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Wenn nicht jetzt, wann dann? 

Handeln für eine Welt, in der wir leben wollen

von Harald Lesch , Klaus Kamphausen

Verlag: Penguin
ISBN: 9783328600213
Umfang: 368 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 17.09.2018
Format Hardcover
Preis: € 29,90
Preis-Kindle: € 12,99

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Geben wir unser Bestes für eine bessere Welt!

An jeder Ecke scheint es zu brennen: Die Menschen haben einen drama­ti­schen Klima­wan­del in Gang ge­setzt. Rück­sichts­los wer­den Mensch und Na­tur aus­ge­beu­tet. Das Le­ben ist bis zum Zer­reißen durch­öko­no­mi­siert, die Ge­sell­schaft ge­spal­ten. Über­all stecken wir in läh­men­den Wider­sprü­chen. Rat­losig­keit macht sich breit. Was kön­nen wir, was kann je­der Ein­zel­ne tun? Wir ha­ben kei­ne Zeit zu ver­za­gen, sa­gen Harald Lesch und Klaus Kamp­hausen. An zahl­rei­chen Bei­spie­len zei­gen sie, wie wir mit Wider­sprü­chen um­ge­hen kön­nen, und er­ör­tern mit nam­haf­ten Ex­per­ten wie Ottmar Eden­hofer, Karen Pit­tel und Ernst Ulrich von Weizsäcker Lö­sungs­an­sätze, Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und Ideen für ein ge­deih­liches Zu­sam­men­leben. Ein Weck­ruf und ein Mut­mach­buch!
Ge­druckt wird das Buch nach dem welt­weit ein­zig­ar­ti­gen Druck­ver­fahren Cradle-to-Cradle TM auf höchs­tem öko­lo­gi­schem Ni­veau. Auf ein Ein­schweißen wird da­her ver­zich­tet. Pa­pier, Druck­far­ben und wei­tere Druck­kom­po­nen­ten sind für den bio­lo­gi­schen Kreis­lauf opti­miert und zu 100% re­cycling­fähig. Das Buch wurde in Öster­reich auf Pa­pier aus nach­hal­ti­ger Forst­wirt­schaft ge­druckt.
Ausstattung: zahlreiche Ab­bil­dun­gen und Gra­fi­ken.

Bewertung von MelaKafer am 26.03.2019

Wenn man ein Buch von Harald Lesch in die Hand nimmt, dann ist eines klar. Die An­sprü­che, die man an dieses Werk stellt, wer­den sehr, sehr hoch sein. Man er­war­tet fun­dier­tes Fach­wis­sen, das locker und für jeder­mann ver­ständ­lich auf­be­rei­tet ist und einen unter­hält.
All das liefert dieses Buch wie neben­bei. Aber das ge­ballte Wis­sen, das Harald Lesch und Klaus Kamp­hausen mit Gra­fi­ken, Ta­bel­len, Re­den be­rühm­ter Men­schen, Anek­do­ten und tol­len Bil­dern ver­mit­teln, sprengt alles, was ich bis­her ge­le­sen habe. Es ist das um­fang­reichs­te, was ich zum Thema Ret­tung des Pla­ne­ten und so­zia­le Ge­rech­tig­keit ge­le­sen habe. Es zeigt, wo­hin wir steu­ern, wenn wir nichts an unse­rem Ver­hal­ten ändern und ist doch ein durch und durch posi­ti­ves Werk, das uns Lö­sun­gen aus die­sem Di­lem­ma auf­zeigt.
Jeder einzelne kann und muss sich über­legen, was er dazu bei­zu­tra­gen im Stande ist, da­mit auch unsere Kin­der noch eine Welt vor­fin­den, in der sie leben wol­len und kön­nen.
Das Generationen-Manifest am Ende des Buches ist eine wun­der­bare Über­ein­kunft und eine Richt­schnur, um un­se­ren Kin­dern eine gute und ge­rech­te Welt zu hinter­las­sen.
Ein ganz großes Buch, dass ich wirk­lich jedem ans Herz legen möchte.

Posted by Wilfried Allé Sunday, June 12, 2022 10:19:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Radikalisierter Konservatismus 

Eine Analyse

von Natascha Strobl

Verlag: Suhrkamp
ISBN: 9783518127827
Umfang: 192 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 12.09.2021
Format Taschenbuch
Preis: € 16,50
Reihe: edition suhrkamp

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Von der Krise der Sozialdemokratie ist allerorten die Rede. Doch auch viele tra­di­tions­reiche Mitte-rechts-Par­teien be­fin­den sich im Nieder­gang oder zu­min­dest in einer Zwick­mühle: Sollen sie sich für pro­gres­sive ur­bane Mi­li­eus öffnen? Oder lieber ihr kon­ser­va­tives Pro­fil schär­fen? Während Angela Merkel für das eine Modell steht, re­prä­sen­tieren Poli­ti­ker wie Do­nald Trump oder Sebas­tian Kurz das andere. Sie sind Ver­tre­ter eines radi­ka­li­sier­ten Kon­ser­vatis­mus. Nata­scha Strobl ana­ly­siert ihre rhe­to­ri­schen und poli­ti­schen Stra­tegien. Sie zeigt, wie sie Res­sen­ti­ments be­die­nen, um ihre An­hän­ger­schaft zu mo­bi­li­sieren, oder eigene Nar­ra­tive er­schaf­fen, um »Mes­sage Con­trol« aus­zu­üben und Kri­tik als Fake News ab­zu­tun. Statt in­halt­licher Aus­ein­ander­setzung suchen sie die Kon­fron­ta­tion. In ihren ei­genen Par­teien re­du­zieren sie die Demo­kratie, setzen auf kleine Be­rater­zir­kel und Per­so­na­li­sierung. Da­bei grei­fen sie, so Strobl, immer wie­der auch auf die Metho­den rechts­radi­ka­ler Be­we­gun­gen und Or­gani­sationen zu­rück.

FALTER-Rezension

Der neue alte paranoide Stil

Natascha Strobl seziert den radikalisierten Konser­vativis­mus, der vom Rechts­ex­tremis­mus nur schwer zu unter­scheiden ist

Rechter Konser­vativis­mus und Rechts­extre­mis­mus sind vieler­orts un­unter­scheid­bar ge­worden. Das be­trifft natür­lich nicht alle Kon­ser­va­tiven, aber in vie­len kon­ser­va­tiven Par­teien machen sich extrem rechte Flü­gel breit. In man­chen Län­dern wer­den die tradi­tio­nel­len kon­ser­va­tiven Par­teien von den Radi­kalen regel­recht ge­kapert und über­nom­men, man denke nur an die ameri­ka­ni­schen Repu­bli­kaner oder die Öster­reichische Volks­par­tei unter ihrem Chef Sebas­tian Kurz seit 2017.

Anderswo wiederum entstehen Parteien des "radi­kali­sier­ten Kon­ser­va­tis­mus", oft als "Popu­lis­ten" apo­stro­phiert, die den klas­sischen Kon­ser­va­ti­vis­mus er­setzen und ver­drän­gen. Diese Welt "radi­kali­sierten Kon­ser­vatis­mus" unter­zieht die Wiener Poli­tik­wissen­schaft­lerin Nata­scha Strobl in ihrem schmalen Suhr­kamp-Bänd­chen einer kom­pak­ten und weit­gehend ein­leuch­tenden Ana­lyse.

