. Und das in einem Markt, in dem tra­di­tio­nelle Print-Pro­du­kte auf­grund der vor­an­schrei­ten­den Di­gi­ta­li­sie­rung von Jahr zu Jahr mehr un­ter Druck ge­raten. In­se­ren­ten wan­dern in Scha­ren zu den Platt­for­men von Google und Face­book ab. Eine Lücke, die die Po­li­tik ge­zielt und zu ihren Guns­ten mit Geld füllt. „Näher als er­laubt“ legt dieses Netz­werk aus ge­gen­sei­tigen Ab­hängig­keiten of­fen. Mit Hilfe einer Da­ten­bank der FH Joan­neum konnten Geld­flüsse dar­ge­stellt wer­den, die die Staats­spitze bis­her in un­les­baren Zahlen­ko­lon­nen ve­steckte. Da­bei zeigt sich, dass keines­wegs nur die Wiener Gratis­zei­tungen mit un­ver­hältnis­mäßig hohen Be­trä­gen be­dacht wer­den, son­dern auch so man­ches Quali­täts­blatt hoch oben in der fi­nan­ziel­len Gunst der Re­gie­ren­den steht.

Das Buch beschreibt, wie durch die ge­schickte Formu­lierung von Ge­setzen über die Jahre Mil­li­onen von Euro zur För­de­rung von Par­tei­zei­tungen und pro­fi­tablen Medien­kon­zer­nen ver­scho­ben wur­den, während für kleinere Publi­ka­tionen und Wochen­blätter nur Bro­samen übrig blie­ben. Und es be­nennt kon­kre­te Vor­fälle, in denen öf­fent­liches Geld als Druck­mit­tel ge­gen die Frei­heit der Pres­se ein­ge­setzt wurde.

Ein Medienthriller, der sich weit ab­seits der illi­bera­len Demo­kra­tien des Ostens mit­ten in Öster­reich ab­spielt.

Autor: Andreas Wetz
Verlag: Verlagsgruppe NEWS Medienservice GmbH

Posted by Wilfried Allé Sunday, October 17, 2021 10:03:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Der entzauberte Staat 

Was Deutschland aus der Pandemie lernen muss

von Moritz Schularick

ISBN 9783406777820
Verlag: C.H.Beck
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 140 Seiten
Format: Taschenbuch
Erscheinungsdatum: 15.07.2021
Preis: € 14,40

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

WAS IN DER CORONA-KRISE FALSCH LIEF UND WAS SICH ÄNDERN MUSS
Wie soll ein Staat, der es nicht schafft, Lüfter in die Klassenzimmer seiner Schulen einzubauen, im kommenden Jahrzehnt den komplexen ökologischen Umbau der Wirtschaft steuern? Dafür brauchen wir einen vorausschauenden, risikobereiten und handlungsstarken Staat, der die richtigen Anreize setzt und in neuen Situationen flexibel reagieren kann. Also genau das, was uns in der Pandemie fehlte. Dieses Buch zeigt die Defizite im Management der Krise auf und beschreibt, was sich ändern muss, wenn wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen wollen.
Im Frühjahr 2020 schien Deutschland die Pandemie vorbildlich zu bewältigen. Doch ein Jahr später war von der Selbstzufriedenheit nicht mehr viel übrig. Die Defizite in der Leistungsfähigkeit des Staates waren nicht mehr zu leugnen. Die Politik stolperte durch die Krise und verlor sich in Detailregelungen, als es darauf ankam, eine Strategie für das Land zu entwickeln und die alles entscheidende Impfstoffproduktion zu beschleunigen. Sie scheute das Risiko, obwohl Abwarten und Zögern letztlich das viel riskantere Vorgehen war. Schaut man genauer hin, so zeigten sich ähnliche Probleme bereits in vorherigen Krisen, etwa der globalen Finanzkrise und der Eurokrise. Deutschland tut sich schwer, wenn Entscheidungen gefällt werden müssen, für die es kein Regelbuch gibt. Es droht die Gefahr, dass Europa im Vergleich zu China und den USA erneut zum Krisenverlierer wird. Doch das ist nicht das einzige Problem. Denn die Pandemie war auch ein Probelauf für die Herausforderungen, die im nächsten Jahrzehnt beim Klimawandel auf uns zukommen. Wir brauchen in Zukunft einen leistungsfähigeren Staat, mehr Pragmatismus und auch das Selbstvertrauen, unkonventionelle Wege zu beschreiten. Denn in einer sich rasch ändernden Welt gehen wir nicht auf Nummer sicher, wenn wir so weitermachen wie bisher, sondern indem wir besser darin werden, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren.
Corona und die Konzeptlosigkeit der deutschen Politik

Was andere Länder besser machen

Wie wir aus den Fehlern lernen können
 

FALTER-Rezension

Der inkompetente Staat

Von Impfstoffbeschaffung bis Kurzarbeit: Der deutsche Ökonom Moritz Schularick zieht Lehren aus der Covid-Krise

In der Covid-Pandemie halten die kommenden Krisen ihre Generalprobe. Im Urteil Moritz Schularicks, Professor an der Universität Bonn und einer der wichtigsten deutschsprachigen Makroökonomen, gab es bei diesem Test der staatlichen Handlungsfähigkeit Deutschlands mehr Schatten als Licht.
Dabei begann alles recht erfolgreich, was mit ein paar Einschränkungen auch für Österreich gilt: Die erste Covid-Welle im Frühjahr 2020 wurde mit einem raschen Lockdown relativ gut bewältigt. Schularick betont die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems und des Sozialstaats, der eine Sternstunde erlebte.
Die in beiden Ländern in großem Stil eingesetzte Kurzarbeit rettete zahllose Arbeitsplätze. Dennoch stieg die Arbeitslosigkeit in Österreich zunächst drei Mal so stark wie in Deutschland, auch weil viele Tourismusbetriebe kündigten, statt in Kurzarbeit zu gehen. Auch der Sozialstaat zeigte da und dort Lücken: Etwa im Fehlen einer Erwerbslosenversicherung oder von Kurzarbeitsregelungen für kleine Selbstständige und Kulturschaffende.
In der zweiten Covid-Welle im Herbst 2020 wurden die Versäumnisse offensichtlicher. Etwa in den fehlenden Entlüftungsanlagen in Schulen, deren Einbau nicht einmal vor der vierten Covid-Welle gelang. In vielen Regionen funktionierte das Testen nicht, Kontaktverfolgung und Quarantäneüberwachung blieben löchrig.
Schularick geht mit den Fehlern bei der Impfstoffbeschaffung besonders scharf ins Gericht. Deutschland, Österreich und die EU waren an niedrigen Preisen interessierte Kunden statt auf raschen Aufbau von Produktionskapazitäten drängende Partner der Industrie. Die Administration Biden in den USA hingegen stellte auf Corona-Kriegswirtschaft um und griff dirigistisch in die Impfstoffproduktion ein.

