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Teuer! 

Die Wahrheit über Inflation, ihre Profiteure und das Versagen der Politik

von Maurice Höfgen

ISBN 9783423283274
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Umfang: 240 Seiten
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Sammlung: Inflation
Erscheinungsdatum: 16.03.2023
Preis: € 20,60

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Die große Angst vor der Geldentwertung – und was die Politik tun muss

Tanken, Heizen, Einkaufen – alles ist teurer geworden, die Inflationsrate ist auf Rekordhoch. Müssen wir uns in Zukunft noch mehr Sorgen um unser Geld machen? Wird das Leben unbezahlbar? Wirtschaftsanalyst Maurice Höfgen beschäftigt sich tagein tagaus mit der Lage und warnt vor Panik, denn die aktuellen Mondpreise sind eine Folge des Krieges in der Ukraine und der Corona-Pandemie. Die Ampel muss aber dennoch handeln, damit der Alltag wieder bezahlbar wird. Trifft sie die falschen Entscheidungen, kann auf den Preisschock eine Wirtschaftskrise folgen.

»Teuer!« ist eine scharfe Analyse, die zeigt, wie man die aktuelle Nachrichtenlage richtig deutet – und Missverständnisse über Inflation aufklärt.
 

FALTER-Rezension

Zentralbanken, senkt die Zinsen!

Robert Misik in FALTER 30/2023 vom 28.07.2023 (S. 17)

Wir alle ächzen unter der Teuerung, be­kla­gen die In­fla­tion. Aber was ist das ei­gent­lich - "Inflation" - und was hilft da­ge­gen? Die­sen Fra­gen geht Mau­rice Höf­gen in sei­nem neuen Buch nach.
Höfgen, Ökonom, Betriebs­wirt, Autor, wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter des Bun­des­tags, ist ein biss­chen so et­was wie das neue Wun­der­kind der pro­gres­si­ven Öko­no­mie. Mit sei­nen ge­rade ein­mal 27 Jah­ren ist er "Deutsch­lands span­nend­ster Nach­wuchs-Öko­nom", wie ihn die Ber­li­ner Zei­tung nennt.

Inflation kann viele Ursachen haben. Preis­ver­ände­rungen gibt es auch in völ­lig nor­ma­len Zei­ten. Dann gibt es die klas­si­sche In­fla­tion: Wenn die Wirt­schaft brummt, die Kon­sum­nach­fra­ge an­zieht, wenn die Unter­neh­men an ihren Kapa­zi­täts­gren­zen pro­du­zie­ren, wenn Voll­be­schäf­ti­gung herrscht und die Be­schäf­tig­ten kräf­tige Lohn­er­hö­hun­gen durch­set­zen kön­nen. Ger­ne spricht man dann da­von, dass die Wirt­schaft "über­hitze".

"In dieser Situation waren und sind wir nicht", so Höfgen. Die ge­gen­wär­tige In­fla­tion habe haupt­säch­lich zwei Ur­sa­chen: die Lie­fer­ket­ten­eng­päs­se in­fol­ge der Pan­de­mie; und dann kam der ex­ter­ne Schock durch Putins Ukra­ine-In­va­sion da­zu - die bi­zarr stei­gen­den Ener­gie­preise, die sich durch die ge­samte Wirt­schaft durch­fraßen.

Verschärft wurde das durch einige Preis­bil­dungs­re­geln, die nor­ma­ler­weise kein Pro­blem sind, aber in die­ser Aus­nahme­si­tua­tion ka­tas­tro­phale Wir­kun­gen hat­ten, wie etwa das Merit-Order-Prin­zip, das dazu führte, dass die Strom­prei­se den Gas­prei­sen folg­ten, oder auch die Re­gel, dass die Mie­ten ein­fach fi­xiert an die In­fla­tions­rate mit­steigen.

Letztere Form der Inflation bekommt man am ehes­ten in den Griff, wenn man den Preis­auf­trieb selbst bremst, durch Preis­deckel, oder in­dem man die Re­geln der Preis­bil­dung selbst ver­ändert.

Doch sehr häufig ist zu hören, dass die Re­gie­rung nichts tun kön­ne, Ein­griffe in die Märkte ein Übel seien und dass der Kampf ge­gen die In­fla­tion Sache der Zen­tral­ban­ken sei. Auch Öster­reichs Fi­nanz­mi­nis­ter sagt das oft und gerne.

Aber gegen Preisschocks und "im­por­tier­te In­fla­tion" hilft der be­rühmte "Zins­ham­mer" der Zen­tral­ban­ken wenig. Bei klas­si­scher In­fla­tion be­deu­ten hö­he­re Zin­sen ein Ab­wür­gen der Kon­junk­tur, die Nach­fra­ge sinkt, es wird weni­ger in­ves­tiert, es steigt die Ar­beits­lo­sig­keit - und da­mit sin­ken dann auch die Prei­se. Höfgen kri­ti­siert die Zins­po­li­tik der Zen­tral­ban­ken scharf. Sie sei rei­ne Sym­bol­poli­tik, die sig­na­li­sie­ren sol­le, dass "irgend­was" ge­tan wird. Sie füh­re nur zu noch mehr Ver­ar­mung, ohne ir­gend­wel­che nütz­li­chen Fol­gen zu zei­ti­gen.

Klar, schreibt Höfgen, eine Pleitewelle bei klei­nen Lä­den wür­de viel­leicht ge­wis­se Effek­te ha­ben, weil dann dort "immer­hin kein Was­ser, kein Strom und keine sons­ti­ge Ener­gie ver­braucht wird". Und weil die Ar­beits­lo­sen viel­leicht noch we­ni­ger hei­zen wür­den. Aber der Nut­zen wäre ge­ring.

Die Zinserhöhungen haben sogar negative Wir­kung: Sie ver­teuern In­ves­ti­tio­nen in Wind­kraft, Solar­ener­gie, ther­mi­sche Sa­nie­rung usw. Sie er­schwe­ren den Aus­stieg aus teu­rer fos­si­ler Ener­gie und den Um­stieg in bil­li­gere nach­hal­tige Ener­gie. Höfgen: "Ge­gen den Ener­gie­preis­schock wür­de es so­gar hel­fen, wenn der Staat mehr Geld aus­gäbe" - etwa, um wie ver­rückt in Ener­gie­ef­fi­zienz und neue Techno­lo­gien zu in­ves­tieren.

Aber wenn Investitionen verteuert werden, wird von der Er­rich­tung von Wind­parks bis zur ther­mi­schen Sa­nie­rung al­les teu­rer, was es ge­rade jetzt bräuch­te. Bei im­por­tier­ter In­fla­tion ha­ben Zins­er­hö­hun­gen we­nig Wir­kung, das wis­sen auch die Zen­tral­ban­ker, wes­halb sie mit dem "psy­cho­lo­gi­schen Ef­fekt" der Zins­er­hö­hungen ar­gu­men­tieren.

Soll heißen: Weil die Leute den Ein­druck haben, dass die Zen­tral­ban­ken han­deln, ha­ben sie die Er­war­tung ei­ner sin­ken­den In­fla­tion. Und das hät­te auch eine Wir­kung, so die Hoff­nung. Ein biss­chen ist das Voodoo.

Wenn die Regierungen jetzt auch noch Spar­bud­gets auf­le­gen, wird es rich­tig düs­ter. Schon ist Deutsch­land in einer Re­zes­sion. Das hat Aus­wir­kun­gen auf die ge­samte Euro­zone. Die Bau­wirt­schaft er­lebt ei­nen Schock und leere Auf­trags­bü­cher. Wenn die In­fla­tion mit den fal­schen Maß­nah­men be­kämpft wird, be­kommt man zum Preis­auf­trieb auch noch eine aus­ge­wach­sene Wirt­schafts­krise dazu.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, July 26, 2023 8:51:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Der Sozialismus der Zukunft 

Interventionen

von Thomas Piketty

ISBN: 9783406777349
Übersetzung: André Hansen
Verlag: C.H.Beck
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 232 Seiten
Erscheinungsdatum: 31.01.2023
Preis: € 17,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

"THOMAS PIKETTY IST DABEI, DER KARL MARX DES 21. JAHRHUNDERTS ZU WERDEN." - FRANK­FURTER ALL­GE­MEINE ZEI­TUNG

Im Herbst 1989 vernimmt der erst 18-jährige Thomas Piket­ty wie der Rest der west­li­chen Welt ge­bannt die Nach­richt vom Zu­sam­men­bruch der kom­mu­nis­ti­schen Dik­ta­turen und des "real exis­tie­ren­den So­zia­lis­mus". Alle Ge­gen­ent­wür­fe zum Ka­pi­ta­lis­mus schei­nen kra­chend ge­schei­tert. Doch 30 Jahre und eine Fi­nanz­kri­se spä­ter hat sich der Wind ge­dreht. Ob der Ka­pi­ta­lis­mus in der Lage ist, Ant­wor­ten auf den Kli­ma­wan­del und die zu­neh­me­nde so­zia­le Un­gleich­heit zu fin­den, scheint frag­lich wie lange nicht. Es ist wie­der Zeit, über Al­ter­na­ti­ven nach­zu­denken.

Bei einem Besuch ehemals sozia­lis­ti­scher Län­der An­fang der 1990er Jahre prä­gen sich dem jungen Tho­mas Piket­ty vor allem leere Re­ga­le und tris­te Straßen ein. Eine Zu­kunft scheint ihm der So­zia­lis­mus nicht mehr zu ha­ben. Doch gut drei Jahr­zehn­te spä­ter hat sich auch der Ka­pi­ta­lis­mus ent­zau­bert. Tho­mas Piket­ty plä­diert da­für, den gegen­wär­ti­gen Hyper­ka­pi­ta­lis­mus hin­ter sich zu las­sen und über eine neue Form des So­zia­lis­mus nach­zu­den­ken. Ein So­zia­lis­mus, der par­ti­zi­pa­tiv, demo­kra­tisch, öko­lo­gisch und femi­nis­tisch ist. Be­glei­tet von ei­nem bis­lang un­ver­öf­fent­lich­ten Vor­wort, er­gänzt durch Gra­fi­ken, Ta­bel­len und zu­sätz­liche Tex­te, ent­hält der vor­lie­gen­de Band die be­deu­tend­sten von Tho­mas Piket­ty in "Le Monde" von Sep­tem­ber 2016 bis Juli 2020 ver­öf­fent­lich­ten Ko­lum­nen, die ver­deut­li­chen, wie die­ser So­zia­lis­mus der Zu­kunft aus­se­hen könnte und was diese Al­ter­na­tive zum kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tem für uns alle leis­ten würde.