"Die staatstragenden Parteien einer ge­dach­ten Mitte hat­ten im­mer das Ziel, die Ge­sell­schaft mit der in ihr gül­tigen Ord­nung zu be­wahren. Es war eine im Wort­sinn kon­ser­va­tive Hal­tung. Da­rum geht es im radi­kali­sier­ten Kon­ser­va­tis­mus nicht mehr. Viel­mehr wer­den Löcher in die aktu­elle Ge­sell­schaft ge­ris­sen oder be­ste­hende Dif­feren­zen ver­größert. Polari­sierung ist für den radi­kali­sierten Kon­ser­va­tismus der (...) Normal­zu­stand."

Ein wenig ist das eine Reaktion auf ein Problem, das der Kon­ser­va­tivis­mus im­mer schon, aber in den ver­gan­genen Jahr­zehnten zu­nehmend hatte: Er findet nichts mehr Be­wahrens­wertes. Irgend­wie ist das lo­gisch, da er im­mer schon eine Reak­tion auf die Mo­der­ne war. Nach 150 Jah­ren Mo­der­ne ist das Eden des Kon­ser­va­ti­vis­mus end­gül­tig perdu. Er ist nicht nur wü­tend auf das, was ist, son­dern auch auf das, was ges­tern schon war.

So fordern diese neuen Konservativen nicht die Ver­tei­di­gung des Be­ste­hen­den, son­dern be­kla­gen einen all­ge­meinen Ver­fall, sie geben sich volks­tüm­lich und kämpfen ge­gen die "libe­ra­len Eli­ten", die seit dem gegen­kul­tu­rel­len Auf­bruch der 1960er-Jahre ent­stan­den sind.

Aber nicht jeder, der die ökonomischen Rezepte des Neo­libera­lis­mus ver­kündet, ist des­wegen schon da­für, dass man den jun­gen Leu­ten mehr Ma­nie­ren ein­trich­tern muss. Nicht je­der, der da­für plä­diert, den Sozial­staat ab­zu­räumen, um Härte ins Leben der ver­weich­lich­ten Wohl­fahrts­staat-Be­wohner und -Be­wohner­innen zu bringen, meint auch, dass "wir" die Mos­lems "hin­ter das Mit­tel­meer" zu­rück­werfen müs­sen. Aber er­staun­lich viele ver­schrei­ben sich diesem ge­samten "Paket".

Für Nerds und Politikprofis fallen Strobls minu­ti­öse Rück­schauen auf die ver­schie­denen Polit-Akti­onen von Sebas­tian Kurz und Donald Trump etwas zu breit aus -jeden­falls dann, wenn man das schon alles kennt.

Wer wenig Zeitung liest, erhält dafür eine gute Zu­sam­men­fas­sung. Etwas kurz ge­raten die Hin­weise auf die his­to­ri­sche Her­kunft dieses Kon­ser­va­ti­vis­mus, etwa der Stahl­helm-Rechten der "kon­ser­va­ti­ven Re­vo­lution" und (proto-)fa­schis­tischer Be­we­gungen von vor 100 Jahren.

Gänzlich ignoriert und womöglich unter­schätzt wird der Bei­trag des ameri­ka­ni­schen "Neo-Kon­ser­vati­vis­mus", der seit den 1960er-Jahren den US-Kon­ser­vati­vis­mus radi­kali­sierte. Das, was Richard Hof­stet­ter schon vor Jahr­zehnten den "para­noi­den Stil" nannte.

Natascha Strobl dekliniert den Politik­stil dieses Kon­ser­vati­vis­mus auf ihre Art durch. Die Po­lari­sierung und Er­regungs­be­wirt­schaf­tung, die er braucht. Die Auf­ganse­lei gan­zer Ge­sell­schaf­ten. Dieses Sprechen im Namen einer ver­meint­lich schwei­gen­den Mehr­heit, der "regu­lar guys", der "nor­ma­len Leute". Der Führer­kult und die In­sze­nie­rung des An­führers als Star. Die Ein­tei­lung in Fleißige und Faule, die öko­no­mi­sche Benach­tei­li­gung gerne als Cha­rak­ter­schwäche inter­pre­tiert. Die Rhe­torik der Härte.

Ihr Fazit: "Im radikalisierten Kon­ser­va­tis­mus ver­schmel­zen die Feind­bilder der tradi­tio­nel­len ex­tremen Rech­ten mit jenen des Neo­libera­lis­mus."

Robert Misik in Falter 39/2021 vom 01.10.2021 (S. 15)

Posted by Wilfried Allé Monday, May 23, 2022 7:39:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Pandemia 

Einblicke und Aussichten

von Rudi Anschober

Verlag: Zsolnay, Paul
ISBN: 9783552072886
Umfang: 272 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 11.04.2022
Format Hardcover
Preis: € 24,70
ebook / epub: € 17,99

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Die erste Innenansicht eines europäischen Gesundheitsministers in der Pandemie: Rudi Anschober schildert die Herausforderungen des Ausnahmezustandes unter Corona.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie steht für den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Weltweit erkranken und sterben Millionen Menschen, ein Ende ist trotz Impfungen nicht abzusehen. Jetzt berichtet erstmals ein verantwortlicher Politiker aus dem Maschinenraum der Macht. Begeisterte Zustimmung von der einen, leidenschaftliche Kritik von der anderen Seite – als frisch angelobter grüner Gesundheitsminister Österreichs stand Rudi Anschober vor einer der größten Krisen des 21. Jahrhunderts.
Nun, einige Monate nach seinem aus Gesundheitsgründen erfolgten Rücktritt, schildert Anschober am Beispiel von fünf Personen – einer Intensivmedizinerin, einer Forschungskoordinatorin, einer Long-CovidPatientin, einer alleinerziehenden Buchhändlerin und eines Ministers –, die beispiellosen Herausforderungen durch die Pandemie. Die Innenansicht eines Ausnahmezustandes.

FALTER-Rezension

Der Moment, in dem einem die Kraft ausgeht

Rudi Anschober verlangte schon als grüner Gesundheitsminister immer zu viel von sich, und als Autor ergeht es ihm ähnlich. "Pandemia" heißt sein neues Buch, das im Untertitel "Einblicke und Aussichten" verspricht. Der Titel klingt nach einem fiktiven Roman, der Untertitel eher nach einem persönlichen Bericht der letzten drei Jahre im Ausnahmezustand. Anschobers Werk ist dann genau beides zugleich und nichts davon wirklich. Das ist schade, denn beide Ansätze - der literarische wie der autobiografisch-persönliche -für sich hätten gereicht, um ein packendes Buch zu schreiben. So ist es ein zwar streckenweise spannendes, am Ende aber unentschlossenes Pandemie-Zeugnis geworden.

Anschober schildert in "Pandemia" Schlüsseltage zwischen dem 10. März 2020 und dem 1. Jänner 2022 aus der Sicht verschiedener Protagonisten. Manche sind echt, wurden aber anonymisiert, wie Andrea und Miriam, zwei an Long Covid Erkrankte. Andere sind fiktive, aber nahe an der Realität gebaute Figuren, wie die Wissenschaftlerin Astrid Norton oder die Oberärztin Kathrin Hinz. Sie bleiben besonders abstrakt, viel lieber hätte man stattdessen gelesen, was die tatsächlichen Berater und Wissenschaftler in Anschobers Umfeld zum jeweiligen Zeitpunkt geraten haben. Dazu kommen Anschobers persönliche Aufzeichnungen unter dem Titel "Aus dem Maschinenraum".