Ach, Tirol!
Ein besonders kostspieliger Denkfehler besteht im angeblichen Zielkonflikt zwischen Wirtschaft und Gesundheit. Lockdowns werden verschleppt, Öffnungen zu früh umgesetzt, weil das wirtschaftlich notwendig sei.
Doch Schularick zeigt, wie ein entschiedener Lockdown mit dem Ziel niedriger Inzidenzen auch wirtschaftlich sinnvoll ist, weil er kurzfristig wenig Wirtschaftsaktivität kostet und mittelfristig viel mehr ermöglicht.
Er beklagt die Probleme politischer Entscheidungsfindung, Verwaltungsroutinen, Föderalismus, Langsamkeit und Einfluss mächtiger Lobbys (ach, Tirol!). Es fehlen die Digitalisierung in Verwaltung und Schulen, Daten und institutionalisierte Zusammenarbeit mit problemorientierter Forschung. Der deutsche Staat ist ungenügend auf Handeln in unerwarteten Situationen, auf „Reagieren ohne Betriebsanleitung“ eingestellt.
Schularick führt das auch auf die deutsche Spargesinnung zurück: Sparsamkeit galt gerade beim Staat als wichtigste Sekundärtugend des 21. Jahrhunderts. „Schwarze Null“ und „Schuldenbremse“ behinderten Digitalisierung und Ausbau öffentlicher Infrastruktur. Dies könnte sich bei der Bearbeitung der nächsten Krisen, von Klima bis Ungleichheit, aufs Neue rächen. Angesichts der enormen Herausforderungen und der historisch niedrigen Zinsen ist ein Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik notwendig.
Erfreulicherweise gibt es diesen in Berlin und in Brüssel: Finanzminister Olaf Scholz drängt, beraten von einem Kreis exzellenter und pragmatischer Ökonominnen und Ökonomen, auf starke öffentliche Investitionen gegen die Krisen, etwa in Form des EU-Wiederaufbaufonds.

Sparen als Glaubenssatz
Bitter, wie parallel dazu Österreich an wirtschaftspolitischer Kompetenz abbaut: Lange für aktive Wirtschaftspolitik, hohe Investitionen und starken Sozialstaat gerühmt, verkündet die Bundesregierung nun Spargesinnung als Glaubenssatz und bremst bei EU-Offensiven für Investitionen und Sozialstandards. Gleichzeitig lag das Budgetdefizit wegen oft überfördernder und intransparenter Unternehmenshilfen doppelt so hoch wie in Deutschland – und dennoch explodierte die Zahl der meist armutsgefährdeten Langzeitarbeitslosen.
Moritz Schularick verlangt angesichts der Erfahrungen in der Covid-Pandemie ein „Upgrade“ für den Staat. Um unter Unsicherheit verlässlich handeln zu können, sind bessere Daten, engere Vernetzung mit der Wissenschaft, leistungsfähige Verwaltung sowie öffentliche Interventions- und Investitionsbereitschaft nötig.
Es geht nicht um mehr oder weniger Staat, sondern um einen handlungsfähigen und kompetenten Staat, der die neuen Herausforderungen ebenso gezielt wie pragmatisch angeht. Das gilt wohl gleichermaßen für Österreich.

Markus Marterbauer in Falter 30/2021 vom 30.07.2021 (S. 19)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, July 28, 2021 6:50:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Politik für alle 

Hannah Arendt lesen in unsicheren Zeiten

von Ned O'Gorman

ISBN 9783312012107
Übersetzung: Stephanie Singh
Verlag: Nagel & Kimche
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 360 Seiten
Format: Hardcover
Erscheinungsdatum: 17.05.2021
Preis: € 24,70

Kurzbeschreibung des Verlags:

Ein zeitgemäßer Zugang zu Hannah Arendts Denken
- In der heutigen Zeit denken viele, dass wir mit weniger statt mehr Politik besser dran wären. Ned O’Gorman sieht das anders. Mit Hannah Arendt argumentiert er für ein Mehr an Politik. Politik ist für Arendt nicht die letztgültige Lösung für das gedankenlos Böse, doch stellt sie ein wichtiges Gegenmittel dar – weil sie uns dazu aufruft, mit anderen, die sich von uns unterscheiden, zu reden. Politik besteht in der Auseinandersetzung mit Menschen, die anders sind als wir, in der Einbeziehung anderer Sichtweisen und Bedürfnisse und in der Vermeidung von gedankenlosen Vorurteilen und instinktiven Reaktionen.
Was machen wir aus der Tatsache unseres Zusammenlebens? Eben dies ist laut Arendt die entscheidende politische Frage. O’Gorman macht Hannah Arendts Gedankengänge allen verständlich und setzt sie dabei gewinnbringend in Bezug zur heutigen Zeit.

FALTER-Rezension

Warum Politik mehr als ein „Game of Thrones“ ist

Politik erzeugt Elend, Depression, Apathie, Empörung und Wut. Diesen Gemeinplatz möchte Ned O’Gorman mit seinem Buch widerlegen. Es heißt „Politik für alle. Hannah Arendt lesen in unsicheren Zeiten“, denn für seine Ehrenrettung der Politik ruft der Professor für Kommunikationswissenschaften der Universität Illinois die deutsch-amerikanische Philosophin als Kronzeugin auf.

Hannah Arendt (1906–75) vertrat den Standpunkt, dass Politik nicht nur wenige angehe, die Politiker, Privilegierten, Reichen, Durchtriebenen oder Experten – sondern alle. O’Gorman nennt sein Buch deswegen eine „Verteidigungsschrift für jene Menschen, die den Glauben an die Politik verloren haben“ – und deren kennt er selbst persönlich viele. Trotzdem sieht er die Situation nicht als hoffnungslos an, denn Politik sei ein Weg, ein „Merkmal des Zusammenlebens“, und kein Ziel – und müsse deswegen immer von neuem in Angriff genommen werden.

„Politik ist letztlich die Kunst, in Freiheit und Gleichheit mit anderen zusammenzuleben“, definiert O’Gorman. Damit sei die Politik nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, ein Heilmittel gegen das „gedankenlose Böse“, dem Arendt den berühmten Begriff der „Banalität des Bösen“ verliehen hat.

O’Gorman bedauert, dass Politik in den Medien, aber auch in Serien wie „Game of Thrones“ so oft als ein bloßes Spiel um Macht, Intrigen, Lügen, Manipulation und Herrschaftsstreben dargestellt wird. Vieles von dem, was wir heute Politik nennen, sei nur die Korruption von Politik, meint O’Gorman, deswegen brauche es nicht weniger, sondern eine bessere Politik.

Politik bedeute aber noch mehr: das in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung prominent erwähnte Verfolgen von Glück, das zu den unveräußerlichen Rechten gezählt wird. Aber privates Glück, so lautete die Hauptthese von O’Gorman, hängt vom öffentlichen Glück ab – und ein gelingendes öffentliches Leben von der Freiheit und Gleichheit der an ihm Teilnehmenden. Man könne Politik nicht entgehen, man könne sie nur „konstruktiver oder destruktiver machen, demokratischer (als Vorrecht der Bürger) oder oligarchischer (als Privileg der Wenigen) gestalten“.

Eine konstruktive Politik beruhe auf Denken, Sprechen und Handeln. Sie ereignet sich, „wenn Menschen frei als Gleiche zusammenkommen und gemeinsam Anliegen im Gespräch oder handelnd begegnen“ – und das auch oder gerade in Krisenzeiten, betont O’Gorman, wo statt auf politische häufig auf technologische oder wirtschaftliche Lösungen gesetzt würde.

Autoritarismus, Zwang, Effizienz und Kontrolle stellt O’Gorman mit Arendt das „Wunder“ einmaliger, unvorhersehbarer Handlungen entgegen, dem Glauben in die freien Märkte des Kapitalismus, die in Wahrheit volatil und destruktiv sein könnten, eine Wiedergewinnung des Begriffs von Politik, der auf Argumenten und der Verantwortung einer frei gebildeten Meinung beruht. Politisches Handeln müsse immer auf Überzeugung beruhen und stelle somit das Gegenteil von Gewalt und Manipulationen dar. Vielmehr sei die Politik ein Raum, in dem die Menschen die Freiheit hätten, unterschiedlicher Meinung zu sein.