Rezensionen:

"Beim Lesen wird man immer wieder begeistert nicken und dann wieder zweifelnd den Kopf schütteln. Gedankengymnastik kann versprochen werden." - Neues Deutschland, Irmtraud Gutschke
"Piketty, der Robin Hood aus dem Süden von Paris." - DIE ZEIT, Uwe Jean Heuser
"Thomas Piketty ist dabei, der Karl Marx des 21. Jahrhunderts zu werden." - Frankfurter Allgemeine Zeitung
„ein reiches Kompendium wertvoller, manchmal brillanter Gedanken zu zentralen wirtschafts-, aber auch gesellschaftspolitischen Komplexen unserer Zeit.“ - SWR2, Konstantin Sakkas
„Dieses Buch liefert … konkrete Handlungsempfehlungen für zentrale gesellschaftliche Herausforderungen“ - Wirtschaft und Gesellschaft, Georg Hubmann
„Für viele dürften diese Texte ein leichterer Einstieg in das utopische Denksystem Pikettys sein als seine Hauptwerke.“ - Buchkultur, Alexander Kluy
Eine audielle Rezension des Südwestrundfunks findet ihr hier ->
Eine Leseprobe des Verlages C.H.Beck findet ihr hier ->

Posted by Wilfried Allé Saturday, July 1, 2023 10:24:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Anstandslos 

Demokratie, Oligarchie, österreichische Abwege

von Armin Thurnher

ISBN: 9783552072787
Verlag: Zsolnay, Paul
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 128 Seiten
Erscheinungsdatum: 20.03.2023
Sammlung: Armin Thurnhers Bücher
Preis: € 19,60
Kurzbeschreibung des Verlags:

Armin Thurnher, „einer der scharfsinnigsten Analy­ti­ker öster­reichi­scher Poli­tik“ (NZZ) über die Poli­tik Öster­reichs, von Sebastian Kurz über Kor­rup­tion zum Welt­unter­gang

„Die Welt steht auf kan Fall mehr lang“, heißt es in Nestroys be­rühm­tem „Kometen­lied“. Vieles von dem, was einst zum fes­ten Be­stand demo­kra­ti­scher Selbst­ver­ständ­lich­keiten zähl­te, scheint ab­ge­schafft zu wer­den. Wir wis­sen nicht mehr, was wir für wahr hal­ten sol­len. Ganz schnell löste sich etwa der fal­sche Glanz des kon­ser­va­ti­ven Hoff­nungs­trä­gers Sebastian Kurz auf in einer Wolke von Skan­da­len, Kor­rup­tion und dubi­osem Ge­fol­ge. Wäh­rend die mul­tip­len Kri­sen das Publi­kum aber voll­ends ver­un­si­chern, fin­det Kurz mühe­los An­schluss an jene Kreise um Donald Trump, die unser poli­ti­sches Sys­tem lie­ber heute als mor­gen über Bord wer­fen möch­ten.
In seinem neuen Buch son­diert Armin Thurnher die Lage und zeigt, dass der große Welt­unter­gang wie immer in Öster­reich seine kleine Ge­ne­ral­probe hält.

FALTER-Rezension:

Der Nuntius der Lüge

Armin Thurnher in FALTER 11/2023 vom 17.03.2023 (S. 16)

Lassen Sie sich nicht täuschen! Wenn hier von Sebastian Kurz die Rede ist und von An­stand, dann im­mer von der öffent­li­chen Per­son, vom poli­ti­schen Dar­stel­ler, vom Staats­schau­spie­ler Kurz. Er ist kör­per­sprach­lich und eris­tisch (recht­habe­risch, nicht zu ver­wech­seln mit rhe­to­risch) per­fekt ge­schult. Das ist hin­rei­chend unter­sucht, so­dass nie­mand in die Il­lu­si­on ver­fal­len muss, es handle sich um natür­liche Gaben der Selbst­dar­stel­lung oder der Be­red­sam­keit. Hier ist al­les Kunst, viel­mehr künst­lich, bis hin zum Sche­mel, den ihm bei Wahl­kam­pag­nen ein Be­glei­ter ans Redner­pult stellt, damit er größer wirkt, und an­schlie­ßend gleich wie­der weg­zieht und bis zu den Vor­gaben seines Kabi­netts, aus wel­chem Blick­winkel er zu foto­gra­fie­ren ist ("Blick­winkel leich­tes Pro­fil / nicht fron­tal / auf Augen­höhe"), wir ken­nen die Ver­trauen stif­ten­den Kör­per­hal­tungen und die seg­nen­den Ges­ten, die je­den Kar­di­nal vor Neid er­blas­sen las­sen.
Aber in dieser politischen Persona wurde von An­fang an ein poli­ti­sches Pro­gramm sicht­bar. Kurz machte nie ein Ge­heim­nis da­raus. Das Neue da­ran war die Ent­schlos­sen­heit, so ein Kon­zept durch­zu­zie­hen, voll­kom­men gleich­gül­tig ge­gen­über per­sön­li­chen Rück­sich­ten oder Um­stän­den oder gar Er­for­der­nis­sen des An­stands. Diese Ent­schlos­sen­heit ge­hört zur krie­ge­ri­schen Hal­tung einer Kaste, die Sieg will. Sie wird im Sport vorexerziert und eingeübt und hat nur ein Ziel: die Niederlage des Gegners, nein, des Feindes. Nicht von ungefähr cha­rak­te­ri­sier­te die Kurz-Trup­pe in­tern ihr kri­tisch ge­sinnte Me­dien als "Feind­medien". Man kennt die Rede auch aus dem Sprach­ge­brauch von Kon­zer­nen, die sich stets "im Krieg" mit an­deren be­finden, und aus dem Sport, wo "Mon­ster­men­ta­li­tät" mas­sen­wirk­sam ein­ge­übt und ge­for­dert wird.

Wer ist der Feind? Da ist ein­mal die re­prä­sen­ta­ti­ve Demo­kra­tie, am ver­achtens­wer­tes­ten in Ge­stalt des Sozi­al­staats. Da ist die Sozi­al­demo­kra­tie. Und das ist, was man im All­ge­mei­nen als den mo­der­nen Libe­ra­lis­mus be­trach­tet, das auf­ge­klärte Den­ken der Mo­derne, die plu­ra­lis­tische Ge­sell­schaft. Wa­rum nen­ne ich eine höchst ak­tu­el­le Figur wie Kurz anti­mo­dern? Weil man jene wirt­schaft­liche Mo­derne, auf deren Seite er sich ge­schla­gen hat, den neo­libe­ra­len Finanz­kapi­ta­lis­mus, nicht mehr zur Mo­derne, son­dern zu deren Fein­den rech­nen muss.

Die Interessen der Mächtigen laufen denen der Demo­kra­tie zu­wider. Der Real­kapi­ta­lis­mus ist vom Fi­nanz­kapi­ta­lis­mus ab­ge­löst wor­den. Das bringt ein neues Set von Ein­stel­lun­gen mit sich. Die lange Wel­le der neo­li­be­ra­len Pro­pa­gan­da hat die­se Ein­stel­lun­gen mit viel Geld und stra­te­gi­scher Aus­dauer in der Welt ver­brei­tet; der Sieg des Neo­libe­ra­lis­mus hat die ein­schlä­gige Men­ta­li­tät von Busi­ness-Schools und Wirt­schafts­eli­ten aus­ge­hend so tief ins all­ge­meine Be­wusst­sein ver­ankert, dass sich die meis­ten nicht ein­mal des­sen be­wusst sind, im Neo­li­be­ra­lis­mus zu leben. Das wäre, als hät­ten Ein­woh­ner der Sowjet­union nicht ge­ahnt, dass sie im Kom­mu­nis­mus leben.

Trotz dieser beinahe allgemeinen Ver­blendung sind in Euro­pa, vor al­lem in ei­nem Staat wie Öster­reich, die Be­har­rungs­kräfte des So­zial­staats noch längst nicht über­wun­den. Neue zi­vil­ge­sell­schaft­liche Or­ga­ni­sa­tio­nen stel­len sich aber nicht an die Sei­te des So­zi­al­staats, viel­mehr defi­nie­ren sie ihre ethi­schen Vor­stel­lun­gen iden­ti­täts­poli­tisch oder vor dem Hori­zont des Über­lebens der Gat­tung. Teile des­sen, was man einst so­zi­ale Be­we­gungen nannte, sind mit den Grünen un­ver­sehens in eine Koa­li­tion mit Kräf­ten ge­raten, die ihren Prin­zi­pi­en zu­wider­lau­fen.

Die sozialdemokratische Opposition wiederum tut sich immer schwerer, die Glaub­wür­dig­keit ihres En­gage­ments für Zivil­ge­sell­schaft und die unte­ren Klas­sen der Ge­sell­schaft dar­zu­tun, weil ihre Ex­po­nen­ten selbst in die Finanz­wirt­schaft stre­ben, als In­ves­to­ren oder ins Manage­ment bör­sen­no­tier­ter Ge­sell­schaf­ten. So fin­den wir eins­ti­ge Ar­beiter­führer als Freun­de der Oli­gar­chen wie­der, er­staunt da­rüber, dass die Mas­sen nicht mehr ihnen glau­ben, son­dern rechts­ex­tremen Agi­ta­toren, die ihnen ihre al­ten Pa­ro­len ge­stoh­len haben.

Den Gewerkschaften wiederum macht ihr Miss­trauen ge­gen neo­li­be­rale Prin­zi­pien eine Un­ter­stüt­zung echt li­be­ra­ler Ini­tia­tiven schwer, und sie unter­schät­zen das Flexi­bili­täts-und Frei­heits­be­dürf­nis der meis­ten Men­schen. Ihre Schutz­funk­tion sieht im Neo­li­be­ra­lis­mus aus wie rei­ne De­fen­si­ve und wird erst in der Krise at­trak­tiver; poli­tisch of­fen­siv wurde sie nicht.

Keine Angst, wir sind noch bei Sebastian Kurz. Was den Libe­ra­lis­mus der Angst be­trifft, genüge die kleine Er­in­ne­rung, mit wel­cher Lust er in der ers­ten Co­ro­na-Phase die da­mals ge­wiss not­wen­dige Rolle des schar­fen Mah­ners über­nahm und sie im Seiten­blick auf die Zu­stim­mung auto­ri­täts­gläu­bi­ger Kli­en­tel über­trieb.

Wir befinden uns in einer großen Aus­einan­der­set­zung, in der die pre­kä­ren Er­run­gen­schaf­ten der Demo­kra­tie, des Rechts und Sozi­al­staats, eine Öf­fent­lich­keit mit frei­er Mei­nungs­äuße­rung fun­da­men­tal an­ge­grif­fen wer­den, sicht­bar von außen durch Auto­kra­tien in­ner­halb und außer­halb der EU, am be­ein­dru­ckendsten von China und am grau­samsten von Russ­land. Weni­ger sicht­bar ist der An­griff von in­nen, von rechts, denn diese Aus­ein­ander­set­zung fin­det gleich­sam hin­ter ei­ner Nebel­wand statt. Die einen ver­mö­gen die Wand nicht zu öff­nen, die ande­ren kämp­fen da­rum, sie mög­lichst dicht zu ge­stal­ten.

Nur im Nebel wählen Menschen gegen ihre Interessen. Als Bei­spiel für die­sen Nebel kann die Aus­einan­der­set­zung von free speech die­nen. Das Pro­b­lem wurde in der di­gi­ta­len Welt des­wegen groß, weil die di­gi­ta­len Me­dien von An­fang an ge­setz­lich als Platt­for­men be­han­delt wur­den, das heißt: als Me­dien in einer rechts­frei­en Zone. Die 1996 unter dem fa­ta­len Libe­ra­li­sie­rer Bill Clinton be­schlos­sene Section 230 des Communi­cations Decency Act, eines US-Ge­set­zes ge­gen Porno­gra­fie im Netz, ent­las­tete die digi­ta­len Ver­breiter von der Ver­ant­wor­tung für die von ihnen ver­brei­te­ten In­halte. Dies ge­schah ex­pli­zit, um den Tech-Kon­zer­nen der USA einen glo­ba­len Wett­be­werbs­vor­teil ge­gen­über ana­lo­gen Me­dien zu ver­schaf­fen. Eine ver­blen­dete Linke sah die Ge­fah­ren zu­erst nicht und be­trach­te­te den Cyber­space als herr­schafts­freien Raum, in dem sie technik­ge­stützt ihre neue kosmo­po­li­ti­sche, egali­täre Ge­sell­schaft aus­brü­ten würde. Die Des­illu­sio­nie­rung war be­trächt­lich, als sich der herr­schafts­freie Raum doch als von Kapi­tal­inter­es­sen domi­niert heraus­stellte und die Sili­con-Valley-Ideo­lo­gie nicht welt­weite Be­freiung, son­dern bloß radi­ka­le Kom­mer­ziali­sie­rung der glo­ba­len Kom­mu­ni­ka­tion im Sinn hat­te und sich als der tech­ni­sche Aus­druck des­sen heraus­stellte, was öko­no­misch Neo­li­bera­lis­mus, philo­so­phisch Nar­ziss­mus heißt, in der zu­tref­fen­den Inter­pre­ta­tion von Isolde Charim die Fähig­keit, ohne Zwang zu zwin­gen.