Nicht nur für politisch Interessierte sind sie die aufschlussreichsten und spannendsten Abschnitte, auch wenn Anschober selbst im Rückblick milde bleibt. Aber immerhin erfahren wir, wie früh Ex-Kanzler Sebastian Kurz beginnt, Anschober auszubremsen. "Kommt öffentliche Kritik, habe ich den Eindruck, dass sich Kurz wegduckt. Anstatt sich gegen die Welle der Kritik zu stellen oder von der Welle erfasst zu werden, surft er auf ihr. Das macht die Zusammenarbeit - höflich formuliert -schwierig", notiert Anschober am 5. Jänner 2021.

Kurz habe sein Verhalten schon ab Sommer 2020 an der Stimmung im Volk und nicht an der Vernunft ausgerichtet, erkennt Anschober im Rückblick. "Ich habe einen Politiker kennengelernt, der auf ein kleines Team eingeschworener Mitarbeiter setzte, einen Politiker, der ungewöhnlich oft, vielfach wöchentlich, die Stimmung der Bevölkerung ausleuchten ließ -von einem eigenen Umfrageinstitut; der laufend damit beschäftigt war, seine Macht zu vermessen; und der darauf aufbauend seine politischen Positionen adaptierte und weiterentwickelte, manchmal ungewöhnlich rasch. Und dabei immer wieder zuallererst an sich und seine eigene Karriere dachte."

Besonders eindringlich sind die Passagen, in denen Anschober offen darüber schreibt, wie ihm die Kraft ausgeht. Seine Ansprüche sind zu hoch, er wollte alle Informationskanäle selber bedienen, Twitter, Instagram, Facebook, SMS, E-Mails. "Damit bin ich weitgehend allein in der Spitzenpolitik, alle Berater raten mir davon ab, dieser Politikstil sei nicht durchzuhalten", schreibt er. Die Bedrohungen und die Sicherheitsmaßnahmen zwängen in ein Leben in Dienstwägen und Dauer-Personenschutz, er leidet darunter, den in Pandemiezeiten ohnehin schon eingeschränkten Kontakt zur "normalen" Außenwelt fast völlig zu verlieren. "Als ich eines Abends in der Dunkelheit durch einen Kordon von Demonstranten zu meinem Dienstwagen muss, gelingt es mir nur knapp, vor der brüllenden Menge die Wagentür zu schließen. So eine Schande, du bist auf der Flucht vor den Menschen!", hält er im November 2020 fest. Bis zu seinem Rücktritt waren es da noch quälend lange fünf Monate.

Barbaba Tóth in Falter 14/2022 vom 08.04.2022 (S. 26)

Posted by Wilfried Allé Saturday, April 9, 2022 8:42:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Faschismus 

Eine Warnung

von Madeleine Albright

ISBN: 9783832165123
Erscheinungsdatum: 19.08.2019
Umfang: 320 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Format: Taschenbuch
Verlag: DuMont Buchverlag
Übersetzung: Bernhard Jendricke, Thomas Wollermann
Preis: € 12,40

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Weltweit kommt es zu einem Wiedererstarken antidemokratischer, repressiver und zerstörerischer Kräfte. Die ehemalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright zeigt, welche großen Ähnlichkeiten sie mit dem Faschismus des 20. Jahrhunderts haben. Die faschistischen Tendenzen treten wieder in Erscheinung und greifen in Europa, Teilen Asiens und den Vereinigten Staaten um sich.
Albrights Familie stammt aus Prag und floh zweimal: zuerst vor den Nationalsozialisten, später vor dem kommunistischen Regime. Auf Grundlage dieser Erlebnisse und der Erfahrungen, die sie im Laufe ihrer diplomatischen Karriere sammelte, zeichnet sie die Gründe für das Wiedererstarken des Faschismus nach. Sie identifiziert die Faktoren, die zu seinem Aufstieg beitragen, und warnt eindringlich vor den Folgen.
Doch Madeleine Albright bietet auch klare Lösungsansätze an, etwa die Veränderung der Arbeitsbedingungen und das Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen nach Kontinuität und moralischer Beständigkeit. Sie zeigt, dass der einmalige Vorteil der Demokratie darin besteht, durch Verstand und offene Diskussion Lösungen für unsere Unzulänglichkeiten zu finden.

FALTER-Rezension:

Albright, die ehemalige US-Außenministerin, holt in ihrem Buch "Faschismus" weit aus: Nach Mussolini, Hitler und Franco geht sie der Frage nach, wie heute demokratische Systeme durch Autokraten zerstört werden. Putin traf sie persönlich: "Der Mann, der seit Stalin Russland länger als jeder andere regiert. [...] Ungeniert tischt er die größten Lügen auf." Und Orbán beschreibt sie als "dünnhäutigen Opportunisten" und "Schaumschläger". Weltweit erstarken antidemokratische Kräfte, in denen Albright Ähnlichkeiten mit dem Faschismus, der Schritt für Schritt kommt, bis es zu spät ist, erkennt. Faschismus wirkt innerhalb eines Systems, arbeitet mit Angst, sieht Medien als Volksfeinde und Migranten als Schuldige. "Jedes Zeitalter hat seinen eigenen Faschismus", erklärt Albright mit den Worten Primo Levis. In den Text fließt Albrights Lebensgeschichte ein, die brillante Analyse gewinnt dadurch an Authentizität. Marie Jana Korbelová, so ihr Geburtsname, floh zweimal mit ihrer Familie vor einer Diktatur, zweimal wurde ihr Asyl gewährt: 1939 in Großbritannien, 1948 in den USA.

Margaretha Kopeinig in Falter 8/2022 vom 25.02.2022 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Monday, February 28, 2022 10:24:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Macht in weltweiten Lieferketten 

Eine Flugschrift

von Christoph Scherrer

ISBN: 9783964881243
Genre: Wirtschaft/Internationale Wirtschaft
Umfang: 96 Seiten
Format: Taschenbuch
Erscheinungsdatum: 17.12.2021
Verlag: VSA
Preis: € 10,30

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Lieferketten ist der wohl promi­nen­teste Be­griff, um die Struk­tur des Glo­bal Sour­cing, der welt­wei­ten Be­schaf­fung von Waren, zu be­schrei­ben. Er wird auch von der Bun­des­re­gie­rung für das An­fang Juni ver­ab­schie­dete Lie­fer­ket­ten­ge­setz ge­nutzt, das die Ein­hal­tung von Men­schen­rech­ten bes­ser re­geln soll. Der Au­tor kri­ti­siert, dass der Be­griff der Kom­plexi­tät von Macht­un­gleich­hei­ten und struk­tu­rel­ler Aus­beu­tung nicht ge­recht wird. Das spie­geln auch die un­ter­­schied­li­chen Theo­rie­kon­zepte wider, die, so Chris­toph Scher­rer, meis­tens spezi­fi­sche Macht­­as­pek­te fo­kus­sieren, ohne die Wechsel­be­zie­hungen zu be­rück­sich­tigen.
Der Autor ergänzt daher all­ge­mein­gül­tige Macht­ana­ly­sen durch Über­le­gun­gen für spezi­fi­sche Kon­texte. Am Bei­spiel klein­bäuer­licher Be­triebe zeigt er, wer am we­nigs­ten von der Ar­beits­tei­lung im Glo­bal Sourcing pro­fi­tiert, wer daran ge­winnt – und wie es dazu kom­men kann.
Er liefert damit zugleich eine theo­re­ti­sche Grund­lage, mit der Leser:in­nen die Macht­be­zie­hungen welt­wei­ter Lie­fer­ket­ten bes­ser ver­ste­hen und auch die Wirk­mäch­tig­keit des im Juni 2021 ver­ab­schie­deten Lieferket­ten­ge­setzes bes­ser ein­ord­nen können.
Die Flugschrift soll dazu bei­tragen, die täg­lichen und sys­te­mi­schen Men­schen­rechts­ver­let­zungen bei ­denen, die in glo­ba­len Pro­duk­tions­netz­wer­ken ­ar­bei­ten müssen, zu über­winden.

