AZ-Neu

Die Informationsplattform für ArbeiterInnen, Angestellte, KMUs, EPUs und PensionistInnen

von Helmut Brandstätter

ISBN: 9783218013635
Verlag: Kremayr & Scheriau
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 160 Seiten
Erscheinungsdatum: 10.08.2022
Preis: € 22,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

„Wir müssen verstehen lernen, wie sehr das Ver­trauen der Men­schen in Öster­reich miss­braucht wurde, und vor allem: Wie es dazu kom­men konnte, dass sich so viele so lange täu­schen ließen.“

Die Politik verwundet Menschen. Und Men­schen, die die Po­li­tik nur als ihr per­sön­li­ches Spiel­feld ver­ste­hen, ver­wun­den das ihnen an­ver­traute Land und die Wäh­ler*innen, die sie einst ins Amt brach­ten. Die Jahre, in denen die Grup­pe um Sebas­tian Kurz Öster­reich do­mi­nier­te, ha­ben das Land und Ins­ti­tu­tio­nen wie Jus­tiz, Ver­wal­tung, Par­la­ment und Me­dien nach­hal­tig ver­letzt und die Bür­ger*­innen aus­ge­rech­net in Kri­sen­zei­ten ge­spal­ten.

Eine unsichere Gesell­schaft sucht Hei­lung. Öster­reich, das – nicht zum er­sten Mal – auf ei­nen großen Blen­der herein­ge­fal­len ist, braucht Orien­tie­rung, ge­rade jetzt, wo ein Krieg ganz Eu­ro­pa be­droht. Die tür­kise Re­gie­rungs­zeit kann im Ideal­fall eine Zä­sur dar­stel­len: Schluss mit per­sön­li­chen Ab­hän­gig­kei­ten, mit der Kor­rup­tion, mit der Zer­stö­rung von Ins­ti­tu­tio­nen. Helmut Brand­stätter wagt einen Blick zu­rück in die po­li­ti­sche Ge­schich­te Öster­reichs und re­flek­tiert per­sön­li­che Er­leb­nis­se, um zu zei­gen, was in Zu­kunft ge­bo­ten ist, um ver­lo­re­nes Ver­trauen in Po­li­ti­ker*­innen wie­der­her­zu­stel­len. Denn Show-Po­li­tik be­rei­tet das Land auf kom­men­de Kri­sen nicht vor - und Neu­tra­li­tät allein garan­tiert keine Sicher­heit.

FALTER-Rezension:

Ein tiefer Blick zurück in die türkise Message Con­trol

Helmut Brandstätter beschreibt in seinem Buch "Hei­lung für eine ver­stör­te Re­pu­blik" die kur­ze Ära Sebas­tian Kurz (2017-2021). An­hand kon­kre­ter Bei­spie­le, was das Buch sehr lesens­wert macht, er­klärt der ehe­ma­lige Chef­re­dak­teur und Heraus­ge­ber des Kurier, heute Neos-Ab­ge­ord­ne­ter zum Natio­nal­rat, wie Kurz Öster­reich zu einem auto­kra­ti­schen Land "um­bauen" und "ge­gen das Sys­tem" re­gie­ren wollte. Die Volks­par­tei sollte eine "tür­kise Führer­be­we­gung" wer­den, die ge­gen alles Fremde agiert (Mi­gra­tion) und, wenn nötig, auch ge­gen EU-Nach­barn.
Eine Begegnung, die der Autor mit dem dama­li­gen Außen­mi­nis­ter und tür­ki­sen Spitzen­kan­di­daten für den Urnen­gang im Herbst 2017 hat­te, ist auf­schluss­reich und gibt den kri­ti­schen, ab­rech­nen­den Grund­ton des Buches vor: "Ich er­war­te die Unter­stüt­zung des Kurier bei der Natio­nal­rats­wahl", sagte Sebas­tian Kurz. Brand­stätter lehnte ab, er poch­te auf pro­fes­sio­nelle Prin­zi­pien und die Un­ab­hän­gig­keit der Zei­tung. Schnell war klar, dass der Jour­na­list im Denk­schema von Kurz seine Zu­ord­nung be­kam: "Ich werde sein Feind", schreibt der Autor.