Gormans gut verständliche Ausführungen lassen sich auch als Einführung in das Denken einer der profiliertesten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts lesen, weniger als ein Buch über Hannah Arendt denn als ein „arendtianisches Buch“ – in jedem Fall aber stellen sie aber eine optimistische, Mut machende Bestimmung der Politik als „Kunst der freien Kooperation und Koordination und des Kompromisses“ dar. In Krisenzeiten notwendiger denn je.

Kirstin Breitenfellner in Falter 29/2021 vom 23.07.2021 (S. 15)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, July 21, 2021 6:17:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Ungleichheit in der Klassengesellschaft  

von Christoph Butterwegge

Für das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sind Armut und Reichtum bis zu einem bestimmten Grad funktional. Während die Armut als Drohkulisse, Druckmittel und Disziplinierungsinstrument gegenüber davon Betroffenen wirkt, erscheint Reichtum als Lockmittel, Motivator und Leistungsmotor für die Angehörigen der Mittelschicht.

Verlag: PapyRossa Verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 183 Seiten
Erscheinungsdatum: 09.09.2020
Preis: € 15,40

Kurzbeschreibung des Verlags:

Sozioökonomische Ungleichheit, von den meisten Deutschen hauptsächlich in Staaten wie den USA, Brasilien oder Süd­afrika verortet, ist auch hierzulande stark ausgeprägt und nimmt weiter zu. Sie beschränkt sich nicht auf die asymmetrische Verteilung von Einkommen und Vermögen, sondern erstreckt sich auf fast alle Lebensbereiche. Christoph Butterwegge beschäftigt sich mit ihren aktuellen Erscheinungsformen, wobei neben Bildung und Wohnen die Gesundheit im Vordergrund steht. »Vor dem Coronavirus sind alle gleich«, glaubten viele. Hatten Pandemien wie die Pest einst zur Eindämmung sozioökonomischer Ungleichheit beigetragen, weil sie einen Verfall der Lebensmittel-, ­Boden- und Immobilienpreise sowie einen Anstieg der Löhne herbeiführten, so wirkte Covid-19 eher polarisierend: ­einerseits Kurzarbeit und Entlassungen für Millionen Beschäftigte sowie Konkurse kleinerer Unternehmen, andererseits Extraprofite für Konzerne krisenresistenter Branchen und Bereicherung von Finanzinvestoren, die mit Leerverkäufen auf sinkende Aktienkurse spekuliert haben.

Posted by Wilfried Allé Thursday, November 5, 2020 8:00:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Coronakontrolle 

Nach der Krise, vor der Katastrophe

von Georg Seeßlen

Biografie
Georg Seeßlen, geb. 1948, studierte Malerei, Kunstgeschichte und Semiologie in München. Er ist Dozent an verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland gewesen und arbeitet als freier Autor für u.a. DIE ZEIT, Frankfurter Rundschau, epd-Film, Freitag, Tagesspiegel.§Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zum Film und zur populären Kultur.

Verlag: bahoe books
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 140 Seiten
Erscheinungsdatum: 25.08.2020
Preis: € 15,00

Kurzbeschreibung des Verlags:

Zu Beginn der Pandemie, die als «Coronakrise» in die Geschichte eingehen soll, gab es noch eine Reihe von Hoffnungen. Die Krise würde zu mehr Einsicht in die Notwendigkeit gesellschaftlich-solidarischer Einrichtungen führen, zu mehr Wertschätzung für Ärzte und P egepersonal, zu mehr Solidarität in den Bevölkerungen.
Als kleines Nebenprodukt würde sie die Frage erlauben, ob der Kapitalismus in seiner aktuellen Form wirklich die beste Weltordnung liefere, sie würde Autokraten enttarnen, den Populismus über üssig machen, die Wertschätzung für Kultur und Kritik wieder beleben, soziales Verantwortungs- gefühl und ein Bewusstsein für den Kampf gegen die Umweltzerstörung erzeugen ... Kurz: Die Krise wäre zugleich mit den Gefahren vielleicht auch eine Geburtshilfe für neue Chancen.
Mit zunehmender Dauer müssen wir uns indes auch von den Hoffnungen auf eine bessere Post-Krisen- Welt verabschieden. Denn bereits als viele Menschen nur mit ihrem persönlichen Überleben, mit ihren Einschränkungen und mit der Verantwortung für die Nächsten zu tun hatten, setzt die Bewegung von Reaktion und Restauration ein. Die Hoffnungsblasen platzen und es zeichnet sich ab: Die Gewinner der Vor-Krise werden wieder die Gewinner der Nach-Krise sein (mit etlichen Verschiebungen, Verstärkungen und Vermittlungen). Die Verlierer sollen weitere Verluste in Kauf nehmen – ganz im Dienste des «Systems».
Möglicherweise aber ist der Kipppunkt noch nicht erreicht, noch sind die Chancen, die für Kritik und Widerstand in einer Krise stecken, nicht endgültig vertan.
Deswegen ist eine Analyse notwendig, die sich keine Illusionen macht, aber auf «tätige Hoffnung» (Bloch) nicht verzichtet. Dafür liefert das vorliegende Buch Material und Ansatzpunkte.

Posted by Wilfried Allé Friday, October 16, 2020 12:14:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Populismus für Anfänger 

Anleitung zur Volksverführung

von Walter Ötsch, Nina Horaczek

Verlag: Westend
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.08.2017
Preis: € 18,50

 

Rezension aus FALTER 32/2017

Steh zu deinen Werten!

Walter Ötsch und Nina Horaczek sezieren die Tricks der Demagogen – und erklären, wie man mit ihnen umgehen soll

Sie mögen sich vielleicht fragen, ob es ein solches Buch in Österreich unbedingt gebraucht hat: „Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung“. Wir hier in Österreich sind ja ohnehin unfreiwillige Experten auf diesem Feld: Seit 30 Jahren, seit dem Amtsantritt Jörg Haiders, sind wir den rhetorischen und den narrativen Tricks der Demagogen ausgesetzt und entsprechend mit ihnen vertraut.
Wozu das also? Und außerdem, mögen Sie schließlich zu bedenken geben, wollen Sie ja gar kein Populist und Volksverführer werden. Wozu also eine Anleitung dazu?

Aber die Antwort ist einfach: Weil man die Tricks durchschauen muss, um auf sie angemessen reagieren zu können. Der Populist will spalten – und wer rein emotional reagiert, läuft ihm schon ins Messer.
Hier haben sich zwei Autoren gefunden: Nina Horaczek, Falter-Journalistin, eine Expertin auf dem Gebiet der rechten Politik und exzellente Schreiberin. Walter Ötsch wiederum ist Universitätsprofessor, Kommunikationstrainer, wahrscheinlich der ausgewiesene linke NLP-Trainer. Er hat schon Politiker gegen Jörg Haider erfolgreich gecoacht und vor einem Jahr in Falter-Videos die Hofer-Auftritte minutiös seziert.
Das Buch ist nun tatsächlich im Stil der Ratgeberliteratur geschrieben. „Wenn sie Populist werden wollen, dann tun sie dies und das ...“
Man kann das einen erzählerischen Kunstgriff nennen: denn natürlich richtet sich das Buch nicht an Möchtegern-Populisten. Aber gerade der Kunstgriff erlaubt eine Nüchternheit. Nie wird die Schrecklichkeit der Populisten gegeißelt, sondern deren Geschick herausgestrichen.