Der Staat hatte die Frage, was in einem Rechts­staat ge­sagt wer­den darf und was nicht, durch seine Regu­lie­rung pri­va­ti­siert. Da­mit schwäch­te er sich und über­ließ die Aus­ein­ander­set­zung ge­sell­schaft­lichen Grup­pen, die auf der Lin­ken zur cancel culture ten­dier­ten und zur Rech­ten zu einem miss­bräuch­li­chen Free-Speech-Radi­ka­lis­mus. (Es gibt auch ernst­ge­mein­ten Free-Speech-Radi­ka­lis­mus, wie ihn etwa der Lin­guist Noam Chomsky vertritt.)

So kommt es, um zum Nebel zurück­zu­kehren, dass Leute wie Donald Trump oder Elon Musk sich als Hel­den der Rede­frei­heit dar­stel­len kön­nen, der schöns­ten der bür­ger­li­chen Frei­heiten, ob­wohl ihnen der Sinn nach nichts an­derem steht, als den Rechts­staat zu­rück­zu­drän­gen, den Ga­ran­ten die­ser Frei­heiten. Er soll ihnen ihre Steuer­pri­vi­legien und ihre fet­ten Auf­trä­ge garan­tie­ren, sich aber nicht mit Ge­set­zen wich­tig­machen, die ihr Busi­ness be­hin­dern. Selbst­be­stim­mungs­recht für "die Wirt­schaft" - eine Art Wirt­schafts­demo­kra­tie, in der die (Medien-)kapital­be­sitzen­den über die an­deren be­stim­men. Auto­ri­tärer Kapi­ta­lis­mus, il­libe­rale Demo­kratie -wie immer man es nen­nen mag.

Meinungsfreiheit auf Europäisch und Rechts­staat­lich be­deu­tet, die Gren­zen die­ser Rede­frei­heit frei und mühe­los ein­kla­gen zu kön­nen. Diese Gren­ze ist das Ge­setz; durch die auch von Pro­gres­si­ven ver­tei­digte Nicht-Auf­find­bar­keit von Sprechen­den im Netz, die Ano­ny­mi­tät, lässt sich die­ses Ge­setz nur unter Mü­hen durch­setzen, die nicht alle auf sich nehmen kön­nen. Es ist also nicht mehr all­ge­mein gül­tig. Pro­tes­te ge­gen die­sen Zu­stand ha­ben da­zu ge­führt, dass das Regime der Selbst­kon­trol­le, für die Pres­se nach ähn­li­chen Pro­tes­ten in den USA der 1940er-Jahre ein­ge­führt, von den Social-Media-Kon­zer­nen wenigs­tens an­deu­tungs­weise an­ge­wen­det wird. Dies bleibt frag­wür­dig, weil Selbst­kon­trol­le der Will­kür der Kon­zerne über­las­sen wird.

Es ist Willkür, einem Lügner die Öffent­lich­keit zu ent­zie­hen, wenn er nichts Ge­setz­wid­ri­ges tut, eben­so wie es Will­kür ist, einen Lüg­ner vor dem Zu­griff des Ge­set­zes zu schüt­zen, wenn er an­deren Nach­teile zu­fügt. Die Will­kür der Tech-Kon­zerne führt zur Domi­nanz der poli­ti­schen Lüge. Oder führte die Lüge zur Will­kür?

Die Lüge wurde zum Mittel rechts­extremer Pro­pa­gan­da. Die von Mil­liar­dären fi­nan­zier­ten Me­dien der Alt-Right, wie das vom noto­ri­schen Steve Bannon ("Flood the zone with shit") ge­lei­tete Portal Breit­bart, ver­un­si­cher­ten die Öffent­lich­keit mit Des­in­for­mation. Dass ihre poli­ti­schen Ge­gen­spie­ler dies­be­züg­lich nicht un­schul­dig sind, ver­steht sich; aber die Wucht der Lü­gen der Rech­ten, an­ge­führt von Donald Trump, den Me­dien des Tycoons Rupert Mur­doch und der digi­ta­len Alt-Right-Publi­zis­tik, war nicht nur über­wäl­ti­gend, son­dern sys­te­ma­tisch. Das Auf­fäl­ligste und Neue an Trump war, dass er im Unter­schied zur Kon­kur­renz und sei­nen Vor­gän­gern un­be­küm­mert log. Von sei­ner größ­ten Lüge, die Wahl sei ihm ge­stoh­len wor­den, rückt er nach wie vor nicht ab.

Dieses unverschämte Lügenprinzip in Öster­reich hei­misch zu ma­chen, das war die größte Tat des Sebastian Kurz. Es be­gann mit der Fa­bri­ka­tion sei­ner Un­wider­steh­lich­keit mit ge­fälsch­ten Um­fra­gen und setzte sich fort bis zur from­men Lüge, er sei ab­ge­tre­ten, weil er sich seiner Fa­mi­lie wid­men wol­le. Durch­gehend zeigte er die ge­for­derte Monster­men­ta­li­tät. Diese Men­ta­li­tät stellt die Er­lan­gung und den Er­halt der Macht über die Gel­tung all­ge­meiner Regeln.

Demokratie beruht auf der Annahme, dass Dinge im öffent­lichen Dis­kurs so er­ör­tert wer­den, dass alle eine Chance haben, sich un­vor­ein­ge­nom­men ihre Mei­nung zu bil­den. Eine Fik­tion, ge­wiss, doch ist die Demo­kra­tie ins­ge­samt eine Fik­tion, die auf sol­chen An­nah­men be­ruht. Ein ge­wis­ses Maß an Selbst­kon­trol­le, Selbst­be­gren­zung, ja An­stand ist not­wendig, sol­len die demo­kra­tische Are­na und ihre Ins­ti­tu­tionen funk­tio­nieren. Wer­den die Spiel­re­geln miss­ach­tet, führt das zum Dik­tat der Stär­keren.

Man mag die österreichische Version des "disrupter", des "puer robustus", des star­ken Man­nes nicht als die er­kannt ha­ben, die sie war, weil sie in Maria­zell im Trach­ten­janker po­sier­te, sich mit ak­kurat be­ach­te­ter Tiefen­schär­fe und Farb­ge­bung im Alters­heim oder im trau­lichen Alpi­nisten­ge­wand beim Durch­strei­fen des Ge­birgs foto­gra­fie­ren ließ. Aber sie funk­tio­nier­te nach dem Prin­zip, un­sere Wer­te ste­hen hö­her als die der ande­ren. Wir er­rin­gen die Hege­mo­nie nicht mit bes­se­ren Ar­gu­men­ten, son­dern mit Ge­walt, mit dem Bre­chen von Re­geln, mit Lü­gen, mit Schwin­del.

Das sind etwas härtere Worte für das, was eupho­risch mit Mes­sage-Con­trol be­schrie­ben wird. Die­se kämpfte nicht nur an der Front der Bot­schaf­ten, sie zer­stör­te auch die Medien­land­schaft nach­haltig. Näm­lich da­durch, dass sie den kor­rup­tes­ten Boule­vard aus­gie­big fi­nan­zier­te; da­durch, dass sie den öf­fent­lich-recht­li­chen Rund­funk zu rui­nie­ren ver­suchte (nur Ibiza hatte dabei einen ver­zö­gern­den Ef­fekt); da­durch, dass sie das Privat­fern­sehen reich ali­men­tier­te (zu­fällig ist Anto­nella Mei-Pochtler Auf­sichts­rä­tin bei der ProSiebenSat.1-Grup­pe); da­durch, dass sie Feind­medien aus­trock­nete.

Die Gleichschaltung der Medien war das Ziel des Kurz-Regimes, er­klär­te sein Par­tei­ge­nos­se und Vor­gän­ger Rein­hold Mitter­lehner im Unter­suchungs­aus­schuss. Mit dem Mann, der in einem Chat mit dem ORF-Feind Heinz-Christian Strache von lauter "roten Zecken" im ORF re­dete, dem Inves­tor Alexan­der Schütz, ist Kurz nun ge­schäft­lich ver­partnert. Wie ein Satyr­spiel muten die gegen­sei­ti­gen Be­zich­ti­gungen von Sebastian Kurz und Thomas Schmid an, die sich in einem von Kurz auf­ge­zeich­neten und zum Zweck sei­ner Ent­las­tung von den Inse­raten­kor­ruptions­vor­wür­fen ge­führ­ten Tele­fo­nat mit Schmid zu einem Vor­text ge­gen­sei­ti­gen Schwin­delns auf­bauten, denn Schmid hatte die Ab­sicht des An­ru­fers er­fasst, so­dass das Pub­li­kum, dem die­ser denk­wür­dige Lügner­dia­log so­gleich über­mit­telt wurde, vor der alten Fra­ge stand, ob es dem Kreter glauben soll, der be­hauptet, dass alle Kreter lügen. Was man be­kannt­lich da­mit be­ant­wor­tet, dass man sich auf die Meta­ebene zu­rück­zieht und die bei­den Kreter von außen be­trach­tet. Aus dieser Per­spek­tive ver­steht man, dass Lügen einer­seits da­zu dient, das be­ste­hende Sys­tem zu kip­pen, und anderer­seits nur eine Form ist, die Auf­merk­sam­keit zu stei­gern.

Beides trifft idealtypisch bei dem neuen Twitter-Besitzer Elon Musk zu­sam­men. Er strebt mit der Wieder­zu­las­sung des von der Selbst­kon­trol­le aus­ge­schlos­senen Trump und sei­nem osten­ta­tiv dis­rup­ti­ven Ge­baren drei Dinge an: ers­tens als kom­mu­ni­ka­ti­ve Kraft zu mäch­tig zu wer­den, um re­gu­liert wer­den zu kön­nen; zwei­tens den bis­her, bei al­ler sys­te­misch an­ge­leg­ten Toxi­zi­tät, doch auch dis­kur­siv orien­tier­ten Mikro­blog­ging­dienst Twitter zu einer kom­plet­ten Cloud-App zu machen, digi­ta­le Kon­trol­le, Daten­an­häu­fung und Steue­rung des Publi­kums zwecks Er­hö­hung von Pro­fit und Macht in­klu­sive; und drit­tens das Ziel aller Nebel-und Lügen­poli­tik, bei al­lem gegen­tei­ligen Ge­rede über unter­neh­me­ri­sche Tu­gen­den und Risi­ko­freu­de vom Staat mas­sive Auf­träge und Sub­ven­tio­nen zu lu­krie­ren und gleich­zei­tig Ver­mögens­steuern zu ver­mei­den oder zu mini­mie­ren. Das Busi­ness heißt Über­wachungs­kapi­ta­lis­mus oder Cloud-Kapi­ta­lis­mus. Das klingt et­was wol­kig-un­ver­bind­lich, aber man kann schön be­schrei­ben, was Kurz mit ihm ver­bindet.

Es wurde oft bemerkt, dass der Cloud-Kapitalismus einige Wunder voll­bringt. Zum einen ver­an­lasst er uns da­zu, kos­ten­los zu ar­bei­ten, zum an­deren, dass er in uns Be­gier­den nach Din­gen er­weckt, die wir drit­tens dort, in der Cloud, gleich haben und kau­fen und auch be­zah­len wol­len, wo­für wir nicht nur mit Geld, son­dern auch mit un­seren Da­ten be­zah­len. Das vier­te Wun­der aber be­steht da­rin, all das nicht zu se­hen und die Vor­gän­ge auf der in­di­vi­dual­psycho­lo­gi­schen Ebe­ne zu be­las­sen. So ist das Inter­essante an der po­li­ti­schen Persona Kurz weni­ger die Tat­sache, dass sein Er­folg auch auf ge­konntem digi­ta­lem Mar­ke­ting be­ruhte; viel inter­es­san­ter sind die Wur­zeln sei­nes radi­kal dis­rup­tiven Han­delns.