Message Control, Lügen, Unter­werfung, Miss­brauch von Me­dien durch In­se­raten­kor­rup­tion, Popu­lis­mus und fal­sche Ver­spre­chen wa­ren die Mit­tel, die Kanz­ler Kurz ein­setzte. So wur­de das am hef­tigs­ten be­kämpfte Vor­ha­ben der tür­kis-blau­en Koa­li­tion, die Fu­sion von 21 auf fünf So­zial­ver­si­che­rungs­trä­ger, ein Flop. Im Juli 2022 be­stä­tigte der Rech­nungs­hof in einem Roh­be­richt, dass sich die "Pa­tienten­mil­liarde" in Luft auf­ge­löst hat­te. Die Zu­sammen­le­gung der Kran­ken­kas­sen brachte keine Ein­spa­rung, son­dern Mehr­kosten in Höhe von 215 Mil­li­onen Euro.

Helmut Brandstätter widmet sich auch aus­führ­lich den At­tacken von Sebas­tian Kurz auf Säu­len des Staates wie Ver­wal­tung, Par­la­ment, Me­dien und Jus­tiz, wie die Wirt­schafts-und Kor­rup­tions­staats­an­walt­schaft (WKStA). So sprach der Kanz­ler vor der Ein­set­zung des "Ibiza-Unter­suchungs­aus­schusses be­tref­fend mut­maß­li­che Käuf­lich­keit der tür­kis-blauen Bun­des­re­gie­rung" von "ro­ten Netz­wer­ken" in der WKStA, ohne dies be­le­gen zu kön­nen. Sein Ziel war es, Ins­ti­tu­tio­nen zu dis­kre­di­tie­ren oder sie zu zer­schlagen.

Nach der Lektüre wird einem noch mehr bewusst, dass Sebas­tian Kurz an Show-Poli­tik, fri­sier­ten Um­fra­gen und In­se­raten­deals schei­ter­te, sei­ne un­seriö­sen und un­mora­li­schen Me­tho­den brach­ten ihn zu Fall. Die öf­fent­lich be­kannt ge­wor­de­nen Chats be­wei­sen das und las­sen tief bli­cken in das "Sys­tem Kurz". Am 9. Okto­ber 2021 musste der Kanz­ler auf Druck des grü­nen Koa­li­tions­part­ners das Amt zu­rück­le­gen, we­nige Wo­chen spä­ter trat er von al­len Funk­tio­nen zu­rück. "In ei­nem ist Sebas­tian Kurz gut ge­we­sen: im Ver­führen", be­schreibt ihn die dä­ni­sche Zei­tung Poli­tiken.

Kritisch analysiert Brandstätter, wie sehr durch die Art des Han­delns von Kurz das Ver­trau­en in die Poli­tik ver­loren ge­gan­gen ist. Um die­ses wie­der her­zu­stel­len, zeigt er an zehn Bei­spie­len auf, was pas­sie­ren muss, um die Re­pu­blik zu ret­ten. Er spricht dabei von "Hei­lung".

Dabei würden Reformen, Bereitschaft zur offenen Dis­kus­sion, Trans­pa­renz, in­halt­li­che Kom­pe­tenz des poli­ti­schen Per­so­nals und eine bes­sere Bil­dung aller Bür­ger­in­nen und Bür­ger schon ge­nügen.

Helmut Brandstätters Blick zu­rück auf die Kurz-Jahre ist Pflicht­lek­türe für alle an Öster­reichs Innen­po­li­tik Inter­essier­ten. Seine Ana­ly­se ver­dich­tet sich in sei­nen per­sön­li­chen Er­leb­nis­sen zu ei­nem um­fas­sen­den Charak­ter-und Sit­ten­bild.

Margaretha Kopeinig in Falter 39/2022 vom 30.09.2022 (S. 23)

Posted by Wilfried Allé Monday, October 3, 2022 10:49:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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