Zusammenfassung

Die Fragilität globaler Liefer­ketten ist wäh­rend der Pan­de­mie und durch die Blockade des Suez­ka­nals be­son­ders deut­lich ge­worden. Zu­gleich sind sie »Aus­beutungs­ket­ten«, in denen Macht­be­zie­hungen ab­ge­bil­det sind. Christoph Scherrer zeigt, wie Macht in Pro­duk­tions­netz­wer­ken durch­ge­setzt wird, wer am we­nigs­ten von der Arbeits­tei­lung im Glo­bal Sourcing pro­fi­tiert, wer da­ran ge­winnt – und wie es dazu kom­men kann.

Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher

Einkaufskorb mit Fairtrade-Produkten

Jede und jeder kann dazu bei­tragen, dass unsere Welt ge­rech­ter wird. Fair und nach­hal­tig zu leben be­deu­tet, sich die Fol­gen seiner Lebens- und Kon­sum­ge­wohn­heiten be­wusst zu machen und ver­ant­wor­tungs­voll zu han­deln.

Nachhaltigkeit ist dabei nicht nur auf öko­lo­gische As­pekte be­schränkt – sie hat eben­so wich­tige wirt­schaft­liche, sozi­ale und poli­ti­sche Dimen­si­onen. Hel­fen Sie mit, dem Ideal einer ge­rech­ten und nach­hal­ti­gen Welt ein Stück näher­zu­kom­men! Zum Bei­spiel indem Sie fair ein­kau­fen, fair reisen oder ihr Geld fair an­legen.

Nähere Informationen dazu finden Sie hier  ->

Posted by Wilfried Allé Saturday, December 18, 2021 4:33:00 PM Categories: Wirtschaft Wirtschaft/Internationale
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Pillen vor die Säue 

Warum Antibiotika in der Massentierhaltung unser Gesundheitssystem gefährden

von Rupert Ebner , Eva Rosenkranz

ISBN 9783962382063
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 256 Seiten
Format: Taschenbuch
Erscheinungsdatum: 16.03.2021
Verlag: oekom verlag
Preis: € 20,60

Kurzbeschreibung des Verlags:

»Dieses Buch ist eine eindrückliche Warnung, dass es so nicht weitergehen kann – weder für die Tiere noch für uns.« Tanja Busse
Es ist, als liefen wir sehenden Auges in die Katastrophe: Um unseren Fleischhunger zu stillen, müssen möglichst viele Tiere auf möglichst wenig Raum möglichst rasch »Schlachtgewicht« erreichen – und das geht nur mit hohem Antibiotikaeinsatz. Dies ist nicht nur den Tieren, den Landwirten und der Umwelt gegenüber unverantwortlich; es beschleunigt auch die Entwicklung resistenter Keime und gefährdet damit die gesamte Humanmedizin: Ohne die bisherige Wunderwaffe in Tropf und Tablette werden Operationen riskant und selbst kleine Infektionen potenziell gefährlich.
Wie verwundbar wir und unser Gesundheitssystem sind, hat uns die Corona-Pandemie eindrücklich vor Augen geführt. Damit bakterielle Infektionen nicht zur nächsten globalen Gesundheitskrise werden, müssen wir umsteuern. Rupert Ebner und Eva Rosenkranz zeigen, was jetzt geschehen muss – für mehr Tierwohl, gesunde Menschen und eine intakte Umwelt.

FALTER-Rezension

"Die größte Gesundheitskrise unserer Zeit ist da...

... und sie heißt nicht Corona." Ba­ga­tel­len wie eine Zahn­ent­zün­dung oder eine Blasen­in­fek­tion kön­nten künf­tig wie­der töd­lich en­den, Opera­ti­onen oder Krebs­thera­pien kaum noch durch­ge­ührt wer­den. Der Grund: Durch den inflationären Einsatz von Antibiotika, den Wunderwaffen der Medizin, entwickeln sich immer mehr resistente Keime. Die Wirkstoffe helfen nicht mehr. "Schon heute ster­ben in Deutsch­land pro Jahr min­des­tens 15.000 Men­schen in­folge sol­cher nicht be­herrsch­barer In­fek­tionen", schrei­ben der Tier­arzt Rupert Ebner und die Autorin Eva Rosen­kranz in ihrem auf­rüt­telnden Buch "Pil­len vor die Säue".

Zum einen würden Ärzte Anti­bio­tika zu oft ver­schrei­ben und Patien­ten die Ein­nahme­re­geln nicht be­folgen. Vor allem aber treibe die In­ten­siv­tier­hal­tung Re­sis­ten­zen voran. Anti­bio­tika seien dort sys­tem­im­ma­nent: Ohne sie würde in der auf ex­treme Ef­fi­zienz ge­trimmten Hal­tung ein großer Teil der Tiere das Schlacht­ge­wicht nie er­rei­chen.

Ebner kennt die Schweine-und Hühner­ställe von innen, er ar­bei­tet seit Jahr­zehn­ten in einer Praxis für so­ge­nannte Nutz­tiere. "Nicht ein kran­kes Tier wird be­han­delt", er­klä­ren die Au­toren, "son­dern alle, weil ein ein­zi­ges kran­kes Tier in großen Be­stän­den die an­deren an­stecken könnte." Mast­hähnchen zum Beis­piel er­hielten im Schnitt während eines Fünf­tels ihres kur­zen Lebens Anti­bio­tika, im Schnitt drei ver­schie­dene Wirk­stof­fe. Die Au­toren plä­dieren für eine von Grund auf an­dere Tier­hal­tung, weni­ger Fleisch laute das Ge­bot der Stunde.

Die im Stall gezüchteten re­sis­ten­ten Keime sprin­gen näm­lich leicht auf den Men­schen über: di­rekt über das Fleisch, über Gülle, die Ab­luft von Stäl­len oder wenn ein Land­wirt als Trä­ger sol­cher Keime ins Spi­tal kommt und sie dort ver­brei­tet. Die Auto­ren er­zählen die Ge­schich­te des deut­schen Fuß­ball-National­spie­lers Matthias Sammer, der sich nach einer Knie­opera­tion mit multi­resis­ten­ten Kei­men in­fi­zier­te und bei­nah ge­stor­ben wäre. Erst nach drei Wo­chen wirkte end­lich das aller­letzte Mit­tel.