Er rückte es nie in den Vordergrund, und auch seine Kri­ti­ker brachten sel­ten die Fäden zu­sam­men. Man­che wur­den erst nach dem Ende sei­ner po­li­ti­schen Lauf­bahn sicht­bar. Aber die Kon­tak­te zum neo­libe­ralen und cloud­orien­tier­ten Kapi­tal ent­stan­den von An­fang an durch seine Chef­be­ra­terin Mei-Pochtler. Sie war nicht nur im welt­wei­ten Execu­tive Commit­tee der Boston Con­sul­ting Group, sie lei­tete auch die Stab­stel­le für Stra­te­gie, Ana­ly­se und Pla­nung im Kanzler­amt, ver­ant­wort­lich für Öster­reichs "Digi­ta­li­sierungs­strate­gie" (im Bei­rat neben an­deren: Wire­card-Chef Markus Braun), sie ver­han­del­te in der ers­ten Koa­li­tion "Wirt­schaft und Ent­büro­kra­ti­sie­rung", und sie ver­mit­telte ge­mein­sam mit ihrem Mann, dem Indus­triel­len Christian Pochtler (seit 2020 eben­falls Auf­sichts­rat in einem ÖBAG-Unter­nehmen), für Kurz Kon­tak­te zu mäch­ti­gen Män­nern der Cloud-Indus­trie wie dem ehe­ma­li­gen Google-Chef Eric Schmidt, auf deren Ein­la­dung Kurz in den USA Ver­an­stal­tun­gen und Semi­nare be­suchte.

Dass Kurz sofort nach Ende seiner Tätigkeit im Kanzler­amt einen Job bei Peter Thiel er­hielt, darf man wohl eben­falls mit sol­chen Kon­tak­ten er­klä­ren. Thiel war der erste of­fen mit dem rech­ten Flü­gel der Repu­bli­ka­ner sym­pa­thi­sie­rende Sili­con-Valley-Tycoon, er be­riet auch Donald Trump und prä­sen­tiert sich als Intel­lek­tu­eller der Neuen Rechten. Er ist nicht nur vom fran­zö­si­schen Kultur­kri­tiker René Girard und des­sen Mimesis-Theorie be­ein­flusst, er ist viel­mehr ein be­ken­nen­der Straussianer. Auf den Philo­sophen Leo Strauss (1899-1973) be­ru­fen sich Gene­ra­tionen der den­ken­den US-ameri­ka­ni­schen Rechten, Neo­cons und Kriegs­trei­ber. Rechts­plato­ni­ker und in der Nach­fol­ge von Carl Schmitt ste­hend, ver­tritt Strauss eine radi­kal anti­auf­kläre­rische Hal­tung. Einer von Thiels be­rühm­tes­ten und am sel­tens­ten ge­le­senen Essays trägt den Titel "The Straussian Moment". Auch wenn Thiel darin, unmittelbar nach 9/11, gegen die Anwendung von Gewalt plädiert, nennt er das Ziel der postmodernen Welt un­miss­ver­ständl­ich: "The peace of the king­dom of God." Der Weg dort­hin ist klar: "Es kann kein wirk­li­ches Über­ein­kom­men mit der Auf­klä­rung ge­ben, denn zu viele ihrer Binsen­weis­heiten haben sich in unserer Zeit als töd­liche Lü­gen er­wiesen."

Neben seiner Tätigkeit bei Thiel Capital agiert Kurz auch als Inves­tor. Eine sei­ner ers­ten Akti­vi­täten war die Grün­dung einer Firma namens "Dream Secu­rity" ge­mein­sam mit dem ehe­ma­li­gen Lei­ter der israe­li­schen Firma NSO, be­rüch­tigt für die Spion­age­soft­ware Pegasus. Ge­schäfts­zweck des Kurz-Unter­nehmens ist "Cyber-Security". Das passt recht gut zu den Akti­vi­tä­ten Thiels, dessen Big-Data-Firma Palantir Techno­lo­gies nicht nur für Hedge-Fonds und Ban­ken ar­bei­tet, son­dern vor allem für das US-Ver­teidi­gungs­minis­terium.

Bei einem Teil der US-amerikanischen Rechten ist das Ver­hältnis zu den Evan­geli­kalen anders als bei Donald Trump nicht nur instru­men­telles Zweck­bünd­nis. Funda­men­ta­lis­mus und Neo­libe­ralis­mus gehen sehr gut zu­sam­men, und Peter Thiel ist da­für ein promi­nen­tes Bei­spiel. Auf funda­men­ta­lere Art wird hier die plat­te öko­no­mi­sche Maxi­me des Fried­rich August von Hayek über­höht, die Wolf­gang Schüs­sel, Kurz' Vor­läufer und Be­rater im Hinter­grund, mit dem Slogan "Mehr privat, weniger Staat" un­über­trof­fen tri­via­li­siert hatte.

Im österreichischen Sandkistenformat erstaunt es nun weniger, dass ein Funda­men­ta­lis­mus-Sympa­thi­sant wie Bern­hard Bonelli, aus­ge­bil­det im Reich Mei-Pochtlers bei Boston Con­sul­ting, das Kabi­nett von Kurz lei­tete. Es nimmt nun weni­ger wunder, dass Natio­nal­rats­prä­si­dent Wolf­gang Sobotka Gebets­stun­den im Par­la­ment ab­hal­ten lässt. Und das evan­geli­ka­le Weihe­spiel von Sebastian Kurz in der Stadt­halle be­kommt einen Sinn.

Das antiaufklärerische Revirement fundamentalistischer Religion ist in Öster­reich mit dem Rück­tritt ver­schie­de­ner von Papst Johannes Paul II. er­nannter Kardi­näle und Bi­schöfe einer moder­neren Kir­che ge­wichen. Aber in Euro­pa kamen zur glei­chen Zeit Re­gimes mit reak­tio­när-kleri­ka­len An­lie­gen auf: Polen und Un­garn mach­ten die "illi­berale Demo­kratie" zum Schlag­wort. Vor allem die Freund­schaft von Kurz zum Orbán-Regime war von An­fang an nicht zu über­sehen.

Die Persona Kurz ist eine Nebelfigur erster Klasse, ein höf­li­cher Rüpel, ver­siert in der Kunst, al­les per­fekt aus­zu­spre­chen und da­hin­ter ganz an­deres zu ver­ber­gen. Nie­mals die Con­te­nance zu ver­lieren und auf schein­bar un­er­schüt­ter­lich net­te Wei­se die Geg­ner gna­den­los mit al­len Mit­teln nieder­zu­machen. Er war nicht nur ein Fabri­kant schö­nen Scheins. Er hat ein Land be­schis­sen, seine ei­gene Par­tei be­schis­sen, die Me­dien, die er mit Staats­knete zu­schiss, die Kir­che, die ihm para­evan­geli­kal hul­digte, das Par­la­ment, das er dis­kre­di­tierte, die Jus­tiz, die er ins­tru­men­ta­li­sierte, die Staats­an­walt­schaft, die er at­ta­ckierte -sie alle sehen den Sauber­mann nun als einen da­stehen, der an­patzte: sich selbst und ein ganzes Land mit ihm

Über den Author:

Armin Thurnher, geboren 1949 in Bregenz, ist Mitbegründer, Chef­redak­teur und Heraus­geber der Wiener Wochen­zeitung FALTER. Er er­hielt zahl­reiche Preise und Aus­zeich­nungen, unter an­derem den Ehren­preis des Öster­rei­chi­schen Buch­handels für Tole­ranz, als erster Nicht-Deut­scher den Otto-Brenner-Preis für seinen Ein­satz für ein so­zia­les Eu­ro­pa und den Bruno-Kreisky-Preis für das poli­ti­sche Buch für sein Lebens­werk. Thurnher ist Autor einer Viel­zahl an Büchern. Im Falter Verlag er­schienen seine poli­ti­schen Kom­men­tare „Seinesgleichen“ und das mit Irena Rosc ver­fasste Koch­buch „Thurnher auf Rezept“. Seine Kolumne „Seines­gleichen ge­schieht“ er­scheint seit 1983 jede Woche im FALTER.

Posted by Wilfried Allé Monday, April 10, 2023 10:32:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Superyachten 

Luxus und Stille im Kapitalozän

von Grégory Salle

ISBN: 9783518127902
Verlag: Suhrkamp
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 170 Seiten
Erscheinungsdatum: 20.11.2022
Übersetzung: Ulrike Bischoff
Reihe: edition suhrkamp
Ausgabe: Deutsche Erstausgabe
Preis: € 16,50

Kurzbeschreibung des Verlags:

Abramowitsch hat eine, der Emir von Abu Dhabi auch, Jeff Bezos so­wieso: Super­yachten sind Aus­weis der Zu­ge­hörig­keit zum Club der lucky few. Sie er­mög­li­chen gren­zen­lose Mo­bi­li­tät und ex­klu­si­ven Gel­tungs­kon­sum. Zu­gleich sind sie schwim­mende Um­welt­sün­den. Sie ver­bren­nen Un­men­gen Treib­stoff, ihre An­ker zer­stö­ren kost­bare Flora. Und sie sind Spiel­fel­der obs­zö­ner Un­gleich­heit: Wäh­rend ihre Be­sit­zer zu den ein­fluss­reichs­ten Men­schen der Welt ge­hö­ren, ist das Bord­per­so­nal oft Will­kür und Recht­lo­sig­keit aus­ge­lie­fert.
Grégory Salle sieht in den riesigen Luxus­schif­fen den Schlüs­sel zum Ver­ständ­nis des ge­gen­wär­ti­gen Ka­pi­ta­lis­mus. In sei­nem ful­mi­nan­ten Essay zeigt er, dass Super­yach­ten nicht ein­fach Sym­bole des Ex­zes­ses sind. Viel­mehr sind sie Sym­bole da­für, dass der Ex­zess zum Kenn­zei­chen un­se­res Zeit­al­ters ge­worden ist.

FALTER-Rezension
Der Wille zur Yacht

Gerade waren sie noch reich und schön, jetzt kotzen sie sich die Seele aus dem Leib. Da nüt­zen kein Gucci und kein Maha­goni, hel­fen keine Bril­lan­ten und keine Kris­tall­lus­ter, denn Luxus be­sänf­tigt Magen­säfte nicht. Der Film "Triangle of Sadness" schickt die Gäste einer Yacht mit ver­dor­be­nen Aus­tern und Sturm auf einen wah­ren Höl­len­trip.
Während das Schiff schwankt und Ladys im Er­bro­che­nen lie­gen, be­trinkt sich der Kapi­tän mit einem Geld­sack. An­stel­le von Trink­sprü­chen le­sen sie sich Zi­ta­te vor. "Sozia­lis­mus funk­tio­niert nur im Him­mel, wo sie ihn nicht brau­chen, und in der Höl­le, wo sie ihn schon ha­ben", gibt der reiche Russe US-Prä­si­dent Ro­nald Reagan zum Bes­ten. "Der letzte Kapi­ta­list, den wir hän­gen, wird der sein, der uns den Strick ver­kauft hat", kon­tert sein Sauf­kum­pan mit Karl Marx.

Welcher andere Ort könnte sich besser für Ruben Östlunds Up­per­class-Sa­tire eig­nen als eine Luxus­yacht? Schon der rea­le Dreh­ort hat Gla­mour: Die "Chris­tina O" ge­hör­te einst dem Reeder Aris­to­te­les Onas­sis. 1948 er­warb der Lieb­haber der Opern­diva Maria Callas und Ehe­mann von Jackie Kennedy güns­tig ein Kriegs­schiff, das vier Jahre zu­vor noch der Offen­sive der Alli­ier­ten in der Nor­man­die diente.

Für den Umbau berappte der Grieche mehrere Mil­li­onen, dann lud er VIPs wie Wins­ton Chur­chill oder die Schau­spie­lerin Grace Kelly an Bord ein. Als Hot Spot galt "Ari's Bar", deren Hocker Onas­sis mit Leder aus der Vor­haut von Walen hatte über­zie­hen las­sen. "Sie sitzen auf dem größten Penis der Welt", raunte der Gast­geber Film­stars wie Greta Garbo zu.