Die populistische Rhetorik spaltet die Welt in ein „Wir“ und ein „Sie“. Wir – „das Volk“ – gegen sie – „die Anderen“ (Ausländer, Flüchtlinge, Eliten, der politische Gegner, die Gutmenschen ...). Reines Schwarz-und-Weiß.
Das Volk, das eigentlich nicht existiert (in der Realität gibt es nur eine buntscheckige Bevölkerung), wird gleichsam erfunden, und oft wird die große Mehrzahl der Bevölkerung aus dem Volk ausgemeindet. Eine absurde Operation – aber sie funktioniert.
Konzentriere dich auf Einzelfälle. Verwandle Sachprobleme in Personenprobleme.
Wenn in einer komplexen Welt manche Dinge nicht gut funktionieren, erzähle, dass irgendein korrupter Typ dafür verantwortlich ist, den man auf der menschlichen Ebene unbedingt abwerten muss. Dinge sind nicht einfach schlecht, jemand muss auf persönlicher Ebene unbedingt Schuld daran tragen. Geriere dich als Opfer. Dann ist selbst die aggressivste Rhetorik nichts als Notwehr einer verfolgten Unschuld. ­Spiele auf der Klaviatur der Gefühle, auf Body-Talk. Dominanzgesten, Erfolgsgesten, Aggressivität und Schwung zeigt man am besten nonverbal. Verstehe, dass man „sprechen“ kann, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Erst im letzten Kapitel springen Autor und Autorin in die andere Perspektive – wie man kontern soll.
Zeige nicht deinen Ärger, bleibe ruhig. Nichts hilft dem Populisten mehr, als wenn er dich auf sein Terrain lockt und dort zur Weißglut treibt.
Unterlaufe seinen Stil, wechsle die Ebene, etwa, indem man direkt anspricht, dass er mit permanenten persönlichen Unterstellungen kommt.
Hinterfrage sein Schwarz-Weiß-Bild.
Und vor allem: Stehe zu deinen Werten. Passe dich dem Diskurs, den der Populismus etabliert, nicht an. Schon aus dem einen Grund: „Wer schon bei leichtem Gegenwind ins Wanken gerät, darf sich nicht wundern, wenn ihm niemand vertraut.“
Denn das Publikum, mag es auch anderer Meinung sein als du, wird nichts mehr verabscheuen als Wendehalsigkeit. Wenn du zeigst, dass du nicht zu deinen Werten stehst, kann der Populist eine Champagnerflasche aufmachen – dann hast du nämlich seine Behauptung bestätigt, dass du für nichts stehst und für den Machterhalt alles tun würdest.

Robert Misik in FALTER 32/2017 vom 11.08.2017 (S. 15)

 

Rezension aus FALTER 8/2020

Einmal Diskurs zertrümmern, bitte

Message-Control, das konzertierte Durchhalten einer Botschaft auf allen Kanälen durch alle Protagonisten, ist das eine. Aber wie versuchen sich Politiker einer Partei mit ihrer Sicht der Dinge in der veröffentlichten Meinung durchzusetzen? Welche rhetorischen Techniken wenden sie an, wie weichen sie Kritik aus, welche übergeordneten Kommunikationsziele verfolgen sie dabei? Anhand der – durch einen Bericht des Falter ausgelösten – Debatte über die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz lässt sich das exemplarisch darstellen.

Zur Erinnerung: In einem Hintergrundgespräch hat Kanzler Sebastian Kurz seinen Unmut über die seiner Meinung nach schleppende und parteiisch agierende Justiz, allen voran die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), geäußert. Der Falter-Bericht führte zu einer breiten Debatte, in der Folge gab Kurz mehrere Fernsehinterviews im ORF und bei den Privatsendern Puls 4 und Servus TV, Kanzleramtsministerin Karoline Edt­stadler verteidigte die ÖVP-Linie in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“.

Gemeinsam mit dem Kommunikationsexperten Walter Ötsch (Autor des Buches „Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung“, zusammen mit Falter-Autorin Nina Horaczek) haben wir Edtstadlers Auftritt am Sonntag, dem 9. Februar, und Kurz’ Auftritt bei Armin Wolf in der „ZiB 2“ tags darauf am Montag, dem 10. Februar, analysiert, zehn typische Kommunikationsmuster herausgegriffen und sie als Anleitung zur Diskurszertrümmerung aufgeschrieben.

1. Basteln Sie sich eine Verschwörungstheorie!

„Jetzt gibt es ein Dokument, das das belegt, und der Justizsprecher der SPÖ hat das sogar zugegeben.“ (Kurz zu Wolf)

„Jarolim (…) hat auch gesagt, es gab eine Strategie. Das ist die Gefahr, dass von einer Parteizentrale aus hier Richterinnen, Staatsanwältinnen geleitet und gelenkt werden sollen.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

„Also schauen Sie, Herr Wolf, wenn jemand mit 25 gepusht worden ist von der Sozialdemokratie vor 20 Jahren in die Justiz, dann rechnen wir gemeinsam einmal nach, wie alt der 20 Jahre später ist, dann ist der heute 45, also im besten Alter …“

(Kurz zu Wolf, wortgleich auch im Interview mit Corinna Milborn auf Puls 4)

Erinnern Sie sich an Ihre Gesprächsstrategie (Punkt 2): Für Ihre gezielte Aktion bzw. Attacke ist es am besten, wenn Sie einen vermeintlichen Beleg in der Hand haben. Medien lieben Aktenstücke, Verschriftlichtes, noch besser sind Bewegtbilder. In Ihrem Fall ist es zwar ein schon etwas angejahrter Aktenvermerk aus der Anwaltskanzlei Gabriel­ Lansky aus dem Jahr 1997, aber das ist fürs Erste egal. Spielen Sie es am besten Journalisten Ihres Vertrauens zu und verkaufen Sie es ihnen als „Skandal“. Dann bringen Sie Ihren politischen Gegner dazu, die Authentizität des Schriftstücks nicht widerlegen zu können, und wiederholen Sie Ihre Verschwörungstheorie in weiterer Folge, so oft es geht (Kanzleramtsministerin Edtstadler schaffte es im Zentrum drei Mal, das ist die goldene Regel!). Immer mit dem Hinweis, die SPÖ habe es ja gar nie bestritten. Bei Zweifel argumentieren Sie mit vermeintlicher Evidenz. Kopfrechnungen, die jeder nachvollziehen kann. Oder eine gefällige Studie oder Statistik, die Sie selektiv wiedergeben.

2. Stay on the message!

„Herr Wolf, Ihre erste Frage war, ob ich belegen kann, was ich kritisiert habe, und ich kann nur sagen, ja, ich kann es belegen, und ich finde es gut, dass es die Debatte gegeben hat …“

(Kurz zu Wolf)

„Ich glaube, keiner in dieser Runde würde behaupten, dass das BVT-Verfahren so abgelaufen ist, wie es lege artis ablaufen sollte.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

„Es hat mir keiner widersprochen, dass das BVT-Verfahren ordnungsgemäß gelaufen ist.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

Das ist Ihre Gesprächstaktik: Bleiben Sie bei Ihrer allgemeinen Botschaft, und wiederholen Sie sie mindestens drei Mal, gleich am Anfang, am Ende und idealerweise zwischendurch einmal mit dem unterstützenden Hinweis, dass Sie doch alles schon beantwortet und aufgeklärt haben und Ihnen niemand widersprochen hat.

Und das ist Ihre Kommunikationsstrategie: 1) Sie haben eine Hidden Agenda, also eine Grundintention, die aber nicht offengelegt wird. Im aktuellen Fall: Sie wollen das Vertrauen in die Justiz schwächen. 2) Sie überlegen sich dazu eine gezielte Aktion, konkret:
Sie greifen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an. 3) Sie kreieren eine allgemeine Botschaft, die das Gegenteil Ihrer Hidden Agenda ist: Ich bin gegen politische Einmischung in die Justiz, sie muss unabhängig sein.