Reserveantibiotika nennen sich diese aller­letzten Mit­tel, die zum Ein­satz kom­men, wenn sonst nichts mehr an­schlägt. Bei Tuber­ku­lose zum Bei­spiel, denn mehr als die Hälfte die­ser Er­kran­kungen ver­ur­sachen heute multi­resis­tente Bak­terien. Doch auch die Wir­kung der Re­serve­anti­bio­tika sinkt, weil selbst sie den Tieren in großem Stil ver­ab­reicht wer­den. So wird der glo­bale Medi­zin­schrank im­mer leerer.

Laut Tanja Busse, die das Vorwort für das Buch ver­fasst hat, haben Wis­sen­schaft­ler auch vor der Klima­krise und vor Pan­de­mien seit Jah­ren ver­geb­lich ge­warnt: "Wie wäre es, wenn wir beim The­ma Anti­bio­ti­ka­miss­brauch zur Ab­wechs­lung nicht war­ten, bis die Ka­tastrophen über uns herein­brechen?"

Noch sieht es nicht danach aus. Im Septem­ber haben die EU-Par­la­men­ta­rier da­ge­gen ge­stimmt, dass Re­serve­anti­bio­ti­ka nur noch für Men­schen und ein­zel­ne Tiere ein­ge­setzt wer­den dür­fen. Weiter­hin wer­den also ganze Grup­pen von Tieren mit Mit­teln be­han­delt, die für vie­le Men­schen die letzte Ret­tung be­deu­ten - aber bald wir­kungs­los wer­den könnten.

Gerlinde Pölsler in Falter 41/2021 vom 15.10.2021 (S. 51)

Posted by Wilfried Allé Monday, October 18, 2021 11:17:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Kurz 

Ein Regime

von Peter Pilz

Lieferbar ab Oktober 2021

ISBN 9783218012577
Verlag: Kremayr & Scheriau
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 256 Seiten
Format: Buch
Erscheinungsdatum: 22.07.2021
Preis: € 24,00

Kurzbeschreibung des Verlags:

Ibiza-Affäre. BVT-Skandal. Postenschacher. Mitglieder der Parteispitze, die als Beschuldigte geführt werden. Die türkise „Familie“ ist in eine lange Liste an Skandalen involviert. Doch es sind keine isolierten Geschehnisse, sondern Symptome eines Projekts, das seit Jahren im Hintergrund läuft: der schleichende Umbau der Republik Österreich nach Orbánschem Vorbild.
Peter Pilz legt ein detailliertes Panorama der aktuellen österreichischen Politik vor. Er zeichnet Sebastian Kurzˊ Weg an die und an der Macht nach und zeigt kenntnisreich, wie deren Absicherung durch enge Verflechtungen der ÖVP mit Medien, Justiz, Nachrichtendienst, Wirtschaftsmagnaten und potenten Spendern gelingt. Schicht um Schicht enthüllt sich dabei ein mitunter verstörendes politisches Sittenbild, das uns vor Augen führt, dass sich auch in Österreich die Zukunft Europas entscheidet.

Helmuth Schönauer bespricht:
"Kurz. Ein Regime"
von Peter Pilz

Das Buch „Kurz“ ist der Unschuldsvermutung gewidmet. Als Leser tut man daher gut daran, alles im Kopf offen zu halten, bis es die Gerichte geklärt haben. Und selbstverständlich gilt auch für diese Rezension die Unschuldsvermutung.

Für Zeitgenossen poppen immer wieder Glücksaugenblicke auf, wenn die vielen Dateien der Alltagsmasse von jemandem geordnet und zu einer logischen Geschichte zusammengefasst werden. Dabei versuchen Journalisten, aus dürren Fakten eine Story zu erzählen, die jemand für das Medium in Auftrag gegeben hat, während Historiker aus den Homestories jene Strömungen herausdestillieren müssen, welche eine erste Plausibilität der Ereignisse ergeben. Jene Augenblicke, an denen die Quellen der Tageskalender erstmals zu einer Geschichte zusammengefügt werden, sind für jeden Menschen aufregend, der sich als Zeitgenosse einer frischen Epoche angesprochen fühlt.

Peter Pilz liefert mit seinem Geschichts-Reader „Kurz. Ein Regime“ eine Zusammenfassung der letzten Kurz-Jahre, die in ihrer Coolness ziemlich aufrüttelnd ist, obwohl alle Fakten in Tagesdosen bekannt sind. Der explosive Ausdruck Regime wird gleich im Vorspann erklärt: „Wo die Staatsgewalten zu einer einzigen Macht zu verschmelzen beginnen, wird aus einer Regierung ein Regime. Das ist das Projekt von Sebastian Kurz.“ (9)

Diese Transformation wird in sechzehn Abschnitten dargelegt, wobei man zeitlich vielleicht drei Verdichtungen herausstreichen sollte. a) Vorspiel im Filz der Altparteien, b) Übernahme der ÖVP und damit des Staates, c) Ausblick auf die Wirkung in Europa.

Für einen Spickzettel lassen sich Thesen herausschreiben, die durchaus überlegenswert sind.
– Da die Digitalisierung den bestehenden Pressemarkt aufgemischt hat, sind die Zeitungen auf staatliche Unterstützung angewiesen, weil das Werbegeschäft eingebrochen ist.
– Da nach der Bankenkrise das Kapital zu Beton geworden ist, lassen sich wirkliche Geschäfte nur mehr mit Grund und Boden und Immobilien machen.
– Da Zeitungen und Immobilien auf das Wohlwollen der Regierung angewiesen sind, braucht es einen Deal, um für alle ein Win-Win herzustellen.
– Damit die Geschäfte klaglos über die Bühne gehen, muss letztlich die Justiz kaltgestellt werden.

Unter diesen Prämissen übernimmt Sebastian Kurz zuerst die Partei und dann die Regierung, wobei die jeweiligen Koalitionen bloß Dekoration sind wie auch das Parlament. Hinter allem steht ein kleiner „Familienkreis“, den Sebastian Kurz als Kontrollfreak führt. Ihm geht es nie um Inhalte, sondern um Darstellung. Das Bild der Pressekonferenz ist wichtig, nicht ihr Text.

An dieser Stelle verweist der Autor auf die grandiosen Politik-Instinkte des Kanzlers, er sei ein Traum für jeden Rhetorik-Trainer. Da er nicht durch eigene Meinungen und eigene Substanz verstellt sei, könne er voll professionell antrainierte Inhalte präsentieren. Dieses ideologisch freigeräumte Feld ermöglicht zudem eine Kompatibilität mit anderen Parteien für Kurz-Zeitregierungen. Dabei werden die Teilzeitpartner ihrer Substanz entkleidet und nach Gebrauch nackt zu deren ehemaligen Wählern zurückgeschickt, während das aufgefrischte Kurzprogramm mit den Themen Migration und Klima gestärkt in die nächsten Wahlen gehen kann.

Für eine erfolgreiche Regierung braucht man Sponsoren und viele Posten, die man als Belohnung verteilen darf. Ein kalkulierbarer Plan ist bei diesem System schädlich, denn es geht nur um das Regieren der kleinen Truppe, nicht aber um die Regierten.