Ob im echten Leben oder in James-Bond-Filmen, Luxus­yachten strö­men über vor Tes­tos­te­ron-ge­trie­be­nen Anek­do­ten aus dem Fach "Die ver­rückten Strei­che der Rei­chen". Etwa jene des Ama­zon-Be­sit­zers Jeff Bezos, des­sen neues XXL-Schi­na­kel 2022 aus ei­ner Rot­ter­da­mer Werft ins of­fene Meer se­geln sollte. Blöder­weise stand eine denk­mal­ge­schütz­te Brücke im Weg von Bezos' Mega-Mas­ten. Dass ein Ab­bau der Brücke auch nur an­ge­dacht wurde, ging um die Welt.

Es gibt aber noch einen anderen Zu­gang zum Phäno­men Luxus­yachten als den von Papa­raz­zi, Boule­vard­presse oder Yachting-Maga­zinen. Bei Suhr­kamp er­schien kürz­lich das Buch "Super­yachten. Luxus und Stil­le im Kapi­talo­zän" des Sozio­logen Grégory Salle. In Es­says zieht der Fran­zose aus dem Boom sünd­teu­rer Pri­va­schiffe die Ge­sell­schafts­di­a­g­no­se, dass Reich­tum das Gehen über das Was­ser er­mög­liche.

"Eine Handvoll Superreicher amüsiert sich auf dem Meer - na und?", hinter­fragt Salle kurz sein wis­sen­schaft­liches Inter­esse, aber das ist nur rhetorisch. Schließlich zeigt er, wie eine neofeudale Kaste das Meer verpestet und mit ihren Ankern maritime Flora zerstört. Der öffentlichen Hand lassen die Milliardäre keinen Cent, kreuzen sie doch unter den Flaggen von Steuerparadiesen wie Malta oder den Cayman Islands. Mittels Lobbyismus befreien sich ihre Eigentümer von juristischen Einschränkungen, Grenzen moralischer Natur sind längst weggespült

Als Yacht gilt ein Boot ab zehn Metern, ab 25 Metern fin­gen einst die Luxus­yachten an, heute liegt die­se Kate­go­rie bei 40 Metern. Fast alle wer­den in Ita­lien, Deutsch­land und den Nieder­landen ge­baut; sie spie­len alle Stückln, vom glä­ser­nen Pool bis zu Mini-U-Booten als Zu­behör. Frü­here Eli­ten hat­ten ihre Schlös­ser, heute sind es schwimm­ende Pa­läs­te mit Hub­schrau­ber­lande­plätzen.

Es ist symptomatisch für ihre sprung­haften Be­sitzer, dass auch mit vie­len Ex­tras maß­ge­schnei­der­te Ge­fährte rasch wie­der ver­kauft wer­den. Viele die­nen dann als Charter­yachten, so auch Onas­sis' Traum­schiff. Laut Wiki­pe­dia konnte die "Chris­tina O" zu­letzt für 450.000 Dol­lar pro Wo­che ge­mie­tet wer­den. Stars wie Ma­don­na und Johnny Depp, aber auch Prinz Andrew schip­per­ten da­mit durchs Mit­tel­meer.

Preislich ist da noch viel Luft nach oben, wie Pop­star Beyoncé zeigte. Sie genoss ihren letz­ten Bade­ur­laub mit Gatte Jay-Z und Kiddies auf der "Flying Fox" vor Kro­a­tien, Kos­ten­punkt: sie­ben Tage um 1,5 Mil­li­onen Euro. Die wich­tigs­ten Kri­terien für Yacht­be­sitzer wären Größe, Crew und Hyper­mo­bi­li­tät, führt Salle an.

Die mit 180 Metern längste Motoryacht der Welt sieht wie ein klei­nes Kreuz­fahr­tschiff aus. Aber die "Azzam" hat nur Bet­ten für 36 Pas­sa­giere so­wie für 80 Kopf Per­so­nal. Bei ihrer Höchst­ge­schwin­dig­keit von 31 Kno­ten (58 km/h) ver­braucht die­se Giga­yacht sage und schrei­be 13 Ton­nen Die­sel pro Stun­de, kos­tet al­so um die 19.000 Euro. Eine durch­schnitt­liche Super­yacht stößt jähr­lich 7020 Ton­nen CO2 aus.

In einer Zeit, so Salle, "in der sich der Charakter großer Ver­mö­gen in­fol­ge der Fi­nanzia­li­sierung des Kapi­tals ent­materia­li­siert hat", wür­den Super­yachten als hand­fes­tes Sym­bol für ein rie­si­ges Ver­mögen die­nen. Kein Wun­der, dass die Be­hör­den er­freut waren, als sie im Zuge des Ukra­ine-Kriegs eini­ge Mega­yachten rus­si­scher Oli­gar­chen be­schlag­nahmen konnten.

Ein solcher "Fang" war das 600 Millionen Dollar teure Schiff des Mil­liar­därs Andrej Mel­nit­schenko im Hafen von Triest. Der Groß­teil der most-wanted Schif­fe schal­tete je­doch il­le­galer­weise sein GPS-Identi­­aus und düste ab in sicherere Gefilde wie Montenegro, Dubai oder gleich in den Indischen Ozean.

In seinem Buch nennt Salle die Daseinsform auf Superyachten eine "demonstrative Abgeschiedenheit", also das Paradox einer sichtbaren Unsichtbarkeit. Der US-Künstler Jeff Koons spielte darauf bereits 2013 an, als er das Schiff des Industriellen und Kunstsammlers Dakis Joannou gestaltete.

Für die Yacht mit dem selbstironischen Namen "Guilty" wandelte Koons ein Tarnmuster mit dem Namen "Razzle Dazzle" ab. Mit diesen Balken strich die britische Royal Navy im Ersten Weltkrieg ihre Kriegsschiffe zur Täuschung des Gegners an.

Die allerneueste Antwort auf den Wunsch nach spektakulärer Tarnung sind Yachten mit verspiegelter Außenfläche. Dieser Tage wurde die futuristische "Pegasus" gelauncht. Sie trägt Außenpaneele aus dem 3-D-Drucker, die Himmel und Wasser reflektieren. Laut Pressebericht fährt das Spiegelschiff mit superökologischem Antrieb -Greenwashing Ahoi!

Kunst auf dem Wasser ist schon länger ein großes Thema. Ab Beginn der 2000er-Jahre wurden in fast jedem Bericht von der Biennale von Venedig die vor den Giardini ankernden Yachten erwähnt. Auch die Milliardärin Heidi Horten hatte ihre "Carinthia VII" in der Lagune stehen. Der Trend zur Yacht-Kunstmesse hat sich zwar nicht durchgesetzt, aber dafür gibt es mittlerweile konservatorische Beratungsfirmen, die Gemälde und Skulpturen vor dem salzigen Klima schützen helfen.

Zu den wenigen kritischen Arbeiten über Superyachten zählt die Installation "Post-Social Sea", die letztes Jahr im Wiener Künstlerhaus zu sehen war. Die Konzeptkünstlerin Angela Anderson hat darin die 50 weltweit größten Yachten sowie deren Routen recherchiert.

"Bei einem Besuch in Rijeka 2019 sah ich im Hafen die kaputte Yacht des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Tito liegen", erzählt die in Berlin lebende US-Amerikanerin dem Falter ihr Schlüsselerlebnis. Eines Abends leuchteten weiter draußen am Meer eigenartige Lichter. Damals hatte Anderson bereits eine jener Apps auf ihrem Handy, die Schiffe per Satellit lokalisieren.

Der Tracker "Shipfinder" zeigte ihr an, dass es sich um die "Royal Romance" des ukrainischen Oligarchen und Putin-Verbündeten Wiktor Medwedtschuk handelte. "Ich bekam Gänsehaut", erinnert sich Anderson angesichts des mächtigen Auftritts und der potenziellen Nähe des Separatistenführers.

In früheren Arbeiten hat sich die politische Künstlerin mit der Rohstoffindustrie und deren verheerenden Folgen für Mensch und Natur beschäftigt. Dafür besuchte sie Aktivisten in Ecuador, North Dakota und zuletzt in Griechenland. Unweit von Thessaloniki wurde in Skouris eine Goldmine entdeckt, die eine kanadische Firma ausbeuten sollte. Die heftigen Proteste der lokalen Bevölkerung gegen die Umweltzerstörung beeindruckten die wirtschaftsgebeutelte Regierung in Athen kaum.

Seit Anderson die Eigentümer von Megayachten auf ihrem Radar hat, hat sie viel über Briefkastenfirmen gelernt, mit denen Besitzverhältnisse verschleiert werden. Die Künstlerin stieß aber immer wieder auf Namen, die ihr aus den Bergbauindustrien geläufig waren. "Bald fühlte sich jede einzelne Yacht wie die Geschichte eines Verbrechens an", sagt Anderson.

"Post-Social" im Titel von Andersons Installation bezieht sich auf einen Luxusyacht-Hafen in Montenegro, wohin sie für Videoaufnahmen reiste. Im Jahr 2006 erwarben der Moskauer Oligarch Oleg Deripaska, der französische Milliardär Bernard Arnault (Louis Vuitton, Moët &Chandon u.a.), Peter Munk aus dem Goldbergbau und andere Großunternehmer eine ehemalige Marine-Basis in der Bucht von Kotor.

Seither wurde dort eine hochmoderne Tiefwasser-Marina mit 650 Liegeplätzen (ein Viertel davon für Superyachten) errichtet. Sie bietet Sicherheit auf High-Tech-Niveau, liberale Zollvorschriften und steuerfreien Diesel. Luxusyachten können hier wesentlich günstiger liegen als an der Côte d'Azur oder in Portofino.

Überall an der montenegrinischen Küste herrsche im Sommer viel Trubel, schildert Anderson, nur im Luxushafen war es sonderbar still: "Im Supermarkt wird Champagner und Cognac für tausende Euro angeboten." Die Bucht von Kotor gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Wie verträgt sich dieser Status mit der aus dem Boden gestampften Hafenanlage, deren Schiffe das Wasser versauen?

"Superreiche Yachtbesitzer verursachen an einem Sommertag mehr Umweltverschmutzung als die Mehrheit der Menschen in ihrem ganzen Leben, doch die Politiker lassen sie weiterhin ungeschoren davonkommen", empörte sich kürzlich auch ein Vertreter der NGO Transport & Environment darüber. Selbst Megayachten sind vom europäischen Emissionshandel immer noch ausgenommen.

Auch der Soziologe Salle schildert in einem Kapitel, dass Luxusyachten in Frankreich durch eine Reform der Vermögenssteuer 2018 von Abgaben verschont wurden. Die kapitalfreundliche Fiskalpolitik sei nicht zuletzt das Resultat von Lobbyismus in einer immer ungleicheren Gesellschaft.

"Superyachten sind nicht nur an Offshore-Finanzplätzen registriert und legen gern dort an, sondern sie sind selbst schwimmende Steuerparadiese", sagt Salle über Schiffe, die ständig herumkreuzen, um sich nirgends registrieren zu müssen.

In der Not -etwa bei einer Pandemie - drehen Milliardäre den Motorschlüssel um und dem Rest der Welt den Rücken zu. Wenn das nicht zum Kotzen ist.