Dazu analysiert Walter Ötsch: „Nach diesem Muster laufen viele politische Kampagnen ab. Die eigentliche politische Absicht wird verschleiert.“

3. Kontrollieren Sie das Gespräch!

Also zunächst möchte ich auf das eingehen …“

(Kurz zu Wolf)

„Ich fand den heutigen Termin sehr positiv – darf ich Ihnen nur ein paar Punkte nennen?“

(Kurz zu Wolf)

Nicht der Moderator, sondern Sie kon­trollieren das Gespräch. Lassen Sie sich nicht moderieren, sondern moderieren Sie selbst. Geben Sie sich selbst recht, schaffen Sie Konsens, agieren Sie auf der sogenannten „Prozessebene“ des Gesprächs. Bleiben Sie dabei aber stets freundlich und höflich. Legen Sie diese Gesprächsrangordnung gleich am Anfang fest, indem Sie auf die erste Frage nicht direkt antworten, sondern Ihre zentrale Botschaft absondern (siehe Punkt 2).

„Sebastian Kurz versteht es sehr gut, mit sogenannten ,Prozesskommentaren‘ die Gesprächskontrolle zu behalten“, sagt Walter Ötsch, „Moderator Armin Wolf hält klug dagegen, indem er selbst Kurz’ Verhalten auf der Prozessebene thematisiert. Als Reaktion wechselt Kurz dann gerne zurück auf die inhaltliche Ebene, um – wenn es für ihn gewinnbringender ist – zurück auf die Prozessebene zu gehen. So entsteht am Ende natürlich nie ein tatsächliches Gespräch, sondern eine Art Pingpong auf zwei Ebenen.“

4. Lenken Sie bei Angriffen ab!

„Ja, was soll ich zu einem Berlusconi-Vergleich sagen? Ich glaube, Berlusconi ist über zehn Mal in einem Strafverfahren verurteilt worden, mich jetzt mit Berlusconi zu vergleichen …“ (Kurz zu Wolf)

„Ich finde ja eine Diskussion über diese Prozedere sehr, sehr sinnvoll.“ (Kurz zu Wolf)

Ideal ist es, wenn Ihre Gegner zu Metaphern greifen wie etwa der erste Chef der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der gemeint hat, der Druck, der jetzt durch Sie auf die Justiz aufgebaut werde, erinnere ihn an Silvio Berlusconi. Greifen Sie die Metapher auf und interpretieren Sie sie falsch oder andersrum und stilisieren Sie sich dabei auch gleich zum Opfer. Wenn Sie von Ihrem Gegenüber in die Enge getrieben wurden, berufen Sie sich umgehend darauf, wie wichtig und sinnvoll es doch ist, über all das zu sprechen.

5. Greifen Sie auch einmal den Moderator an!

„Sie können mir viel unterstellen, Herr Wolf, nur das macht es nicht richtiger.“ (Kurz zu Wolf)

„Ja, dann geben Sie mir eine Chance, das zu beantworten.“ (Kurz zu Wolf)

Wenn es Ihnen zu bunt wird, schüchtern Sie den Moderator ein, indem Sie ihn direkt angreifen, mit Namen, auf Augenhöhe. Die Zeiten, in denen sich Politiker von den Medien, vor allem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, alles gefallen lassen mussten, sind vorbei. Sie sind selbst das Medium, Sie können Ihre Botschaften auf Ihren eigenen Kanälen trommeln, in Sendungen gehen, die Ihnen mehr Spielraum geben, etwa ins Privatfernsehen. Zeigen Sie also Ihren Anhängern, wie unfair die abgehobene, linke Medienelite mit Ihnen umgeht.

6. Lassen Sie sich überhöhen!

„Ich habe Ihnen gesagt, dass der Bundeskanzler das auch so nicht gesagt hat.“ (Edtstadler zu Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in „Im Zentrum“)

Sie müssen der unumstrittene Star sein, Ihre Minister umringen Sie wie „Jünger“. Eine Kanzleramtsministerin wie Karoline Edtstadler erfüllte diese Rolle in „Im Zentrum“ geradezu musterhaft. Immer wenn Sie angegriffen wurden, etwa durch die sehr gut vorbereitete Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, schritt sie als Chefverteidigerin ein.

„Das ist ein klassisches rechtspopulistisches Momentum“, analysiert der Kommunikationsexperte Ötsch, „Ziel ist die Überhöhung der führenden Person in der Partei bis hin zum Kult.“

7. Sie sind nie Teil des Systems, nie!

„Herr Wolf, bei allem Respekt, aber das System habe nicht ich erfunden, das ist eben gelebte Praxis in der Zweiten Republik.“ (Kurz zu Wolf)

„Ihre Frage war, warum habe ich die Kritik jetzt geäußert? (…) Ja, Herr Wolf, da haben Sie recht, mich hat das durchaus emotionalisiert (…) man kann schon das Gefühl haben, dass viele Verfahren nicht nur zu lange dauern, sondern dass es da durchaus zu einer medialen Vorverurteilung kommt.“ (Kurz zu Wolf)

Das haben Sie von den Rechtspopulisten erster Generation wie Jörg Haider gelernt: Sie dürfen sich nie als Teil des politischen Systems darstellen, als Mitglied der Politikkaste, selbst wenn Sie seit über einem Jahrzehnt im Geschäft sind. Sie stehen außerhalb, Sie müssen der neue, junge, unbefleckte Kandidat bleiben, als der Sie 2017 bei Ihrer ersten Kanzlerwahl angetreten sind.

„Rechtspopulisten betreiben Gefühlspolitik“, sagt Ötsch, „sie inszenieren sich als Alternative zum herkömmlichen System, dazu gehört auch, stark emotionalisiert zu argumentieren. Gewissermaßen aus dem Bauch des Volkes heraus.“

8. Das wird man doch noch sagen dürfen!

„Meiner Meinung nach ist keine In­stitution sakrosankt.“ (Kurz zu Wolf)

„Und diese Kritik muss auch eine Institution wie eine Staatsanwaltschaft aushalten.“ (Edtstadler)

Denk- und Redeverbote sind Teile des linken Mainstreams, diese ganze Political-Correctness-Bewegung gehört wie vieles aus der Zweiten Republik, wenn nicht entsorgt, so doch radikal reformiert. Dafür stehen Sie mit Ihrem neuen Stil, und das sprechen Sie auch immer wieder klar aus. Das beginnt bei gesetzt geglaubten Institutionen wie der Sozialpartnerschaft, den Sozialversicherungen, dem Arbeitsmarktservice, dem gebührenfinanzierten öffentlichen Rundfunk, der großen Koalition und ihrer politischen Konsenssuche sowieso. Es macht auch nicht halt vor der Justiz, den Höchstgerichten und internationalen Standards wie der Genfer Flüchtlingskonvention.

9. Verbünden Sie sich mit dem Publikum!

„Ich glaube, für einen Rechtsstaat wie Österreich ist es wichtig, (…) dass jeder ein faires Verfahren bekommt, Sie, ich, der Kameramann da hinten und jeder andere auch.“ (Kurz zu Wolf – und wortgleich bei Milborn auf Puls 4)

Wenden Sie sich an Ihr Publikum und binden Sie es ein. Aber legen Sie sich dafür Formulierungen zurecht, die nicht so abgedroschen sind wie „die Menschen da draußen“ oder „die Österreicherinnen und Österreicher“. Es ist egal, wenn Sie in Interviews die gleichen Satzbausteine verwenden, das fällt nur ein paar Journalisten auf.