Das Kurz-System wird in einer groben Analogie den Systemen Putin und Orban gegenübergestellt, bei denen ja auch niemand mehr nachfragt, was denn ihr Inhalt sei. Zudem ist deren Machtübernahme ähnlich verlaufen wie jene von Kurz. Während dieser dem österreichischen Filz der Altparteien entstiegen ist, kam Putin aus dem Geheimdienst und Orban, ursprünglich Demokrat, aus der parlamentarischen Hölle, die sich die zerstrittenen Kleinstparteien Ungarns geschaffen hatten.

Peter Pilz Analyse spielt im Sommer 2021, wo der Ibiza-Ausschuss gerade abgedreht ist, und alle offenen Fragen gerichtlich geklärt werden müssen. Das System steht an der Kippe, es kann scheitern wie in Israel Netanjahu, wenn sich alle gegen Kurz zusammentun. Oder es wird ein volles Putin-Programm. Ein Mittelweg ist bei Regimen nicht angedacht.

Für Europa sind die Folgen fatal. Kurz ist in Brüssel vom Liebling zum Bösewicht mutiert, die Allianzen gegen ihn werden ihn in eine Ostachse mit illiberalen Demokratien treiben.

Der Leser schlägt das Buch mit offenem Mund zu und ist auf jeden Fall einmal mit dem Sortieren des Gelesenen beschäftigt. Für Glossisten und Kleinschriftsteller kommt an dieser Stelle spontan eine Reflexion der eigenen Kurz-Thesen an die Reihe. Man muss sich schütteln, was da im Bundeskanzleramt täglich für Post abgeht, währen die Schreib-Zwerge draußen sich um das Thema Wolf und Binnen-I kümmern.

Noch vor dem Grübeln gilt es freilich, ein Doppel-Kompliment an Peter Pilz zu machen. Es ist unendlich wichtig, dass die losen Fakten der Zeitgeschichte immer wieder zusammengefasst und in ein Buch gebunden werden. Auch wenn die Halbwertszeit vielleicht gering ist, das Nachdenken wird immens gesteigert.

Und zweitens ist die Wertschätzung gegenüber dem „feindlichen“ Thema herausragend. Fast mit Neid erzählt Peter Pilz von Sebastian Kurz, der offensichtlich in seiner Partei das geschafft hat, was ihm bei den Grünen nicht geglückt ist.

Posted by Wilfried Allé Monday, September 20, 2021 11:50:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Machtmaschinen 

Warum Datenmonopole unsere Zukunft gefährden und wie wir sie brechen

von Thomas Ramge , Viktor Mayer-Schönberger

ISBN 9783867746519
Verlag: Murmann Publishers
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 208 Seiten, 2. Auflage
Format: Hardcover
Erscheinungsdatum: 13.10.2020
Preis: € 20,60

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Digitalen Superstarfirmen ist es in den vergangenen zwanzig Jahren gelungen, die meisten und relevantesten Daten auf ihren Servern zu zentralisieren. Diese Datenmonopole mögen zwar gut für die Aktionäre von Facebook, Amazon und Google sein, aber sie sind schlecht für den Fortschritt. Denn damit wir Alzheimer besiegen, die Bahn pünktlich machen und Armut erfolgreich bekämpfen können, müssen alle Zugriff auf Daten haben – vom Wissenschaftler über den innovativen Mittelständler bis zum Sozialarbeiter. Es wird also Zeit, die datenreichen Superstarfirmen zu verpflichten, ihre Datenschätze mit anderen zu teilen – und Datenschutz neu zu denken. Thomas Ramge und Viktor Mayer-Schönberger fordern eine Abkehr vom Datenschutz deutscher Prägung und machen sich stark für eine Datennutz-Grundverordnung, die für unseren Wohlstand so notwendig wie die Datenschutz-Grundverordnung für unsere bürgerlichen Rechte ist.
„Machtmaschinen“ ist ein ökonomisch kluges, technisch kompetentes und politisch streitbares Buch für eine neue Kultur des Daten-Teilens.

Viktor Mayer-Schönberger im Interview ->

Posted by Wilfried Allé Tuesday, July 6, 2021 5:31:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Das Wunder von Mals 

Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet

von Alexander Schiebel

ISBN 9783960060147
Verlag: oekom verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 04.09.2017
Preis: € 19,60

Kurzbeschreibung des Verlags:

Pestizide! Überall auf der Welt sind sie auf dem Vormarsch. Überall? Nein! Ein von unbeugsamen Vinschgern bewohntes Dorf in Südtirol hört nicht auf, diesem Eindringling Widerstand zu leisten. Umgeben von industriellem Apfelanbau will Mals zur ersten pestizidfreien Kommune Europas werden. In einer Volksabstimmung entscheiden sich 76 Prozent der Bewohner gegen Glyphosat & Co. und für biologische Landwirtschaft und Naturschutz.
Eine 5000-Seelen-Gemeinde, angeführt von einem Dutzend charismatischer Querdenker, fordert damit eine übermächtige Allianz aus Bauernbund, Landesregierung und Agrarindustrie zum Kampf heraus. Alexander Schiebel erzählt die Geschichte dieses Aufstandes und enthüllt dadurch das streng geheime Rezept jenes Zaubertrankes, der die mutigen Malser unbesiegbar macht. Eine Inspirationsquelle für Aufständische in aller Welt – und ein lebendiges Porträt jenes kleinen Dorfes, das sein Schicksal selbst in die Hand nehmen möchte.

FALTER-Rezension

Giftige Klagen

Franz Sölkner ist schon sein Leben lang politisch aktiv. 20 Jahre lang stritt der heute 71-Jährige für die Grünen im Gemeinderat von Thal bei Graz. An der Uni war er Fachschaftsvertreter für Theologie, er engagierte sich gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf und ist heute in der Steirischen Friedensplattform aktiv. Bei Gerichtsverhandlungen ist er als interessierter Beobachter anzutreffen. Dass er selbst einmal als Angeklagter vorn im Gerichtssaal stehen würde, damit hat er nicht gerechnet.

Sölkner arbeitet auch in der „IST – Initiative SteirerInnen gegen Tierfabriken“ mit, wo vor allem Bewohner der Süd- und Oststeiermark gegen den Gestank aus und das Tierleid in großen Schweine- und Hühnerställen mobilmachen. Im April 2019 stellt die IST in Gleisdorf und Leibnitz je ein Großplakat auf. Auf dem Foto sieht man einen Traktor Flüssigkeit auf ein Feld aussprühen. Darüber der Schriftzug: „Gott schütze uns vor giftspritzenden Bauern! Keine Keime und Antibiotika auf den Tellern unserer Familien!“ Darunter: „Schluss mit der Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt durch die giftunterstützte Landwirtschaft!“ Sölkner erklärt sich bereit, mit seinem Namen dafür geradezustehen.

Das Motiv für die Aktion erklärt er so: „Ich halte die Industrialisierung der Landwirtschaft für eine verhängnisvolle Sackgasse. Und bei Sackgassen kommt man irgendwann an ein Ende und muss dann elendsweit zurückhatschen.“ Bald nach Aufstellen der Plakate stellt die Landwirtschaftskammer Steiermark eine Klage in den Raum, setzt die Ankündigung aber nie um. Aus der Kleinen Zeitung erfährt Sölkner jedoch, dass der Bauernbund, eine Teilorganisation der ÖVP, ihn klagt. Sie sieht alle steirischen Landwirte in ihrer Ehre beleidigt und in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen geschädigt. Das Bezirksgericht Graz-Ost folgte der Argumentation des Bauernbundes in allen Punkten und hat Sölkner zu Unterlassung und Widerruf verurteilt.