Nicole Scheyerer in Falter 6/2023 vom 10.02.2023 (S. 36)

Posted by Wilfried Allé Sunday, February 12, 2023 9:03:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Earth for All 

Ein Survivalguide für unseren Planeten

Der neue Bericht an den Club of Rome, 50 Jahre nach »Die Grenzen des Wachstums«

ISBN: 9783962383879
Verlag: oekom verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 06.09.2022
Übersetzung: Rita Seuß
Übersetzung: Club of Rome, Barbara Steckhan
Preis: € 25,70

Kurzbeschreibung des Verlags:

»Wohlstand innerhalb der Grenzen unseres Pla­neten ist mög­lich!« Jørgen Randers
1972 er­schüt­ter­te ein Buch die Fort­schritts­gläu­big­keit der Welt: »Die Gren­zen des Wachs­tums«. Der erste Be­richt an den Club of Rome gilt seit­her als die ein­fluss­reichs­te Publi­ka­tion zur dro­hen­den Über­las­tung un­se­res Pla­ne­ten. Zum 50-jäh­rigen Jubi­läum blicken reno­mmier­te Wis­sen­schaft­ler*innen wie Jørgen Randers, Sandrine Dixson-Declève und Johan Rock­ström aber­mals in die Zu­kunft – und le­gen ein Ge­ne­sungs­pro­gramm für un­sere kri­sen­ge­schüt­tel­te Welt vor.
Um den trägen »Tanker Erde« von seinem zer­störe­ri­schen Kurs ab­zu­brin­gen, ver­bin­den sie ak­tuel­le wis­sen­schaft­liche Er­kennt­nis­se mit in­no­va­ti­ven Ideen für eine an­dere Wirt­schaft. Der ak­tu­el­le Be­richt an den Club of Rome lie­fert eine poli­ti­sche Ge­brauchs­an­wei­sung für fünf we­sent­liche Hand­lungs­fel­der, in de­nen mit ver­gleich­bar klei­nen Wei­chen­stel­lun­gen große Ver­än­de­run­gen er­reicht wer­den können

  • gegen die Armut im globalen Süden,
  • gegen grassierende Ungleichheit,
  • für eine regenerative und natur­ver­träg­liche Land­wirt­schaft,
  • für eine umfassende Energiewende
  • und für die Gleichstellung der Frauen.

Wer wissen will, wie sich eine gute Zu­kunft rea­li­sie­ren lässt, kommt an »Earth for All« nicht vorbei.

FALTER-Rezension:

Über eine Erde, wie wir sie nicht kennen wollen

Shu, Samiha, Carla und Ayotola: Sie alle wurden am selben Tag im Au­gust 2020 ge­boren. Samiha kam in einem Slum in Bangla­desch zur Welt, Ayotola in einem Armen­vier­tel im ni­geria­ni­schen Lagos. Die Fa­mi­lien von Shu und Carla hin­ge­gen sind bes­ser­ge­stellt. Shu wächst in der chi­ne­si­schen Stadt Chang­sha auf, Carla im kali­for­ni­schen Los An­geles. Wie es ihnen er­ge­hen wird, wie alt sie wer­den – all das wird maß­geb­lich da­von ab­hän­gen, um wie viel Grad die glo­ba­le Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur stei­gen wird. Die vier Mäd­chen sind fik­ti­ve Fi­gu­ren; Wis­sen­schaft­ler:innen ha­ben aber an­hand zwei­er Klima­sze­na­rien ty­pi­sche Lebens­wege für sie nach­ge­zeich­net. Nach­zu­le­sen sind diese im Buch „Earth for All“, dem neu­en Be­richt an den Club of Rome, der vor 50 Jah­ren mit „Die Grenzen des Wachstums“ auf­rüt­telte.

Die Klimabücher dieses Herbstes machen klar: Ein Zu­rück zu ei­nem ge­mäßig­ten Kli­ma gibt es nicht mehr, ex­tre­me Wet­ter­er­eig­nis­se wer­den wei­ter zu­nehmen. Jetzt geht es da­rum, ob die Mensch­heit den­noch einiger­maßen ge­deih­lich wei­ter­le­ben kann – oder ob die heu­ti­gen Kin­der und Jugend­li­chen in einer Plus-drei-Grad-Welt wer­den le­ben müs­sen. „Eine Erde, wie wir sie nicht ken­nen wol­len“, so Stefan Rahmstorf, ei­ner der Leit­au­to­ren des vier­ten Sach­stands­be­richts des Welt­kli­ma­rates (IPCC). Und, da sind sich die Auto­rin­nen und Auto­ren der Bü­cher „Earth for All“, „Sturm­no­ma­den“ und „3 Grad mehr“ einig: Herum­reißen las­se sich das Ruder nur, wenn die Kluft zwi­schen Arm und Reich klei­ner wird. Die drei Bü­cher ge­hö­ren zum Wich­tigs­ten, das ein Mensch der­zeit lesen kann.

„3 Grad mehr“ lautet der Titel des Sammel­ban­des von 19 Au­to­ren, da­run­ter die Klima­for­scher Stephan Rahmstorf und Hans Joachim Schelln­huber so­wie die Sozial­for­sche­rin Jutta Allmen­dinger. Aber wa­rum sol­len wir uns über­haupt ein Drei-Grad-Sze­na­rio an­sehen, se­hen doch die Pari­ser Klima­ziele eine Er­wär­mung von 1,5, höchs­tens zwei Grad vor? Weil wir laut jüngs­tem Welt­kli­ma­be­richt be­reits auf dem bes­ten Weg in Rich­tung drei Grad plus sind.

Was das bedeutet, müssten die Menschen wissen, findet Heraus­geber Klaus Wiegandt. Viel zu lange habe die Po­li­tik die Kri­se ver­harm­lost, und so glau­bten vie­le im­mer noch, es gehe „bloß“ um Eis­bären und ein paar ver­sin­kende Insel­chen. „Wüssten die Men­schen, was den Enkel­kin­dern be­vor­steht, würde das keiner wol­len“, sagte Wiegandt ein­mal: näm­lich „eine Radi­kali­sie­rung des Wet­ter­ge­sche­hens“. Wüssten sie es, ist er sich sicher, wür­den sie eine völ­lig an­de­re Poli­tik ein­fordern.

Stakkatoartig zählt Stephan Rahmstorf auf, in wel­cher Welt seine Kin­der, der­zeit Gymna­sias­ten, da le­ben müssten – und mit ihnen rund vier Mil­liar­den Men­schen, die heu­te jün­ger als 20 Jahre alt sind. Drei Grad glo­ba­le Er­wär­mung, das be­deu­tet für viele Land­ge­biete sechs Grad mehr, so auch für Deutsch­land und Öster­reich. „Damit wäre Ber­lin wär­mer, als es Ma­drid heute ist.“ An den heißes­ten Ta­gen müssten die Deut­schen dann um die 45 Grad er­tra­gen. Rund um den Erd­ball wür­den sich „die wäh­rend Hitze­wel­len töd­lich heißen Ge­biete mas­siv aus­wei­ten“. Ex­trem­wet­ter­er­eig­nis­se näh­men über­pro­por­tio­nal zu. Stark­regen, Dürre­peri­oden, Tro­pen­stür­me – sie alle kä­men öf­ter, wür­den hef­ti­ger und blie­ben länger.

Beim Meeresspiegel wäre schon ein Meter Anstieg „eine Katas­trophe“, schreibt Rahmstorf: Weil an den Küsten­li­nien mehr als 130 Mil­lio­nen­städte lie­gen, da­zu Häfen, Flug­häfen und 200 Kern­kraft­werke. Bei drei Grad plus stie­gen die Meere laut IPCC-Be­richt je­den­falls um 70 Zenti­me­ter. Er­reicht aller­dings das Grön­land­eis sei­nen Kipp­punkt und schmilzt kom­plett ab, steigt der Meeres­spie­gel um sie­ben Meter. Auch welt­weite Hun­ger­kri­sen be­fürch­tet Rahmstorf. „Ich per­sön­lich“, schließt er sei­nen furi­osen Text, „halte eine 3-Grad-Welt für eine exis­ten­ziel­le Ge­fahr für die mensch­liche Zi­vi­li­sation“.

Was heißt eine solche Heißzeit nun für unsere vier Mäd­chen? In „Earth for All“ schaut sich der Club of Rome zwei Sze­na­rien an. Das schlech­tere, „Too little, too late“, er­scheint gar nicht so pessi­mis­tisch. Da pas­siert bis 2050 durch­aus eini­ges: Wind­räder und Foto­vol­taik­an­lagen ge­hen in Be­trieb, auch in Asien schließen die Kohle­kraft­werke. Den­noch ist alles zu we­nig und zu spät. Fos­sile Brenn­stof­fe kom­men im­mer noch zum Ein­satz, die Men­schen kle­ben an ihren Au­tos und es­sen viel zu viel ro­tes Fleisch. Ins­ge­samt ist es mehr ein Durch­la­vie­ren. Kommt Ihnen be­kannt vor?

Mithilfe aufwendiger Simulationsprogramme haben die For­scher er­rech­net, was das für die Tem­pe­ra­turen, die Welt­be­völ­ke­rung, die Ver­füg­bar­keit von Nah­rungs­mit­teln und vie­les mehr be­deutet. Dem­nach über­springt die Erde mit „Too little, too late“ be­reits 2050 die Zwei-Grad-Grenze.

In diesem Jahr sind unsere Mädchen 30 Jahre alt. Shu ist Was­ser­wirt­schafts­in­genieu­rin, häu­fige Über­schwem­mun­gen be­dro­hen Chinas Nahrungs­mit­tel­sicher­heit. Carla zieht von Kali­for­nien in den Nor­den, hat je­doch das Ge­fühl, dass Brän­de und Hitze ihr fol­gen. In Bangla­desch hat Samiha ihren Job in ei­ner Klei­der­fa­brik ver­loren, weil die Küsten­re­gion we­gen der Flut­katas­tro­phen all­mäh­lich auf­ge­ge­ben wird. Ayotola lebt mit vier Kin­dern im Armen­vier­tel, nur der Sohn wird zur Schu­le ge­hen können.

Noch weiter in die Zukunft geschaut, stirbt Carla mit 65 an Krebs. Samiha lei­det im Slum unter Was­ser- und Es­sens­knapp­heit. Im ni­geria­ni­schen Lagos mussten Ayotola und ihr Mann ihre Unter­kunft we­gen immer ge­fähr­li­cherer Flu­ten auf­geben. Noch am bes­ten geht es Shu, deren Kom­pe­ten­zen im Hoch­was­ser­manage­ment sehr ge­fragt sind.

Wie realistisch solche Lebensläufe sind, hat Kira Vinke rund um den Erd­ball re­cher­chiert. Die Lei­te­rin des Zen­trums für Kli­ma und Außen­poli­tik der Deut­schen Ge­sell­schaft für Aus­wär­tige Poli­tik hat zahl­reiche Län­der be­sucht, sie er­zählt von Hir­ten im Sahel, von Fi­schern auf den Philip­pinen – und von der Flut im deut­schen Ahrtal 2021.

Längst haben Millionen ihre Heimat ver­lassen, weil Tai­fune oder Dür­ren ihnen die Exis­tenz raub­ten. Viele blei­ben da­bei in­ner­halb ihrer Her­kunfts­län­der, so wie in Bangla­desch: Im Korail-Slum in Dhaka trifft Vinke zwei jun­ge Frau­en, die aus dem Sü­den des Landes hier­her kamen, weil ihre alte Hei­mat im­mer wie­der über­flu­tet wur­de. Aber auch in ihren Hüt­ten sind sie nicht si­cher. „Bin­nen Minu­ten“, be­schreibt Vinke einen Stark­regen, „steigt das Was­ser ge­fähr­lich hoch und schwappt lang­sam in die Hüt­te.“ So sei es hier eben, „es gibt keine rich­ti­ge Kana­li­sation“, er­klärt eine Frau. Vinke watet durch Dreck und Fä­ka­lien. Die Men­schen in den Slums wer­den nicht alt.

Und was jetzt?

„3 Grad mehr“ setzt vor allem auf „natur­ba­sier­te Lö­sun­gen“: Auf­fors­tung, nach­hal­tige Holz­nutzung, Wieder­ver­näs­sung der Moore, re­gene­ra­ti­ve Land­wirt­schaft. Zum Wich­tigs­ten aber ge­höre der Schutz des Regen­wal­des. Ein ver­bind­li­ches Ab­kom­men zum Stopp der Ab­hol­zung der Regen­wäl­der in­ner­halb der nächs­ten Jah­re könnte ein glo­ba­les Auf­bruchs­sig­nal ein, schreibt Wie­gandt: Es wür­de die CO2-Emis­sio­nen so dras­tisch re­du­zie­ren, „als würde Europa bis spätes­tens 2026 klima­neu­tral“.