10. Und jetzt: Genießen Sie Ihre Präsenz durch „Earned Media“!

Als Politmarketing-Experte wissen Sie ja bereits: Jede erfolgreiche Kampagne funktioniert über drei Ebenen – Paid, Owned und Earned Media. Also über klassische Bezahlwerbung in fremden Medien, Werbung und Inserate. Dann über Verbreitung auf Ihren eigenen Kanälen, da sind Sie ja auf Face­book und Instagram gut aufgestellt. Und schließlich, im aktuellen Fall besonders wichtig, über fremdgenerierte Beiträge.

Hier gilt: je kontroversieller, strittiger, empörender, umso mehr Aufmerksamkeit. Sie müssen nur darauf achten, dass am Ende Ihre Version der Geschichte übrig bleibt.

Barbaba Tóth in FALTER 8/2020 vom 21.02.2020 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, April 22, 2020 10:19:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Antifragilität 

Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen

von Nassim Nicholas Taleb

Übersetzung: Susanne Held
Verlag: Pantheon
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 688 Seiten
Erscheinungsdatum: 27.08.2018
Preis: € 16,50


Rezension aus FALTER 16/2020

Talebs Gesetz

Corona ist kein schwarzer Schwan. Nassim Nicholas Taleb, Professor für Risikoanalyse, beschäftigt sich mit Ereignissen, die höchst unwahrscheinlich und deswegen nicht vorhersagbar sind. Er nennt sie „Schwarze Schwäne“. Mit Pandemien müsse die vernetzte Menschheit hingegen rechnen, deswegen sei die Covid-19-Pandemie kein schwarzer, sondern ein weißer Schwan, bekräftigte er unlängst in der Neuen Zürcher Zeitung. Durch die globalisierte, Struktur der modernen Welt sei die rasante Ausbreitung solcher Krankheiten unvermeidlich.

Obwohl Taleb Prognosen grundsätzlich skeptisch gegenübersteht, war er einer der wenigen, die den Zusammenbruch der weltgrößten Hypothekenbank Fannie Mae und damit die Finanzmarktkrise von 2008 schon fünf Jahre zuvor angekündigt hatten – und dafür herbe Kritik einstecken mussten.

Sein Buch „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“, das bereits im April 2007 erschienen ist, avancierte zum Bestseller, der Begriff „Schwarzer Schwan“ ist seitdem in aller Munde. Corona könnte Taleb erneut zum Denker der Stunde machen.

Der libanesisch-amerikanische Autor warnte bereits im Jänner gemeinsam mit dem Physiker und Systemwissenschaftler Yaneer Bar-Yam vor der Gefahr, die von einem der am stärksten vernetzten Staaten der Welt, China, ausgeht. „Es wird kurzfristig einiges kosten, die Mobilität einzuschränken. Das aber zu unterlassen, wird irgendwann alles kosten, wenn nicht durch die aktuelle Pandemie, dann durch eine in der Zukunft“, sagt Taleb. Deswegen sei es besser, früher Panik zu bekommen als später. Die Regierung von Singapur, die sich von Taleb beraten ließ, hatte übrigens bereits 2010 einen Notfallplan für eine Pandemie aufgestellt.

Geboren 1960 in eine libanesische griechisch-orthodoxe Politiker- und Ärztefamilie, studierte Taleb an der Wharton School der University of Pennsylvania. Anschließend arbeitete er für große Banken wie die Schweizer UBS. So lernte er das derzeitige Finanz- und Risikosystem von innen kennen, eine Voraussetzung dafür, dessen Schwachstellen zu kritisieren.

Als radikaler Querdenker und Freigeist lehnt der zur Praxis bekehrte Ivy-League-Absolvent alles theoretische, bloß akademische Wissen ab und warnt vor dem platonischen Fehlschluss, die Welt als geordnet und grundsätzlich verstehbar anzusehen.

Talebs in Bezug auf die Corona-Krise aktuellstes Werk ist das 2012 erschienene Buch „Antifragilität“. Darin geht der Autor der Frage nach, wie Systeme stressresistenter gemacht werden können. Der 680-Seiten-Wälzer rollt die „Dreifaltigkeit des Missverstehens“ auf.

Darunter versteht Taleb die Illusion, gegenwärtige Ereignisse zu durchschauen. Das zweite Missverständnis besteht darin, dass historische Ereignisse retrospektiv verzerrt werden. Drittens warnt er davor, Sachinformationen sowie die intellektuelle Elite überzubewerten.

Als Finanzmathematiker beschäftigt sich Taleb mit Statistiken und versucht, den Zufall zu berechnen. Wahrscheinlichkeit, Ungewissheit und Unordnung gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten. Das heißt aber nicht, dass seine Bücher für Laien unlesbar wären. So komplex er argumentiert, so süffig schreibt er. Anhand von Parabeln und autobiografischen Anekdoten – einer seiner Protagonisten ist etwa der antiintellektuelle Börsenhändler Fat Tony – macht er Abstraktes anschaulich. Dadurch wird der Autor als Mensch greifbar und angreifbar.

Taleb schimpft und wütet, versprüht Zorn und Sarkasmus und pflegt seine Vorliebe für drastischen Humor. Trotzdem sind seine Bücher strukturiert aufgebaut, sein monumentales Vorhaben wird in einem Kapitelüberblick vorgestellt, und im Glossar kann man seine griffigen, aber oft neuen Begriffe nachschlagen, etwa „Extremistan“ für die globalisierte Moderne oder „Flugunterricht für Vögel“ (auch „Sowjet-Harvard-Illusion“ genannt).

Das Agency-Problem stellt für Taleb eine Hauptquelle für die Fragilität von Systemen dar, insbesondere für das derzeitige Finanzsystem. Es besteht darin, dass der Manager eines Unternehmens, der nicht dessen Besitzer ist, eine Strategie verfolgt, die nur ihm selbst nützt.

Der polyglotte Generalist spricht neben Arabisch, Französisch und Englisch auch mehrere Sprachen der Antike. Wenn er gegen den naiven Rationalismus vieler Zeitgenossen vom Leder zieht, greift er auf die skeptische Philosophietradition zurück, auf Sokrates, Al-Ghazali, Michel de Montaigne oder Karl Popper.

Dabei entstehen Sentenzen, von denen man sich einige gerne über das Bett hängen möchte, etwa: „Man kann nie etwas über den Charakter von jemandem wissen, bevor er nicht die Möglichkeit hatte, moralische Regeln zu verletzen.“ Oder: „Man soll die eigenen Überzeugungen und Handlungen so ausrichten, als hätte man keinen Gesamtüberblick. Um klug zu sein, muss man sich damit abfinden, dass man es nicht ist.“

Talebs Vorliebe für Faustregeln, von denen er viele aus der Antike bezieht, hat philosophische Gründe. Alles, was lange überlebt habe, sei antifragil, sagt er. Antifragilität bezeichnet die Fähigkeit, robust auf Störungen und Stress zu reagieren.

Darüber hinaus ermöglicht es, gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Antifragilität bedeutet auch, von Ungewissheit und Chaos bis zu einem gewissen Maß profitieren zu können. Das betrifft unterschiedliche Bereiche, von der Evolution über die Gesundheit und Erziehung bis zur Technik, der Kultur, Politik und Wirtschaft.

Die zentrale These lautet, dass die Zukunft nicht vorhersehbar sei und Prognosen daher gefährlich werden könnten. Menschen würden nämlich dazu tendieren, sich auf sie zu verlassen. Taleb schlägt statt der üblicherweise geforderten Verbesserung von Daten und Berechnungsmethoden eine Erhöhung der Stressresistenz, sprich der Antifragilität von Systemen, vor.