Die Klage ist kein Einzelfall: Immer wieder landen Auseinandersetzungen um Umweltthemen, besonders über Spritzmittel, vor Gericht. Es geht um den Vorwurf von Ehrenbeleidigung und übler Nachrede auf der einen Seite, um den von Einschüchterung auf der anderen. Für die Aktivisten sind die Klagen oft existenzbedrohend. Schon hat sich ein eigener Begriff eingebürgert: Slapp-Klagen, Strategic Lawsuit Against Public Participation. Gemeint ist die juristische Form von David gegen Goliath: Klagen wie Ohrfeigen mit dem Ziel, unliebsame Kritik zu unterdrücken.

Erst vergangenen Freitag kam es im Südtiroler Bozen zu einer Wendung in einem Aufsehen erregenden Fall: Dort hatte sogar ein Landesrat, Arnold Schuler von der Südtiroler Volkspartei, gemeinsam mit Obsterzeugerorganisationen und 1376 Bauern Klagen gegen den Salzburger Autor und Dokumentarfilmer Alexander Schiebel und den Agrarwissenschaftler Karl Bär vom Umweltinstitut München erhoben. Mehr als 100 NGOs wie Greenpeace hatten daraufhin in den führenden italienischen Tageszeitungen eine Solidaritätserklärung abgegeben. Schiebel hatte in seinem Buch und Film „Das Wunder von Mals“ den hohen Pestizideinsatz auf Südtirols Apfelplantagen kritisiert. Am Freitag wurde er freigesprochen.

Weiter geht der Strafprozess jedoch für Karl Bär. Der Grund ist eine Kampagne im Sommer 2017: Auf dem Stachus, einem der prominentesten Plätze im Stadtzentrum Münchens, hatte sein Institut auf einem Plakat die Südtiroler Tourismuswerbung verfremdet, es warb für „Pestizidtirol“. Bär drohen eine Gefängnisstrafe und Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe.

Die Beispiele für Knebelklagen häufen sich: So stehen mehrere Organisationen in Europa vor Gericht, weil sie Palmölkonzerne kritisierten. Der deutsche Energiekonzern RWE will auch von einem Pressefotografen eine Entschädigung in Millionenhöhe, der dokumentiert hat, wie Umweltaktivisten die Förderbänder des Braunkohlekraftwerks Weisweiler besetzten, wodurch das Kraftwerk stillstand. Im März wurde die Französin Valérie Murat in erster Instanz zu einer Strafe von 125.000 Euro vergattert: Sie hatte Zahlen zu Pestizidrückständen in Bordeaux-Weinen veröffentlicht.

Aber fallen die inkriminierten Aussagen unter Tatbestände wie Verleumdung und Ehrenbeleidigung – oder sind sie vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt? Wer gewinnt am Ende?

„Das Plakat impliziert, dass alle Bäuerinnen und Bauern Giftspritzer sind. Unsere 40.000 Mitglieder wollen das nicht hinnehmen“, begründete der Steirische Bauernbund seine Klage. Viele erboste Bauern hätten deswegen angerufen. „Dieser Herr hat mit seiner Kollektivbeleidigung auch viele Bauernbundmitglieder tief im Inneren berührt und verletzt“, hieß es in der steirischen Bauernbund-Zeitung Neues Land.

„Absolute Empörung“ rufe die Aussage hervor, bäuerliche Produkte seien „keimverseucht“. Sölkner meine damit „zweifellos, dass Bauern eine Gesundheitsschädigung der Bevölkerung für möglich halten und sich damit abfinden“.

Juristen sind jedoch schon in der Frage uneinig, ob der Bauernbund überhaupt berechtigt ist, Klage im Namen „der Bauern“ zu führen. Schließlich vertritt er nur jene Bauern, die freiwillig bei ihm Mitglied werden.

In der Klagsschrift argumentiert er damit, dass die Beleidigung „jeden einzelnen Bauern schädigt“ und „der überwiegende Anteil der Bauern“ bei ihm Mitglied sei. Mehr noch: „Kein anderer Verein oder andere Organisation weist eine derart enge Identifizierung bzw. Beziehung zum Bauernstand auf wie die klagende Partei.“ Die meisten Menschen würden sogar mit dem Bauernstand den Bauernbund „assoziieren“. Auch die Richterin schrieb im Urteil, es sei „nicht erforderlich, dass die klagende Partei direkt der Adressat der Äußerung ist“.

Sölkners Anwalt wandte ein, dass per Gesetz nur die Landwirtschaftskammer für die Vertretung aller Landwirte zuständig sei. Auch Michael Rami, Richter am Verfassungsgerichtshof, führender Medienrechtler und Autor des Wiener Kommentars zum Mediengesetz, sagt: „Das Plakat wendet sich lediglich ganz allgemein gegen ,giftspritzende Bauern‘ und nicht gegen konkrete Landwirte. Meines Erachtens ist der Bauernbund nicht berechtigt, derartige allgemeine Äußerungen im Namen des ,Bauernstandes‘ zu verfolgen.“

Was aber darf man über Spritzmittel, Antibiotika in der Tierhaltung und andere Entwicklungen in der Landwirtschaft sagen – über die sich auch viele Wissenschaftler besorgt zeigen und gegen die sich explizit der Green Deal der EU-Kommission richtet?

Sölkner argumentierte mit Büchern und Medienbeiträgen, die den Begriff „Gift“ für Pestizide verwenden. Etwa das Buch des Wiener Ökologen Johann G. Zaller „Unser täglich Gift“. Er zitierte Berichte von Fleischtestkäufen durch NGOs, die auf einem erheblichen Teil der Proben antibiotikaresistente Keime fanden. Er führte die Dokumentation des Fernsehsenders Arte „Killerkeime – Gefahr aus dem Tierstall“ an. Die Plakate, so sieht es Sölkner, würden nur breit diskutierte Forderungen wiedergeben. Für das Totalherbizid Glyphosat habe ja gar der Nationalrat ein Totalverbot beschlossen.

Sölkner vermochte die Richterin aber nicht zu überzeugen. Sie folgte den Argumenten des Bauernbundes. „Es ist der beklagten Partei nicht gelungen, einen Nachweis für die Gesundheitsschädlichkeit von Pflanzenschutzmitteln (…) zu erbringen“, schreibt sie in der Beweiswürdigung. Auch den „Nachweis für eine Gefahr für Flora und Fauna“ habe Sölkner nicht erbracht.

Lange Passagen des Urteils befassen sich mit dem umstrittenen Glyphosat. „Namhafte Europarechtsexperten kamen zum Schluss, dass ein Totalverbot von Glyphosat nicht möglich ist. Sohin ist die Bezeichnung ,Gift‘ für Glyphosat jedenfalls unzulässig.“ Überdies sei Sölkner „jeglichen Beweis schuldig geblieben, dass sich die Bauernschaft nicht an die gesetzlichen Vorgaben“ halten würde.