Doch all das braucht Investitionen, und dafür fordern alle drei Bücher eine Um­ver­tei­lung. Die müs­se so­wohl vom glo­ba­len Nor­den in den Süden statt­fin­den als auch in­ner­halb der ein­zel­nen Län­der. „3 Grad mehr“ geht da­von aus, dass zu­min­dest zwei Pro­zent des Welt­so­zial­pro­dukts nö­tig sein wer­den, „Earth for All“ schätzt zwei bis vier Pro­zent. Nichts, was nicht zu stem­men wäre, ar­gu­men­tie­ren sie.

Nun wird jenen, die den Kampf gegen die Klima­krise ein­for­dern, ja gern vor­ge­wor­fen, sie wollten rein ideo­lo­gisch moti­viert auch gleich den so­zia­len Um­sturz durch­drücken. Aller­dings nen­nen die For­scher nach­voll­zieh­ba­re Argu­men­te: Är­mere Län­der kön­nen sich sonst kei­nen Klima- oder Wald­schutz leis­ten. Und auch in den bes­ser­ge­stellten Län­dern wer­den jene, die un­ver­hältnis­mäßig un­ter den Kos­ten etwa der Ener­gie­wende lei­den, pro­tes­tie­ren und den Kurs­wech­sel nicht mit­tra­gen. Ob in Eu­ro­pa oder den USA, in Afri­ka oder Süd­ameri­ka: Eine zu große Ver­mögens­kluft führt über­all zu De­sta­bi­li­sie­rung und Auf­stän­den, das Ver­trauen in die Re­gie­run­gen sinkt, au­tori­täre Po­pu­lis­ten ge­lan­gen an die Macht.

Um das Geld für die nötigen Investitionen zu erhalten, schlagen Wiegandt & Co vor, sol­len die Re­gie­rungen die Sub­ven­tio­nen in fos­si­le Ener­gie­trä­ger strei­chen, Mili­tär­bud­gets re­du­zie­ren und Steu­er­schlupf­lö­cher schließen. Für Deutsch­land schwe­ben ihnen vor al­lem die Fi­nanz­trans­aktions- und Erb­schafts­steuer als Hebel vor. Un­ge­recht? Zwei Zahlen aus dem Buch: In Deutsch­land war 2015 das reichs­te Zehn­tel der Be­völ­ke­rung für mehr Emis­sio­nen ver­ant­wort­lich als die ge­sam­te är­mere Hälf­te. Und: Bei drei Grad mehr wer­den die ma­teriel­len Schä­den jähr­lich min­des­tens zehn Pro­zent des Welt­sozial­pro­dukts aus­ma­chen, eher viel mehr. Da geht es auch den Aller­reichs­ten nicht mehr gut.

In „Earth for All“ lautet die Lösung: „Giant Leap“, ein Riesen­sprung. Den reichs­ten zehn Pro­zent dürfe nicht mehr als 40 Pro­zent des je­wei­li­gen Natio­nal­ein­kom­mens zu­ste­hen. In­dus­trien müs­sen da für das Nutzen von Ge­mein­gü­tern zah­len, das Geld da­raus fließt auch hier in Bür­ger­fonds und Grund­ein­kom­men. Die For­scher se­hen fünf Haupt­stra­te­gien: ex­tre­me Ar­mut be­kämp­fen, Un­gleich­heit und Gender-Gaps ver­rin­gern, die Her­stel­lung von Nah­rungs­mit­teln und Ener­gie re­vo­lutio­nie­ren. Da­mit wür­den sich die Tempe­ra­turen um 2050 bei unter zwei Grad sta­bi­li­sie­ren.

Alle drei Bücher sind dicht, kein Spaziergang – jeder sollte aber ihre we­sent­lichs­ten In­hal­te ken­nen, be­son­ders Ent­schei­dungs­trä­ger. Reiz­voll an „Earth for All“ sind die Bio­gra­fien der Mäd­chen. Die­ses Buch und „3 Grad mehr“ bie­ten so­wohl ei­nen Ge­samt­über­blick als auch Spe­zial­wis­sen zum Bauen oder zur Ener­gie­wende. Die meis­ten Men­schen ler­nen wir bei Vinke kennen.

Und unsere Mädchen? Beim „Riesensprung“ können auch Samiha und Ayotola als Kin­der in neue Woh­nun­gen um­zie­hen. Alle vier er­hal­ten gu­te Aus­bil­dun­gen, keine lebt in einem Armen­vier­tel. Auch ein sta­bi­les Kli­ma kennt keine, ex­treme Wet­ter­er­eig­nis­se ge­hö­ren zum Le­ben. Doch viel Leid wird mit­tler­weile ge­lin­dert, und die Ge­fahr eines es­ka­lie­ren­den Klima­wan­dels ist nicht mehr so groß. Wel­ches Sze­na­rio ein­tritt, das wird die Mensch­heit vor al­lem in der al­ler­nächs­ten Zu­kunft ent­schei­den: noch vor 2030.

Gerlinde Pölsler in Falter 42/2022 vom 21.10.2022 (S. 32)

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

Posted by Wilfried Allé Friday, January 20, 2023 2:29:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Das Tor Europas 

Die Geschichte der Ukraine

von Serhii Plokhy
Lieferbar ab März 2023

ISBN: 9783455015263
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 560 Seiten
Erscheinungsdatum: 03.09.2022
Übersetzung: Thomas Wollermann, Bernhard Jendricke, Stephan Pauli, Stephan Kleiner, Anselm Bühling
Preis: € 30,90

Kurzbeschreibung des Verlags:

Das Hauptwerk des Harvard-Historikers Serhii Plokhy endlich auf Deutsch.

Die Ukraine ein Land ohne eigene Ge­schichte? Der ukra­ini­sche His­to­ri­ker von Welt­rang Serhii Plokhy zeigt, wie mannig­fal­tig und dra­ma­tisch die His­to­rie die­ses Landes zwi­schen Eu­ro­pa und dem Osten ist. Nichts könnte der­zeit ak­tu­el­ler sein.
Mit dem Ukraine-Krieg hat eine neue Zeit­rech­nung in Eu­ro­pa be­gon­nen. Im Kern geht es in dem Kon­flikt um die Ge­schichts­deu­tung ei­nes rie­si­gen Lan­des, das jahr­hun­derte­lang Zank­apfel der Groß­mächte war: Es gilt als Wie­ge der Rus­sen und war my­thi­scher Ort für die al­ten Grie­chen, Wi­kin­ger und Mon­go­len. Sie be­herrsch­ten das heu­tige Staats­ge­biet eben­so wie Öster­reich-Ungarn, Polen und die Sow­jets, die erst mit dem „Holodomor“, dem grau­sa­men Aus­hun­gern der Be­völ­ke­rung, den ukra­i­ni­schen Wider­stand bre­chen konnten. Dass die Ukra­i­ner ein Volk mit ei­ge­ner Spra­che, Tra­di­tion und Ge­schichte sind, zeigt der Har­vard-Pro­fes­sor Serhii Plokhy so deut­lich wie fun­diert und elo­quent. Das Tor Euro­pas ist das viel­leicht wich­tig­ste Buch zum Ver­ständ­nis der Hinter­gründe des ak­tu­el­len Kon­flikts. Es zeigt, wie die Ukra­i­ne zum Spiel­ball zwi­schen Ost und West wurde und den­noch stets seine ei­gene Iden­ti­tät be­wahrte.

Das Buch wird bis zur Druck­legung in stän­di­gem Aus­tausch mit dem Au­tor ak­tu­ell ge­halten.

Rezensionen:

„Ohne Frage das Standardwerk zur Geschichte der Ukraine.“ – Wall Street Journal
„Das traurige Schicksal der Ukraine in all seiner Komplexität wird mit Serhii Plokhy endlich verständlich.“ – Foreign Affairs
„Unverzichtbar, um Russland und die Ukraine zu verstehen.“ – Simon Sebag Montefiore

Posted by Wilfried Allé Monday, January 9, 2023 8:54:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Heilung für eine verstörte Republik 

von Helmut Brandstätter

ISBN: 9783218013635
Verlag: Kremayr & Scheriau
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 160 Seiten
Erscheinungsdatum: 10.08.2022
Preis: € 22,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

„Wir müssen verstehen lernen, wie sehr das Ver­trauen der Men­schen in Öster­reich miss­braucht wurde, und vor allem: Wie es dazu kom­men konnte, dass sich so viele so lange täu­schen ließen.“

Die Politik verwundet Menschen. Und Men­schen, die die Po­li­tik nur als ihr per­sön­li­ches Spiel­feld ver­ste­hen, ver­wun­den das ihnen an­ver­traute Land und die Wäh­ler*innen, die sie einst ins Amt brach­ten. Die Jahre, in denen die Grup­pe um Sebas­tian Kurz Öster­reich do­mi­nier­te, ha­ben das Land und Ins­ti­tu­tio­nen wie Jus­tiz, Ver­wal­tung, Par­la­ment und Me­dien nach­hal­tig ver­letzt und die Bür­ger*­innen aus­ge­rech­net in Kri­sen­zei­ten ge­spal­ten.

Eine unsichere Gesell­schaft sucht Hei­lung. Öster­reich, das – nicht zum er­sten Mal – auf ei­nen großen Blen­der herein­ge­fal­len ist, braucht Orien­tie­rung, ge­rade jetzt, wo ein Krieg ganz Eu­ro­pa be­droht. Die tür­kise Re­gie­rungs­zeit kann im Ideal­fall eine Zä­sur dar­stel­len: Schluss mit per­sön­li­chen Ab­hän­gig­kei­ten, mit der Kor­rup­tion, mit der Zer­stö­rung von Ins­ti­tu­tio­nen. Helmut Brand­stätter wagt einen Blick zu­rück in die po­li­ti­sche Ge­schich­te Öster­reichs und re­flek­tiert per­sön­li­che Er­leb­nis­se, um zu zei­gen, was in Zu­kunft ge­bo­ten ist, um ver­lo­re­nes Ver­trauen in Po­li­ti­ker*­innen wie­der­her­zu­stel­len. Denn Show-Po­li­tik be­rei­tet das Land auf kom­men­de Kri­sen nicht vor - und Neu­tra­li­tät allein garan­tiert keine Sicher­heit.

FALTER-Rezension:

Ein tiefer Blick zurück in die türkise Message Con­trol

Helmut Brandstätter beschreibt in seinem Buch "Hei­lung für eine ver­stör­te Re­pu­blik" die kur­ze Ära Sebas­tian Kurz (2017-2021). An­hand kon­kre­ter Bei­spie­le, was das Buch sehr lesens­wert macht, er­klärt der ehe­ma­lige Chef­re­dak­teur und Heraus­ge­ber des Kurier, heute Neos-Ab­ge­ord­ne­ter zum Natio­nal­rat, wie Kurz Öster­reich zu einem auto­kra­ti­schen Land "um­bauen" und "ge­gen das Sys­tem" re­gie­ren wollte. Die Volks­par­tei sollte eine "tür­kise Führer­be­we­gung" wer­den, die ge­gen alles Fremde agiert (Mi­gra­tion) und, wenn nötig, auch ge­gen EU-Nach­barn.
Eine Begegnung, die der Autor mit dem dama­li­gen Außen­mi­nis­ter und tür­ki­sen Spitzen­kan­di­daten für den Urnen­gang im Herbst 2017 hat­te, ist auf­schluss­reich und gibt den kri­ti­schen, ab­rech­nen­den Grund­ton des Buches vor: "Ich er­war­te die Unter­stüt­zung des Kurier bei der Natio­nal­rats­wahl", sagte Sebas­tian Kurz. Brand­stätter lehnte ab, er poch­te auf pro­fes­sio­nelle Prin­zi­pien und die Un­ab­hän­gig­keit der Zei­tung. Schnell war klar, dass der Jour­na­list im Denk­schema von Kurz seine Zu­ord­nung be­kam: "Ich werde sein Feind", schreibt der Autor.