Denn das Antifragile könne auf nichtlineare Prozesse besser reagieren als das Fragile. Die globalisierte Wirtschaft beruht auf schierer Größe, Technikabhängigkeit und maximaler Effizienz. In der Corona-Krise zeigen sich die Schwachstellen dieses Systems. Die Schlussfolgerung ist klar: Wir brauchen mehr Sicherheitspuffer und weniger Effizienz.

Für den aktuellen Zusammenbruch ließe sich daraus folgern, dass die Auslagerung von Grundversorgung, sprich Nahrungs- und Medikamentenproduktion, in Zukunft überdacht gehört. Auch die globalen Lieferketten und die Verantwortlichkeiten in den Finanzsystemen stehen auf dem Prüfstand.

Während jeder Flugzeugabsturz aufgrund der darauffolgenden Fehleranalyse die Wahrscheinlichkeit des nächsten verringere, erhöhe jeder Bankenzusammenbruch die Wahrscheinlichkeit eines weiteren, moniert Taleb. „Der Aktienmarkt ist der größte, in industriellem Ausmaß betriebene Antifragilitätstransfer in der Geschichte der Menschheit – und beruht ausschließlich auf einer bösartigen Form von Asymmetrie hinsichtlich der Bereitschaft, seine Haut aufs Spiel zu setzen“, konstatiert er.

Auch den eigenen Berufsstand spart Taleb aus seiner Kritik nicht aus, die Wirtschaftswissenschaftler. Es sei falsch, dass Professoren, die Inhalte unterrichten, mit denen das Finanzsystem notwendig hochgehe, keine Konsequenzen zu spüren bekämen.

Taleb und sein Co-Autor Mark Spitznagel beanstanden in einem NZZ-Artikel, dass Banker mehr Geld verspielt hätten, als in der gesamten Geschichte des Bankwesens verdient worden sei. Dennoch durften sie sich 2010 aus dem größten Bonustopf bedienen, den es bis dato gab. „Es sollte keine Hilfsmaßnahmen geben, wo Finanzinstrumente wie Hedge-Funds und hochriskante Investitionsstrategien im Spiel sind. Denn dort gibt es keine ehrlich gemeinte Strategie zur Risikominderung, sondern lediglich ein gewollt naives Gottvertrauen, dass es am Ende der Staat schon richten wird.“

Es gibt kein Leben ohne Risiko. Taleb begann seine Berufslaufbahn als Trader und Hedgefonds-Manager und hatte dort naturgemäß mit Risiken zu tun, die seiner Meinung nach aber falsch verstanden und analysiert wurden. In der Antike, betont Taleb, seien Gesellschaften von Menschen gelenkt worden, die Risiken trugen. Heute hingegen streifen Manager unverschämt hohe Bonuszahlungen ein, auch wenn sie ein Unternehmen in den Ruin getrieben haben.

Ohne Bereitschaft zum Risiko und Scheitern gibt es für Taleb keine Moral, das gelte auch für Wissenschaftler, Intellektuelle und Journalisten.

Statt Top-down-Konzepten – also Verordnungen von oben – propagiert Taleb Bottom-up-Systeme wie das politische System der Schweiz, die keine zentrale Führung hat. Er schätzt Regionalität und grundsätzlich alle Methoden, die auf Tüfteln, Versuch und Irrtum beruhen, sowie das Prinzip Selbstregulation. Denn es sei viel leichter und sicherer, die fragilen Teile eines lecken Systems ausfindig zu machen und zu entfernen, als Risiken vorauszusagen.

Überlieferten Weisheiten vertraut er mehr als den Einsichten von Elfenbeinturm-Akademikern. Eine seiner Lieblingsfaustregeln kommt von den alten Römern: Baumeister müssten eine bestimmte Zeit unter der Brücke verbringen, die sie gebaut haben. Von den antiken Autoren übernahm Taleb auch einen gewissen Stoizismus, die Fähigkeit, seine Emotionen zu regulieren.

Risikobereitschaft endet für ihn im Angesicht eines Ruins, ob von Privatpersonen, Firmen oder unserer Lebenswelt durch eine Öko-Katastrophe. Und, möchte man heute hinzufügen: einer Pandemie. Denn dann sind auch für den Finanzmathematiker keine Kosten-Nutzen-Analysen mehr möglich. „Rationalität ist die Vermeidung eines systemischen Ruins“, lautet sein Fazit.

Neben Risikobereitschaft und Mut braucht es auch die klassische Tugend der Besonnenheit. Von Nassim Nicholas Taleb kann man lernen, in einer Welt zu handeln, die man nicht zur Gänze versteht.

Kirstin Breitenfellner in FALTER 16/2020 vom 17.04.2020 (S. 32)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, April 15, 2020 7:29:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Kapital und Ideologie 

vom Author des Weltbestsellers "Das Kapital im 21. Jahrhundert"

von Thomas Piketty

ISBN: 9783406745713
Übersetzung: André Hansen
Übersetzung: Enrico Heinemann
Übersetzung: Stefan Lorenzer
Übersetzung: Ursel Schäfer
Übersetzung: Nastasja S. Dresler
Verlag: C.H.Beck
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Wirtschaft
Umfang: 1.312 Seiten
Erscheinungsdatum: 11.03.2020
Preis: € 41,10

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Mit dem Weltbestseller
"Das Kapital im 21.Jahrhundert" hat Thomas Piketty eines der wichtigsten Bücher unserer Zeit geschrieben. Jetzt legt er mit einem gewaltigen Werk nach:
Kapital und Ideologie ist eine so noch niemals geschriebene Globalgeschichte der sozialen Ungleichheit und ihrer Ursachen, eine unnachsichtige Kritik der zeitgenössischen Politik und zugleich der kühne Entwurf eines neuen und gerechteren ökonomischen Systems.

Nichts steht geschrieben: Der Kapitalismus ist kein Naturgesetz. Märkte, Profite und Kapital sind von Menschen gemacht. Wie sie funktionieren, hängt von unseren Entscheidungen ab. Das ist der zentrale Gedanke des neuen Buches von Thomas Piketty. Der berühmte Ökonom erforscht darin die Entwicklungen des letzten Jahrtausends, die zu Sklaverei, Leibeigenschaft, Kolonialismus, Kommunismus, Sozialdemokratie und Hyperkapitalismus geführt und das Leben von Milliarden Menschen geformt haben. Seine welthistorische Bestandsaufnahme führt uns weit über Europa und den Westen hinaus bis nach Asien und Afrika und betrachtet die globalen Ungleichheitsregime mit all ihren ganz unterschiedlichen Ursachen und Folgen. Doch diese eindrucksvolle Analyse ist für Thomas Piketty kein Selbstzweck. Er führt uns mit seinen weitreichenden Einsichten und Erkenntnissen hinein in die Krise der Gegenwart. Wenn wir die ökonomischen und politischen Ursachen der Ungleichheit verstanden haben, so Piketty, dann können wir die notwendigen Schritte für eine gerechtere und zukunftsfähige Welt konkret benennen und angehen.
Kapital und Ideologie ist das geniale Werk eines der wichtigsten Denker unserer Zeit, eines der Bücher, die unsere Zeit braucht. Es hilft uns nicht nur, die Welt von heute zu verstehen, sondern sie zu verändern. Thomas Piketty ist Direktor an der École des hautes études en sciences sociales und Professor an der École d’économie in Paris. Sein Buch «Das Kapital im 21. Jahrhundert» wurde in 40 Sprachen übersetzt und weltweit mehr als 2,5 Millionen mal verkauft.

