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Wahlkampfkosten – Überschreitungen 

mehr als bloß eine Momentaufnahme

Seit 2012 gilt für alle Wahlen auf Bundesebene eine Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro pro Partei. Gleich vorweg: Kurz und Strache hielten sich nicht daran.

Die ÖVP gab mit 13 Millionen für ihren Wahlkampf 2017 fast doppelt so viel aus wie erlaubt. Die FPÖ zwar weniger, aber immerhin noch 10,7 Millionen.

Bei Überschreitungen werden – zieht man den dadurch erzielten Effekt an zusätzlich erheischten Wählerstimmen hinzu, sind das lächerliche - Strafzahlungen von 10 bis 20 Prozent des Überschreitungsbetrages fällig.

In medialer Abschwächung der Tatsache, man habe ohnehin nur rund 1,8 Millionen Euro mehr als bei der Nationalratswahl 2013 ausgegeben, wird abwiegelnd aus der türkisen Parteizentrale argumentiert. "Der Wahlkampf 2017 war für die neue Volkspartei ein außergewöhnlicher Wahlkampf. Leider haben wir deutlich mehr ausgegeben, als die vorgesehene Obergrenze dafür ist. Wir werden selbstverständlich die volle Strafe begleichen", sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.
Zur Wiederholung: Obwohl die Wahlkampfobergrenze 2012 mit 7 Millionen festgelegt wurde, hatte die ÖVP 2013 diese Obergrenze deutlich überschritten. Nach ihrer Diktion zwar mur um 1,8 Mio weniger als 2017.
Wir rechnen: 13 Mio (im Jahr 2017) weniger 1,8 Mio (im Jahr 2013) macht nach Adam Riese 11,2 Mio. (im Jahr 2013). Damit gesteht – zwar verschwurbelt – die ÖVP selbst ein, die Obergrenze bereits 2013 um 4,2 Mio überschritten zu haben.
All diese Zahlen weist auch der Rechnungshof aus.

Weil aber der Rechnungshof bei der SPÖ keine derartig exorbitanten Wahlkampfkostenüberschreitungen 2017 (7,4 Mio anstatt 7,0 Mio [Größenordnung beachten!]) ausweist, versuchte es der damalige ÖVP-Generalsekretär und heutige Innenminister Karl Nehammer auf eigene Faust: "Unabhängige Analysen zeigen, dass die SPÖ weit über 7,4 Millionen für den Wahlkampf ausgegeben haben muss. Laut Mediaanalysen habe die SPÖ allein für Werbung in Print, TV, Radio, Online, auf Plakaten sowie per Direktmailing mehr als 6,5 Millionen Euro ausgegeben.“ Er bezieht sich also auf eine Medienanalyse und schiebt im Konjunktiv nach, dass die SPÖ „ausgegeben haben muss“ – also eine Behauptung [im Konjunktiv!], weit weg von einer Tatsache. Übrigens gehört Nehammer zu jener so leidenden Truppe, die in einer Endlosschleife von sich behauptet, immer von den Anderen angepatzt zu werden. Frage: Was hat er da gerade behauptet? Nix behauptet, eh im Konjunktiv. Nicht auszudenken, dass in schwarz-türkis affine Medien es ‚in der Hektik‘ womöglich passieren könnte, dass dieser Konjunktiv abhandenkäme.

Unbeeindruckt von diesen Tatsachen und von einer arroganten Siegesstrategie angetrieben wurde das Wochenmagazin „Der Falter“ gerichtlich ‚eingeladen‘, seine Behauptung zurückzunehmen, dass die ÖVP ein Wiederholungstäter sei und  die Wahlkampfkosten-Obergrenze gezielt überschritten habe.

Die Strategie der ÖVP lag wohl ursprünglich darin, dass sie annahm, „Der Falter“ könne nicht stichhaltig belegen, dass die ihm zur Verfügung stehenden Dokumente echt seien, oder diese gar gefälscht wurden. Doch der Schachzug „Angriff ist die beste Verteidigung“ war mit Verlaub gesagt, ein Schuss in den Ofen.

Ab 14. Mai 2020 konnte die Kanzlerpartei nach außen hin die Authentizität dieser publizierten Unterlagen zur Wahlkampfkostenüberschreitung nicht mehr länger anzweifeln. Im Gegenteil, die ÖVP hat mehr oder wenig kleinlaut, „den Ball möglichst flach haltend“ in bester boulevardesker Manier in einem Schreiben bestätigt, "dass die vom „Falter“ verwendeten Dokumente echt sind – und nicht wie ursprünglich behauptet 'gefälscht' oder 'manipuliert' sind".


Zur Causa „Wahlkampfkostenüberschreitung“ gibt es viele Kommentare. Einer davon lautet:

Die VP will also, dass man ihr abkauft, sie habe die Wahlkampfkostenüberschreitung nicht geplant, sondern das ist ihr - regelmäßig in dem Ausmaß - "passiert".
Gleichzeitig will sie als wirtschaftskompetente Partei wahrgenommen werden, die auch dauernd den Finanzminister stellt.
D.h. die VP gibt zu, dass sie die Leute generell für völlig verblödet hält.

Das führt zwangsläufig zur Gretchenfrage: „Bist etwa du so ein Verblödeter?

Posted by Wilfried Allé Saturday, May 16, 2020 9:23:00 AM
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