Message Control, Lügen, Unter­werfung, Miss­brauch von Me­dien durch In­se­raten­kor­rup­tion, Popu­lis­mus und fal­sche Ver­spre­chen wa­ren die Mit­tel, die Kanz­ler Kurz ein­setzte. So wur­de das am hef­tigs­ten be­kämpfte Vor­ha­ben der tür­kis-blau­en Koa­li­tion, die Fu­sion von 21 auf fünf So­zial­ver­si­che­rungs­trä­ger, ein Flop. Im Juli 2022 be­stä­tigte der Rech­nungs­hof in einem Roh­be­richt, dass sich die "Pa­tienten­mil­liarde" in Luft auf­ge­löst hat­te. Die Zu­sammen­le­gung der Kran­ken­kas­sen brachte keine Ein­spa­rung, son­dern Mehr­kosten in Höhe von 215 Mil­li­onen Euro.

Helmut Brandstätter widmet sich auch aus­führ­lich den At­tacken von Sebas­tian Kurz auf Säu­len des Staates wie Ver­wal­tung, Par­la­ment, Me­dien und Jus­tiz, wie die Wirt­schafts-und Kor­rup­tions­staats­an­walt­schaft (WKStA). So sprach der Kanz­ler vor der Ein­set­zung des "Ibiza-Unter­suchungs­aus­schusses be­tref­fend mut­maß­li­che Käuf­lich­keit der tür­kis-blauen Bun­des­re­gie­rung" von "ro­ten Netz­wer­ken" in der WKStA, ohne dies be­le­gen zu kön­nen. Sein Ziel war es, Ins­ti­tu­tio­nen zu dis­kre­di­tie­ren oder sie zu zer­schlagen.

Nach der Lektüre wird einem noch mehr bewusst, dass Sebas­tian Kurz an Show-Poli­tik, fri­sier­ten Um­fra­gen und In­se­raten­deals schei­ter­te, sei­ne un­seriö­sen und un­mora­li­schen Me­tho­den brach­ten ihn zu Fall. Die öf­fent­lich be­kannt ge­wor­de­nen Chats be­wei­sen das und las­sen tief bli­cken in das "Sys­tem Kurz". Am 9. Okto­ber 2021 musste der Kanz­ler auf Druck des grü­nen Koa­li­tions­part­ners das Amt zu­rück­le­gen, we­nige Wo­chen spä­ter trat er von al­len Funk­tio­nen zu­rück. "In ei­nem ist Sebas­tian Kurz gut ge­we­sen: im Ver­führen", be­schreibt ihn die dä­ni­sche Zei­tung Poli­tiken.

Kritisch analysiert Brandstätter, wie sehr durch die Art des Han­delns von Kurz das Ver­trau­en in die Poli­tik ver­loren ge­gan­gen ist. Um die­ses wie­der her­zu­stel­len, zeigt er an zehn Bei­spie­len auf, was pas­sie­ren muss, um die Re­pu­blik zu ret­ten. Er spricht dabei von "Hei­lung".

Dabei würden Reformen, Bereitschaft zur offenen Dis­kus­sion, Trans­pa­renz, in­halt­li­che Kom­pe­tenz des poli­ti­schen Per­so­nals und eine bes­sere Bil­dung aller Bür­ger­in­nen und Bür­ger schon ge­nügen.

Helmut Brandstätters Blick zu­rück auf die Kurz-Jahre ist Pflicht­lek­türe für alle an Öster­reichs Innen­po­li­tik Inter­essier­ten. Seine Ana­ly­se ver­dich­tet sich in sei­nen per­sön­li­chen Er­leb­nis­sen zu ei­nem um­fas­sen­den Charak­ter-und Sit­ten­bild.

Margaretha Kopeinig in Falter 39/2022 vom 30.09.2022 (S. 23)

Posted by Wilfried Allé Monday, October 3, 2022 10:49:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Das Kapital im 21. Jahrhundert 

von Thomas Piketty

ISBN: 9783406671319
Übersetzung: Ilse Utz, Stefan Lorenzer
Verlag: C.H.Beck
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 816 Seiten
Erscheinungsdatum: 07.01.2016
Preis: € 30,80

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

"Das Kapital im 21. Jahrhundert" ist ein Werk von außer­ge­wöhn­lichem Ehr­geiz, von großer Ori­gi­na­li­tät und von be­ein­drucken­dem Ri­go­ris­mus. Es lenkt un­ser gan­zes Ver­ständ­nis von Öko­no­mie in neue Bahnen und kon­fron­tiert uns mit er­nüch­tern­den Lek­ti­onen für un­sere Gegen­wart.
Wie funktioniert die Akkumulation und Dis­tri­bution von Kapi­tal? Welche dy­na­mi­schen Fak­to­ren sind da­für ent­schei­dend? Jede po­li­ti­sche Öko­no­mie um­kreist die Fra­gen nach der lang­fris­ti­gen Evo­lu­tion von Un­gleich­heit, der Kon­zen­tra­tion von Wohl­stand und den Chan­cen für öko­no­mi­sches Wachs­tum. Aber be­frie­di­gen­de Ant­wor­ten gab es bis­lang kaum, weil ge­eig­nete Da­ten und eine kla­re Theo­rie fehl­ten. In "Das Kapi­tal im 21. Jahr­hun­dert" unter­sucht Thomas Piketty Da­ten aus 20 Län­dern, mit Rück­grif­fen bis ins 18. Jahr­hun­dert, um die ent­schei­den­den öko­no­mi­schen und so­zia­len Mus­ter frei­zu­legen. Sei­ne Er­geb­nis­se wer­den die De­bat­te ver­än­dern und setzen die Agen­da für eine neue Dis­kus­sion über Wohl­stand und Un­gleich­heit in der nächs­ten Gene­ra­tion.
Piketty zeigt, dass das moderne öko­no­mi­sche Wachs­tum und die Ver­brei­tung des Wis­sens es uns er­mög­licht haben, Un­gleich­heit in dem apo­ka­lyp­ti­schen Aus­maß ab­zu­wen­den, das Karl Marx pro­phe­zeit hat­te. Aber wir haben die Struk­turen von Kapi­tal und Un­gleich­heit nicht in dem Um­fang ver­än­dert, den uns die opti­mis­ti­schen Jahr­zehnte nach dem Zwei­ten Welt­krieg sug­ge­riert haben. Der Haupt­trei­ber der Un­gleich­heit - dass Ge­win­ne aus Kapi­tal höher sind als die Wachs­tums­ra­ten - droht heu­te viel­mehr ex­tre­me For­men von Un­gleich­heit her­vor­zu­brin­gen, die den so­zia­len Frie­den ge­fähr­den und die Wer­te der Demo­kra­tie unter­mi­nie­ren. Doch öko­no­mi­sche Trends sind keine Hand­lungen Got­tes. Poli­ti­sches Han­deln hat öko­no­mi­sche Un­gleich­heiten in der Ver­gan­gen­heit kor­ri­giert, sagt Piketty, und kann das auch wie­der tun.

FALTER-Rezension:

Der Erfolg von Thomas Pikettys "Kapital im 21. Jahr­hundert" wurde zum Aus­gangs­punkt einer "Piketty-Schule der Öko­no­mie" und der World In­equali­ty Data­base (WID), der um­fas­send­sten Samm­lung von Daten zur Ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mögen. Er be­schreibt die Ge­sell­schaft des 19. Jahr­hun­derts, als das reichste Pro­zent der Haus­halte mehr als die Hälfte des Ver­mö­gens be­saß und nur durch Erb­schaft und Hei­rat reich werden konnte. Die im Buch dar­ge­stellte For­mel r > g zierte so­gar T-Shirts: Die Ren­dite auf Ver­mögen ist größer als das Wachs­tum der Wirt­schaft, die Ver­mögens­kon­zen­tra­tion ver­stärkt sich. Piketty bie­tet Ab­hil­fe: pro­gres­sive Steu­ern auf Erb­schaf­ten und Ver­mögen.

Markus Marterbauer in Falter 34/2022 vom 26.08.2022 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Sunday, August 28, 2022 10:18:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Small is beautiful 

Die Rückkehr zum menschlichen Maß: Mit einer Einführung von Niko Paech

von Ernst F. Schumacher

Verlag: oekom verlag
ISBN: 9783962381363
Umfang: 320 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 07.10.2019
Format Hardcover
Einführung von: Niko Paech
Reihe: Bibliothek der Nachhaltigkeit
Preis: € 22,70

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Ernst F. Schumachers Plädoyer für eine Rück­kehr zum mensch­lichen Maß ist ein ech­ter Klas­siker der Nach­haltig­keit – mit hoher Aktua­li­tät. Denn die Frage nach dem rech­ten Maß in Wirt­schaft und Tech­no­lo­gie ist heute ak­tu­el­ler denn je.
Größe ist kein Wert an sich: Sie kann vor­teil­haft sein, muss es aber nicht. In der Öko­no­mie führt Größe zu Macht­kon­zen­tra­tion, ver­drängt Viel­falt und ist häu­fig nicht nach­hal­tig. Diesen Drang nach immer mehr hat Schumacher in seinem Welt­best­seller be­reits 1972 kri­ti­siert. Statt­dessen plä­diert er für eine »Mini­aturi­sierung der Tech­nik« sowie da­für, »ein Maxi­mum an Glück mit einem Mini­mum an Kon­sum zu er­rei­chen«.

Posted by Wilfried Allé Tuesday, July 19, 2022 12:37:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Eine Bohne rettet die Welt 

Warum die Billigfleisch-Ära zu Ende geht und was Soja damit zu tun hat

von Matthias Krön

Verlag: ecoWing
ISBN: 9783711003140
Umfang: 184 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 14.04.2022
Format Hardcover
Preis: € 24,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Unsere Ernährung darf kein Klimakiller sein!

Die Klimakrise ist in aller Munde. Buchstäblich. In Südamerika zerstört man wertvolle Regenwälder, damit An­bau­flächen für Soja­bohnen ent­stehen. Soja wird rund um den Erd­ball trans­por­tiert und dient als Fut­ter für Tiere. Deren Fleisch lan­det zum Bil­lig­tarif in unseren Super­märkten, ge­för­dert von der euro­pä­ischen Agrar­poli­tik. Eine fa­tale Ent­wicklung, die den Klimawandel an­heizt.
Matthias Krön engagiert sich für einen regio­nalen und gen­tech­nik­freien An­bau von Soja in Euro­pa. In seinem Buch weist er einen Aus­weg aus dem Billig­fleisch-Di­lem­ma.
- Ackerbau in den Tropen: Was muss sich ändern?
- Klimafreundliche statt klimaschädliche Nahrungs­mittel­pro­duk­tion
- Regional und ökologisch: Wie gelingt Nach­haltig­keit in der Land­wirt­schaft?
- Mehr Fleischersatzprodukte statt Fleisch­konsum zum Billig­preis
- Fundiertes Sachbuch vom Gründer der Organi­sation »Donau Soja«

Nachhaltig leben gegen die Klimakrise: Was wir jetzt tun können

Mehr als 70 Prozent aller landwirt­schaft­lichen Nutz­flächen welt­weit pro­du­zie­ren Tier­futter. Das gilt auch für den euro­pä­ischen Acker­bau. Wie können Agrar­poli­tik und Ver­brau­cher ge­gen­steu­ern? Was kön­nen wir tun, um die Regen­wälder zu be­wahren und uns um­welt­be­wusst zu er­näh­ren?
Die Sojabohne steht für Matthias Krön im Zen­trum der Er­näh­rungs- und Klima­dis­kus­sion. Wenn die wer­volle Eiweiß­quelle Soja Men­schen statt Tiere er­nährt, ist ein wich­tiger Schritt zur Um­kehr ge­tan. Wir brau­chen Nah­rung ohne Öko­zid und ohne klima­schäd­liche Tier­fa­bri­ken. Der Autor zeigt, wie das – mit Hilfe von Soja aus euro­pä­ischem An­bau – ge­lin­gen kann.

FALTER-Rezension

Maria Motter in Falter 27/2022 vom 08.07.2022 (S. 43)

Posted by Wilfried Allé Saturday, July 9, 2022 12:45:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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