Posted by Wilfried Allé Saturday, March 14, 2020 9:22:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Die Rhetorik des Sebastian Kurz  

Was steckt dahinter – Manipulation oder Redehandwerk?
Körpersprache verbessern, in Diskussionen überzeugen und Rededuelle gewinnen. Analyse mit dem 4mat-System

von Thomas W. Albrecht

Verlag: Goldegg Verlag
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 304 Seiten
Erscheinungsdatum: 18.08.2019
Preis: € 22,00

Rezension aus FALTER 38/2019

Inszenieren, manipulieren: Wege zum politischen Erfolg?

Sebastian Kurz ist ein Meister der Kommunikation. Für langfristigen politischen Erfolg sollte er sich darauf aber nicht ausruhen

Es muss bei Sebastian Kurz wohl etwas sein, was andere nicht machen“, so beginnt der Trainer und Coach Thomas W. Albrecht sein Buch. Der Titel verrät die Erklärung: Es ist die „Rhetorik des Sebastian Kurz“. Albrecht verwendet ein einfaches Modell: Es besteht aus den Bausteinen, die man in einer Grundausbildung im Neuro-Linguistischen Programmieren (NLP) lernen kann.

Die Darstellung dieser Inhalte macht fast die Hälfte des Buches aus – der Kenner erfährt nichts Neues. Im restlichen Buch werden NLP-Ideen auf Sebastian Kurz, Pamela Rendi-Wagner, Herbert Kickl, Norbert Hofer und Beate Meinl-Reisinger angewandt – vor allem Reden werden im Wortlaut analysiert. Der Vergleich dieser Personen fällt in fast allen Fällen zugunsten von Kurz aus.

Das Buch hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Zum einen beschreibt Albrecht im Detail Stärken der Inszenierungen von Kurz, wie seine Körpersprache, den Aufbau vieler Reden, die Art, wie Kurz sein Publikum adressiert, wie er dabei Werte und Gefühle anspricht und zielgerichtet und zukunftsorientiert agiert. Alle politischen Gegner von Kurz sind gut beraten, diese Aspekte ernst zu nehmen und ihre Mankos zu mildern.

Aber NLP darf nicht so verstanden werden wie in diesem Buch. Albrecht verbreitet ein Märchen, das NLP-Trainer gerne erzählen, die ihre Kurse verkaufen wollen: dass nämlich bestimmte einzelne Aspekte von Kommunikation (die man schulen kann) unmittelbare und eindeutige Wirkungen haben (müssen).

Aber Menschen sind keine reinen Reiz-Reaktion-Maschinen – jedenfalls nicht immer. In unterschiedlichen Kontexten erzielen z.B. gleiche Auslöser andere Ergebnisse. Für Kurz kann man fragen, in welchen (kontrollierten?) Umgebungen seine Inszenierungen gelingen und in welchen nicht – etwa wenn Kurz mit betagten Frauen im Altersheim nicht einmal ein Smalltalk gelingt.

Der zweite und wichtigste Schutz gegen unerwünschte Beeinflussung sind die eigenen Überzeugungen und das Wissen über politische Inhalte und Hintergründe (und der Einblick in kommunikative Vorgänge). Wer die Hass-Sprache von Donald Trump ablehnt, kann durch eine noch so perfekte Show nicht gewonnen werden – im Gegenteil: Die Ablehnung wächst.

Nach Albrechts Meinung ist Kurz deswegen so beliebt, weil er ein perfekter Kommunikator ist – politische Inhalte werden dabei zur Gänze ausgeklammert.

Aber Politik ist nicht nur Prozess und Form zwischen Personen, sondern drückt auch Inhalte, Wertungen und Weltbilder aus, die in die Machtstruktur einer Gesellschaft eingebettet sind und medial vermittelt werden.

Kurz hat viele Inhalte von der FPÖ übernommen, z.B. eine Rhetorik „des Volkes“. Er praktiziert ebenso „Techniken“ von Kommunikation, die auch eine destruktive Seite besitzen, wie die Dämonisierung von Gegnern. Praktiken dieser Art dienen nicht der Verbesserung, sondern der Zerstörung von Kommunikation – das hat im Wahlkampf 2016 der (frühere) Kommunikationstrainer Norbert Hofer, der jahrelang „Crash-Rhetorik“ und NLP unterrichtet hat, eindrucksvoll demonstriert.

Aber kommunikative Tricks und Show sind nicht alles, und politischer Erfolg kann nicht nur darauf zurückgeführt werden. Christian Kern hatte am 11. Jänner 2017 in der Messehalle Wels seinen „Plan A“ in einer fulminanten Rede präsentiert und das Publikum begeistert. Nach den Kriterien von Albrecht hätte man ihm die Höchstnote geben müssen. Aber wie lange hat Kern davon profitiert?

Walter Otto Ötsch in FALTER 38/2019 vom 20.09.2019 (S. 21)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, September 18, 2019 12:22:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Herrschaft der Niedertracht 

Warum wir so nicht regiert werden wollen!

von Robert Misik

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Verlag: Picus Verlag
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 144 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.03.2019
Preis: € 15,00


Rezension aus FALTER 20/2019

Misiks Handreichung

Robert Misik – der auch regelmäßig für den Falter schrieb – gehört zu Österreichs „linken“ politischen Publizisten. Jährlich legt er ein Buch vor, das den Stand der Debatten seines Milieus brillant und kurzweilig auf den Punkt bringt. Im Wien der vorletzten Jahrhundertwende wäre er einer der mit spitzer Feder bewaffneten Haudegen gewesen, deren Kritiken und Feuilletons in den Cafés der Hauptstadt debattiert wurden. Im Wien der Nuller- und Zehnerjahre folgten ihm Tausende auf seinem Videoblog FS Misik auf Standard Online, den er mittlerweile über seine Homepage betreibt, und über 80.000 Menschen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Misik kann mit den neuen, sozialen Medien, Misik kann aber vor allem Buch und da vor allem politisches Feuilleton. Sein neues Buch „Herrschaft der Niedertracht“ bilanziert pointiert und bewusst polemisch den politischen Stand der Dinge in Österreich im europäischen Kontext. Kanzler Sebastian Kurz wird von ihm auf wenigen Seiten ebenso als inhaltsleerer Machtpragmatiker analysiert wie sein Autoritarismus, ebenso aber auch die Schwächen seiner politischen Gegner, der „Identitäts-Linken“. Das macht es zur Lesefreude für Anhänger wie Kritiker der herrschenden Umstände.

Denn auch wer Misiks Haltung nicht teilt, wird sich an seinem Stil erfreuen. Misik schreibt in der Tradition eines Josef Haslinger oder frühen Robert Menasse. 1987 hatte Haslinger mit seinem Essay „Politik der Gefühle“, 1996 Menasse mit „Die sozialpartnerschaftliche Ästhetik. Essays zum österreichischen Geist“ die verdichtete Auseinandersetzung mit Österreichs Vergangenheit, Gegenwart und Politik zur literarischen Form erhoben. „Politik mit Gefühlen, aber mit miesen“, schreibt nun Misik. „Die Rohheit ist im Amt und der Zynismus an der Macht. Dabei ist es eine Angstkultur, die benutzt und ausgebeutet wird. Angst vor dem Abstieg. Angst, dass der Boden unter den Füßen nicht mehr sicher ist. Diese Angst ist der Stoff, aus dem die Politik der Rohheit ihre täglichen Kampagnen schmiedet und ihre Gemeinheiten zusammenknetet.“

Barbaba Tóth in FALTER 20/2019 vom 17.05.2019 (S. 19)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, May 15, 2019 7:24:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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