In Summe sei Sölkner „kein Wahrheitsbeweis“ für die Äußerungen auf den Plakaten gelungen: „Auch nur die Richtigkeit eines Tatsachenkerns wurde nicht bewiesen.“ Die kritischen Berichte von Wissenschaftlern, die etwa Antibiotika als Gefahr für die menschliche Gesundheit sehen oder Pestizide als Bedrohung für die Artenvielfalt, anerkannte die Richterin also nicht.

Jedenfalls würden die Behauptungen „die von der Judikatur zugebilligte Polemik bei weitem übersteigen“. Summa summarum: „Die klagende Partei hat vollständig obsiegt.“

Das Bezirksgericht Graz-Ost verurteilte Sölkner somit zur Unterlassung und zum Widerruf der Aussagen auf ebenfalls zwei Großplakaten, zum Veröffentlichen einer Gegendarstellung in der Kleinen Zeitung und zur Übernahme der gegnerischen Anwaltskosten von rund 3300 Euro. Das war im März. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sölkner hat berufen. Österreichs Bauernbund-Präsident Georg Strasser, der als Zeuge geladen war, hofft nun, dass man sich bei „weiteren ähnlich gelagerten Agitationen gegen die Bauernschaft“ an dem Urteil orientiere.

Im italienischen Bozen hat der Richter am Freitag die Beweisaufnahme gegen den Salzburger Alexander Schiebel gar nicht erst eröffnet: Der Tatbestand der üblen Nachrede liege schlicht nicht vor.

m zweiten Prozess gegen Karl Bär haben Landesrat Schuler und die Vertreter der Obstgenossenschaften ihre Nebenklägerschaft zurückgezogen. Schuler kündigte zudem an, alle Anzeigen zurückziehen und dafür die Vollmachten aller klagenden Bauern einsammeln zu wollen – zwei Bauern weigern sich jedoch bis heute. Damit geht der Prozess weiter wie gehabt.

„Wir haben uns den Gerichtssaal als Bühne nicht ausgesucht“, sagt Bär: „Aber da wir dorthin gezwungen werden, werden wir sie auch nutzen.“ Mit 88 Experten als Zeugen will er „beweisen, dass der hohe Pestizideinsatz auf Südtiroler Apfelplantagen negative Auswirkungen auf die Natur und die Gesundheit von Menschen hat“.

Mehrere der kritisierten Spritzmittel sind inzwischen verboten, und die Gerichtsverfahren haben dem Thema enorme Aufmerksamkeit gebracht. 250.000 Menschen haben für die Einstellung der Prozesse unterschrieben, das Buch über „Das Wunder von Mals“ hat zusätzliche Leser gefunden.

Immer wieder verlieren die Kläger solche Prozesse nach Jahren in letzter Instanz. Die Angeklagten werden dennoch durch die jahrelang im Raum stehende Drohung geschwächt und zermürbt. Nach einem Appell von NGOs und 32 Europaabgeordneten an die EU-Kommission arbeitet diese nun an einer EU-Richtlinie, die Justizmissbrauch durch Slapps verhindern soll.

Wie es für Franz Sölkner ausgeht, darüber muss nun der Oberste Gerichtshof (OGH) entscheiden. Der Verfassungsrichter Michael Rami sagt: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Urteil dort inhaltlich Bestand haben wird. Nach gesicherter, jahrzehntelanger Rechtsprechung ist nämlich – im Lichte der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Äußerung – gerade in Fragen des Umweltschutzes eine besonders scharfe Ausdrucksweise zulässig.“

So sei laut OGH mit der Behauptung, wonach PVC ein „Umweltgift“ sei, lediglich ausgedrückt, dass PVC umweltschädlich sei, nicht aber, dass es giftig im Sinne der Chemikalienvorschriften sei.

In einem anderen Fall interpretierte das Höchstgericht den Vorwurf, jemand sei dafür verantwortlich, dass eine Wasserquelle „vergiftet“ worden sei, so: Er bringe damit bloß zum Ausdruck, dass wesentlich bessere Umweltstandards wünschenswert seien. „Die Rechtsprechung gibt also in derartigen Fällen dem Grundrecht auf freie Äußerung in aller Regel den Vorrang vor den Interessen des Betroffenen“, sagt der Verfassungsrichter.

Franz Sölkner verfolgt die Entwicklungen von Bozen bis Frankreich ganz genau. Was macht er, wenn er nicht recht bekommt? „Dann starte ich zur Abdeckung der Kosten eine Spendensammelaktion.“

Gerlinde Pölsler in Falter 22/2021 vom 04.06.2021 (S. 60)


Ein Dorf gegen Glyphosat

Das Südtiroler Dorf Mals will zur ersten Gemeinde Europas werden, die den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft verbietet. Bei einem Bürgerbeschluss stimmten die Malser, mitten in ihrer Apfelmonokultur, für eine Zukunft ohne Glyphosat & Co. Die Leser erfahren, wie ein paar charismatische Querdenker gegen eine Allianz aus Bauernbund, Landesregierung und Agrarindustrie ankämpfen. Autor Alexander Schiebel, der auch einen Film darüber drehte, erzählt die Geschichte klar subjektiv: „Ich will einen medialen Schutzschirm über dieses Tal und seine Menschen spannen.“ Der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler zeigte Schiebel an – wegen „übler Nachrede“ und „Verbreitung von Falschinformationen zum Nachteil der Südtiroler Landwirtschaft“. Was das Interesse an dem Buch nicht schmälert.

Gerlinde Pölsler in Falter 49/2017 vom 08.12.2017 (S. 19)

Posted by Wilfried Allé Friday, June 4, 2021 11:35:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Wie Demokratien sterben 

Und was wir dagegen tun können

von Steven Levitsky, Daniel Ziblatt

Übersetzung: Klaus-Dieter Schmidt
Verlag: Pantheon
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 26.08.2019
Preis: € 14,40

Rezension aus FALTER 38/2020

Steven Levitsky und Daniel Ziblatt analysieren in ihrem Bestseller aus dem Jahr 2018 Stationen auf dem Weg ins Autoritäre. Sie bringen historische und aktuelle Beispiele wie Hugo Chávez in Venezuela und Viktor Orbán in Ungarn, sie nennen die Philippinen, Polen oder die Türkei und Deutschland der 1930er. Solide, gute Verfassungen sind immens wichtig, ebenso wichtig sind aber die ungeschriebenen Regeln und Normen der politischen Auseinandersetzung. Dazu gehört etwa, den politischen Gegner zwar scharf zu kritisieren, ihm aber nicht die grundsätzliche Legitimität, am politischen Prozess teilzunehmen, abzusprechen. Dazu gehört auch, schiedsrichterartige Institutionen wie Höchstgerichte nicht infrage zu stellen. Aber auch die Presse, Interessenvertretungen und die Geheimdienste. „Wer ein Fußballspiel manipulieren will, nimmt sich zuerst die Schiedsrichter vor“, schreiben die Autoren. Mainstream-Parteien, also Volksparteien der Mitte, kommt dabei eine „Wächterfunktion“ zu. So loben die Autoren etwa jene hochrangigen ÖVPler, die sich in der überparteilichen Wahlbewegung für Bundespräsident Alexander Van der Bellen engagierten, um den Extremisten Norbert Hofer zu verhindern.

Barbaba Tóth in FALTER 38/2020 vom 18.09.2020 (S. 21)

Posted by Wilfried Allé Friday, May 14, 2021 8:33:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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